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Weltschildkrötentag

Nicht schnell, aber schlau – Schildkröten sind lernfähige Haustiere 

Gelbbauch-Schmuckschildkröte auf einem Teich
Die Gelbbauch-Schmuckschildkröte zählt unter den Wasserschildkröten zu den beliebtesten Haustieren und findet sich auch in Deutschland in vielen Aquarien Foto: Getty Images
Louisa Stoeffler
Redakteurin

23. Mai 2023, 17:13 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

Schildkröten gehören neben Schlangen und Bartagamen zu den beliebten Reptilien in der Haustierhaltung. Die schlauen, aber nicht sehr schnellen Tiere finden sich in vielen Aquarien und Terrarien. Anlässlich des Internationalen Tages der Schildkröte am 23. März, stellen wir die wechselwarmen Tiere einmal näher vor.

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Dass es heute noch Schildkröten gibt, grenzt fast an ein Wunder. Denn viele Tiere, die lebten, als es die ersten gepanzerten Reptilien gab, finden sich heute nicht mehr auf der Erde. Schon vor mehr als 200 Millionen Jahren lebten die Vorfahren der Schildkröte auf unserem Planeten. Sie haben Dinosaurier und Eiszeiten überlebt. In Deutschland halten laut Informationen des Zentralverbandes Zoologischer Fachbetriebe (ZZF) 31 Prozent aller Terrarianer eine oder mehrere Schildkröten als Haustier. Grund genug, um sich nicht nur am Weltschildkrötentag am 23. Mai einmal näher mit den Tieren zu beschäftigen.

Neugierig, gelehrig und ein langes Gedächtnis

Was viele nicht wissen: Die Panzerträger haben ein beachtliches Gedächtnis und stark unterschätzte kognitive Fähigkeiten, wie Studien von Dr. Anna Wilkinson von der Lincoln University in England ergaben. Im Vergleich zu Menschen sind Schildkröten eher gemächlich unterwegs, lernen aber erstaunlich schnell. Was Ratten lernen können, machte auch der Schildkröte von Dr. Wilkinson, die auf den Namen „Moses“ hört, keine Probleme: Die Schildkröte fand im Labyrinth den richtigen Weg zum Futter, wie ihre Besitzerin fasziniert beobachtete. Die Kognitionsforscherin konnte in verschiedenen Studien zeigen, dass sich Moses und seine Artgenossen ähnlich geschickt orientieren wie Nagetiere. 

Die Tiere konnten sich sogar mehr als den Standort von Nahrung merken. Wilkinson trainierte Rotfußschildkröten darauf, bunte Blätter mit einem Geschmack (Mango- oder Apfelgelee) zu verbinden. Später erinnerten sich die Schildkröten, welche Farbe mit welcher kulinarischen Vorliebe assoziiert war. „Unsere Studie zeigt uns, dass sie sich tatsächlich über einen Zeitraum von mindestens 18 Monaten an visuelle Hinweise erinnern können“, schrieb Wilkinson 2010 in einer Kognitionsstudie, die in der wissenschaftlichen Fachzeitschrift „Biology Letters“ erschien. 

Auch Tamar Gutnick und Michael Kuba von der Hebräischen Universität in Jerusalem haben sich mit der Gedächtnisleistungen von Schildkröten auseinandergesetzt, die laut den Erkenntnissen an das der Elefant heranreicht. Ihre Riesenschildkröten Schurli und Mädi konnten sich sogar neun Jahre nach dem ersten Training noch an ihre Aufgabe erinnern, dies schrieben die Forscher 2019 in einer Studie, die sie im wissenschaftlichen Magazin „Animal Cognition“ publizierten.

Besonders Landschildkröten haben spezielle Ansprüche

Als eine der ältesten lebenden Spezies faszinieren Schildkröten – meist Europäische Landschildkröten (Testudo spp.) – viele Tierfreunde nicht nur am Weltschildkrötentag. Doch ihre Haltung ist viel schwieriger als vielen bewusst ist. Mehr darüber lesen Sie in diesem Artikel: Warum Landschildkröten anspruchsvollere Haustiere sind, als man denkt.

