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Rätsel der Evolution

Wie kam die Schildkröte eigentlich zu ihrem Panzer?

Schildkröte auf Gras
Schildkröten sind mit ihrem stabilen und teils gewaltigen Panzer einzigartig in der Tierwelt Foto: Getty Images
Porträt Manuela Bauer
Freie Autorin

8. April 2023, 14:35 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

Schildkröten sind mit einem ganz besonderen Schutzschild ausgestattet: ihrem Panzer. Doch wie sah die Ur-Schildkröte aus? Lebten vor rund 250 Millionen Jahren vielleicht sogar Schildkröten ohne „Schutzschild“ auf dem Planeten? PETBOOK hat nachgeforscht.

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Weltweit gibt es rund 365 Schildkrötenarten. Sie besiedeln trockene Landstriche, aber auch Sümpfe, Tümpel oder Meere. Sie gelten als lebende Fossilien, denn als Tyrannosaurus Rex durch Nordamerika wandelte, war die erste Schildkrötenart bereits seit mehr als 140 Millionen Jahren ausgestorben. Mit dem Panzer haben Land- als auch Meeresschildkröten eine äußerst erfolgreiche Überlebensstrategie gefunden, denn die harte Außenschale schützt sie vor Fressfeinden, Hitze und dient auch der Tarnung. Der Panzer der Schildkröte ist in der Tierwelt einzigartig und dieser gibt Wissenschaftlern weltweit Rätsel auf. Wie hat sich der Panzer der Schildkröten über Millionen von Jahren entwickelt? 

Wie ist ein Schildkrötenpanzer aufgebaut? 

Der Panzer der Schildkröte macht etwa 30 Prozent ihres Gewichts aus und besteht aus zwei Teilen:

  • dem Carapax – dieser bildet den oberen Teil, und
  • dem Plastron, der den unteren Teil des Panzers bildet.

Der Carapax besteht aus der Wirbelsäule, den Rippen und den dorsalen Schuppen, während der Plastron aus ventralen Schuppen und den Bauchrippen zusammengesetzt ist. In der untersten Schicht besteht der Panzer aus massiven Knochenplatten, die in der Entwicklungsgeschichte durch eine Verschmelzung von Wirbelsäule, Rippen, Schultergürtel und Beckengürtel entstanden sind. Der harte Schildkrötenpanzer aus Keratin ist aber durchaus schmerzempfindlich, da er mit dem zentralen Nervensystem der Tiere verbunden ist. 

Die meisten Wissenschaftler sind sich einig, dass der Panzer der Schildkröte evolutionär aus den Rippen der Tiere entstanden ist. Die genauen Schritte, die zur Entstehung des Panzers führten, sind jedoch noch nicht vollständig verstanden. Es gibt mehrere Theorien darüber, wie dies passiert sein könnte. 

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Wie könnte der Schildkrötenpanzer entstanden sein? 

Fossiles Skelett vom Eunotosaurus
Der Eunotosaurus gilt als urzeitlicher Vorfahre der Schildkröten. Er besaß noch keinen Panzer, aber teilweise überlappende Rippen, die sich nach oben wölbten Foto: picture alliance / Mary Evans Picture Library | Alan J. S. Weaving / ardea.com

Über die einmalige Erfindung der Evolution, den Panzer der Schildkröten, streiten sich die Gelehrten bis heute. So steht die Wissenschaft auch heute noch vor einem Rätsel. Anscheinend gibt es zu wenige Fossilienfunde, die zeigen könnten, wie aus einer „unbepanzerten“ Echse eine Schildkröte mit Panzer wurde.  

Der Eunotosaurus wird als entfernter Vorläufer der modernen Schildkröte angesehen. Er hatte noch keinen Panzer, aber teilweise überlappende breite Rippen, die sich nach oben wölbten und ansatzweise an die Panzerstruktur einer Schildkröte erinnern. Durch diese Stabilität verfügte der Euntosaurus über mehr Kraft beim Graben in Sand und Schlamm. Nachdem Wissenschaftler sowohl Fossilien von Eunotosaurus (ohne Panzer), als auch von Tieren mit perfekt ausgebildetem Panzer gefunden hatten, rätselten sie, was wohl in der Zwischenzeit passiert sein könnte.

Ist ein uraltes Fossil fehlendes Glied der Entwicklungsgeschichte?

Im Jahr 2015 fand eine amerikanisch-chinesische Forschergruppe in Südwestchina die Überreste von Odontechelys. Dieses uralte Fossil wird auf 220 Millionen Jahre zurückdatiert und ist ein Vorläufer der heutigen Schildkröte. Odontechelys war etwa 40 Zentimeter lang und besaß keinen ausgeprägten Außenpanzer, aber ein vollständig ausgebildetes Plastron (der flache, untere Teil des Schildkrötenpanzers). Für die Wissenschaftler ist Odontechelys ein Hinweis darauf ist, dass sich Schildkröten hauptsächlich im Wasser entwickelt haben. Der Panzer an der Unterseite würde Sinn machen, da Fressfeinde im Meer vor allem von unten angreifen. Mit ihrem Bauchpanzer, aber noch nacktem Rücken wird Odontochelys als Übergangsform angesehen, die zwischen einem völlig unbepanzertem Vorfahren und den echten Schildkröten steht. Odontechelys könnte also das fehlende Glied in der Entwicklungsgeschichte darstellen.

Fossil von dem ausgestorbenen Reptil Odontochelys
Fossil des ausgestorbenen Urzeit-Reptils Odontochyles. Die Tiere besaßen einen Bauchpanzer und könnten das fehlende Bindeglied zwischen Schildkröten und ihren urzeitlichen Vorfahren sein Foto: Wikipedia common/ Ghedoghedo
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Embryonalentwicklung der Schildkröte lässt Rückschlüsse zu

Laut der biogenetischen Grundregel spiegelt die Entwicklung des Einzelwesens seine Stammesgeschichte in Kurzform wider. Scahut man sich die Embryonalentwicklung von unseren heutigen Schildkröten an, unterstützt diese die These, dass sich der Panzer am Bauch zuerst ausgebildet hat. So wird im Ei während der Entwicklung des Embryos erst der Bauch- und danach der Rückenpanzer angelegt. Dies versuchten japanische Forscher 2011 zu verifizieren – die Ergebnisse wurden im Fachmagazin „Current Herpetology“ veröffentlicht. Anhand der Embryonalentwicklung von Schildkröten zeigten sie die Evolution im Schnelldurchlauf. Und auch sie konnten bestätigen: Anders als bei den meisten Tieren wachsen die Rippen von Schildkröten nicht um den Rumpf herum, sondern sie wandern ins seitliche Körpergewebe hinein und regen es an, zu verknöchern. Zugleich verbreitern sich die Rippen, bis sie aneinanderstoßen und zu flächigen Platten verwachsen. 

Die Erkenntnisse dieser Untersuchung sind für die japanischen Wissenschaftler die Bestätigung, dass sich aus Eunotosaurus demzufolge die urzeitliche Schildkröte Odontochelys entwickelte, von der wiederum die heutige Schildkröte mit voll entwickeltem Rückenpanzer abstammt. Dieses Modell setzt aber voraus, dass Eunotosaurus überhaupt ein Vorfahre der heutigen Schildkröten war – darüber sind sich Evolutionsbiologen weltweit keineswegs einig. 

Quellen

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