18. April 2024, 17:24 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Wenn es darum geht, Nachwuchs und Vorräte zu verteidigen, arbeiten Bienen im Team. Dabei hat wohl kaum eine andere Bienenart so kuriose und wirkungsvolle Abwehrstrategien entwickelt wie Apis cerana. PETBOOK-Redakteurin und Biologin Saskia Schneider durfte die Asiatische Honigbiene schon dabei beobachten.
Bienen haben viele Feinde. In letzter Zeit sorgte vor allem die Asiatische Hornisse (Vespa velutina) für Schlagzeilen. Die geschickten Jäger machen unseren heimischen Honigbienen (Apis mellifera) schwer zu schaffen. In ihrer Heimat dagegen haben sie es schwer, an Bienen-Häppchen zu gelangen, mit denen sie vornehmlich ihren Nachwuchs versorgen. Denn die Asiatische Honigbiene Apis cerana hat gegen die Hornissen gleich mehrere effektive Abwehrstrategien entwickelt, die mitunter an mittelalterliche Foltermethoden erinnern. So wird der Feind mit Kot abgeschreckt oder bei lebendigem Leib geröstet.
Auf einer Nepalreise durfte ich die asiatischen Verwandten unserer Honigbienen dabei beobachten, wie sie Hornissen abwehrten. Völker dieser Bienenart hingen bei der Landbevölkerung nahezu an jedem Haus. Zwar bringen die Bienen deutlich weniger Honig als unsere heimische Art – dafür kommen sie mit Feinden wie der Asiatischen Hornisse bestens zurecht. Denn im Gegensatz zu unseren europäischen Bienen, für die diese Hornissenart fremd ist, konnte Apis cerana über Jahrtausende effektive Abwehrstrategien entwickeln, von denen drei besonders kurios sind.
Bienen machen eine Art La-Ola-Welle, wenn sie Hornissen sehen
Asiatische Hornissen jagen Honigbienen vor allem in der Nähe des Nesteingangs. Dort lauern sie auf Sammlerinnen, die den Stock gerade verlassen oder von ihren Flügen zurückkehren. Beobachtet man asiatische Bienenvölker, fallen einem die Hornissen oft nicht auf. An dem Verhalten der Bienen erkennt man jedoch umso deutlicher, wenn sich eine von ihnen in der Nähe befindet. Denn sobald sich eine Hornissen-Jägerin nähert, beginnen die Bienen, die am Stockeingang sitzen, sich im Takt zu schütteln. Dabei klappen sie auch ihre Flügel hoch und erzeugen eine Art Wellenbewegung, ähnlich einer La-Ola im Fußballstadion.
Dieses optische Muster soll den Angreifer nicht nur verwirren, sondern auch warnen. Zumindest vermutet das ein Team australischer und chinesischer Forscher. Sie beobachteten, dass die Bienen das Verhalten ausschließlich bei Hornissen zeigen. Fliegen andere große Insekten wie Schmetterlinge vorbei, gibt es keine Reaktion.
Die Wissenschaftler vermuten daher, dass es sich nicht nur um eine Verwirrungstaktik, sondern um eine ernst gemeinte Warnung handelt: „Wir sehen dich!“ Denn tatsächlich können die Bienen der Hornisse gefährlich werden, sollte diese es wagen, sich zu nähern. Das weiß wohl auch die Hornisse, denn das Verhalten der Bienen reduzierte deren Angriffe deutlich, wie die Forscher beobachteten. 1
Asiatische Honigbienen wehren Hornissen mit Fäkalien ab
Eine der wohl kuriosesten Abwehrtechniken der Asiatischen Honigbiene wurde erst vor ein paar Jahren entdeckt. Dort beobachtete ein Forschungsteam in Vietnam erstmals, wie Bienen Fäkalien von Tieren sammelten, um damit ihren Nesteingang auszukleiden. Dies taten sie vor allem nach Attacken von Hornissen der Art Vespa soror.
Diese greift Bienenvölker oft in Gruppen an, indem sie auf den Nesteingängen landen und diese anknabbern. Wehren sich die Bienen, findet ein wahres Massaker statt. Die Hornissen machen sich anschließend mit den Kadavern und der Brut davon. Im schlimmsten Fall zerstören sie so ganze Bienenvölker.
Der Kot an Nesteingang scheint die Hornissen jedoch erfolgreich abzuschrecken, wie die Forscher beobachteten. Wer landet schon gern in Fäkalien? Das Verhalten ist aber auch aus einem anderen Grund sehr besonders: So sei es das erste Mal, dass überhaupt beobachtet wurde, wie Bienen Material sammelten, das nicht von Pflanzen stammte. Die Forscher gehen sogar so weit, dieses Verhalten mit dem Benutzen von Werkzeugen zu vergleichen, was für Insekten absolut außergewöhnlich ist.2
Vespa orientalis Neue Hornissenart erstmals in Deutschland gesichtet – wie gefährlich ist sie?
Abwehrverhalten Sterben Bienen wirklich nach dem Stechen? Biologin gibt Antwort
Bienenhaltung Imker werden? Warum viele Einsteiger das Hobby unterschätzen
Bienen rösten Hornissen im Hitzeball
Eine sehr effektive Methode hat die japanische Unterart der Asiatischen Honigbiene Apis cerana japonica entwickelt. Wird das Volk von einer Asiatischen Hornisse angegriffen, stürzen sich die Bienen auf sie und umhüllen ihren Körper mit den eigenen. Mit ihrer Flugmuskulatur, die Bienen auskoppeln können, um Hitze zu erzeugen, heizen sie das Innere des „Bienenballs“ so sehr auf, dass die Hornisse bei lebendigem Leib geröstet wird.
Forscher gehen davon aus, dass Asiatische Honigbienen diese brutal anmutende Taktik entwickelt haben, weil ihr Giftstachel nichts gegen die Hornissen ausrichten können. Sie sind zu klein, um den dicken Außenpanzer der größeren Insekten zu durchbohren. Daher erzeugen sie einen Hitzeball und rösten ihren Feind bei etwa 47 Grad bis zu einer Stunde lang! Doch wie überleben die Bienen selbst diese Tortur?
Tatsächlich weiß man noch nicht genau, welche Mechanismen es den Asiatischen Bienen ermöglichen, nicht selbst im Hitzeball zu sterben. Aber japanische Wissenschaftler fanden 2012 zumindest erste Hinweise. Sie entdeckten einen genetischen Code im Gehirn der Tiere, der nur bei hoher Hitze aktiviert wird. Was genau dieser „genetische Schalter“ bewirkt, ist noch unklar. Die Forscher vermuten aber, er könnte den Insekten ein Signal geben, wann es Zeit ist, den Hitzeball zu beenden, bevor die Bienen selbst Schaden nehmen. 3 4