Landschildkröten fressen viele Rohfasern wie Kräuter, Heu und nur wenig Salat. Zudem brauchen für die Kalziumversorgung eine Sepiaschale oder andere Kalziumquellen. Frisches Trinkwasser sollte ebenfalls nie fehlen. Für die Tiere ist auch die jährliche Winterruhe wichtig. „Die meiste Zeit des Jahres, je nach Gegend von Anfang Mai bis Oktober, fühlen sich Schildkröten im Außengehege wohl“, erklärt Dr. Hetz. Eine dauerhafte Unterbringung im Terrarium außerhalb dieser Zeiten ist nicht artgerecht, das sollten Halter unbedingt vor der Anschaffung einer Schildkröte bedenken.

Auch interessant: Warum Schildkröten im Winter in den Kühlschrank müssen

Mehr Aufklärung über Haltungsansprüche von Schildkröten als Haustiere

Andere Arten, wie die verschiedenen Wasserschildkröten und Schmuckschildkröten fallen dagegen nicht in eine Winterstarre und benötigen das ganze Jahr ein warmes Aquarium mit einem Landteil und einer Wärmelampe. Allerdings müssen die intelligenten Tiere auch mental gefördert werden, denn sie sind neugierig und wissbegierig. „Daher sollte ihr naturnah angelegtes Freigehege den Heimtieren neben Verstecken und Unterschlupf viele Anreize zum Erkunden bieten“, findet auch Dr. Stefan K. Hetz, Biologe und wissenschaftlicher Fachreferent im Zentralverband Zoologischer Fachbetriebe e. V. (ZZF).

Auch im Gehege oder Aquaterrarium zu Hause sollten Halter die kognitiven Leistungen ihrer Reptilien zum Beispiel durch eine vielseitige Gestaltung aktivieren, die man ab und zu variiert. Wurzeln, Äste, Sträucher, Steine und ähnliches Material, das Tierhalter in der Natur finden können, machen das Gelände im Freien abwechslungsreich und sehr interessant für die Tiere. Außerdem benötigen sie Bereiche, in denen sie klettern, graben oder auch baden können. „In einem einsturzsicheren Tunnel aus Gehwegplatten oder Korkrinde verstecken sie sich gerne“, ergänzt Dr. Stefan Hetz. Ein Platz zum Wärmen, wie eine besonnte Fläche oder in der Übergangszeit auch ein kleines Gewächshaus, sei für die wechselwarmen Tiere ebenfalls wichtig.

Bei der Anschaffung einer Schildkröte als Haustier den Artenschutz beachten

Leider können weder ihr gutes Gedächtnis noch ihr Panzer viele Schildkröten heute ausreichend schützen. Am Weltschildkrötentag soll daher auf ihre Gefährdung etwa durch den dramatischen Verlust ihrer Lebensräume, den Klimawandel und illegalen Handel mit lebenden und toten Schildkröten sowie deren Produkte aufmerksam gemacht werden.

Viele Arten der Landschildkröten sind in Deutschland mittlerweile geschützt. Wer eine Schildkröte als Haustier halten möchte, muss deshalb darauf achten, dass es sich um ein Exemplar aus europäischer Nachzucht mit den erforderlichen Dokumenten handelt. Auch tropische Schildkrötenarten benötigen Schutz, den sie leider noch nicht flächendeckend genießen.

Für viele Schildkrötenarten benötigen Halter Genehmigungen und müssen die Tiere bei der Artenschutzbehörde melden. Die Anschaffung einer Schildkröte sollte zudem gut überlegt sein, denn die Tiere können, je nach Art, bis zu 70 Jahre alt werden und somit ihre Halter überleben. Ein Sachkundenachweis über die Haltung von Wasser-, Land- oder Schmuckschildkröten ist daher sehr sinnvoll, in Deutschland aber bislang keine Pflicht.

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Quellen

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