27. Dezember 2024, 14:55 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Durch eine neue Leitlinie zur Tierschutz-Hundeverordnung drohte vielen Rassehunden ein Ausstellungsverbot. Demnach sollten viele Züchter künftig nachweisen, dass ihre Tiere nicht unter einem der dort festgelegten Qualzuchtmerkmale leiden. Deutschlands größter Dachverband für Hundezucht (VDH) ließ das Dokument prüfen und hatte einiges zu bemängeln. Nun zog die Arbeitsgemeinschaft Tierschutz die Leitlinie zurück, und einige Hauptakteure distanzierten sich sogar davon.
In den sozialen Medien ist in den vergangenen Monaten viel über ein Zuchtverbot von Rassehunden diskutiert worden. Auslöser dafür waren die neuen Leitlinien der Tierschutz-Hundeverordnung. Diese Leitlinien wurden von der Arbeitsgemeinschaft Tierschutz (AGT) verfasst. Sie legen fest, welche Rassehunde künftig nicht mehr an Veranstaltungen und Hundeausstellungen teilnehmen dürfen. Dafür hat die AGT insgesamt 53 sogenannte Qualzuchtmerkmale definiert.
Ein Verbot würde letztlich auch die Zucht der Rassen betreffen. So äußerte sich Jörg Batscherer, 2. Geschäftsführer des VDH, im PETBOOK-Interview mit den Worten: „Im Moment bezieht sich die Leitlinie auf Hundeausstellungen und viele andere Aktivitäten mit Hunden. Doch es ist naheliegend, dass es sich hierbei um ein Verbot der Rassehundezucht durch die ‚Hintertür‘ handelt.“
Züchter sprachen von „chaotischen Zuständen“
Züchter und der VDH warfen der AG Tierschutz bei der Festlegung der sogenannten Qualzuchtmerkmale Willkür vor. „Es werden vielfach unsinnige und für die Tiere belastende Untersuchungen angeordnet oder Gentests für Krankheiten gefordert, die gar nicht auftreten“, erklärte Jörg Bartscherer PETBOOK.
Züchter sprachen von „chaotischen Zuständen“. So sollten beispielsweise bei dem Australian Shepherd zahlreiche Gentests gemacht werden. Bei dem kleineren Vertreter der Rasse, dem Miniature Australian Shepherd, hingegen fast gar nicht. Dabei handelt es sich genaugenommen um die gleiche Rasse.
Viele Hundetassen von einem oder mehr Merkmalen betroffen
Der Redaktion liegt die Anlage zur Leitlinie vor. Darin findet sich eine Tabelle mit insgesamt 53 definierten Qualzuchtmerkmalen. Darunter etwa „Missbildung der Schädeldecke“, „Hüftgelenksdysplasie“ oder „Brachycephalie“ (Kurzköpfigkeit). Aber auch ein „Stummelschwanz“, „überlange Schlappohren“ und „Chondrodysplasie“, also verkürzte Beine wie sie oft bei Dackeln auftreten, sind dort gelistet.
Von den insgesamt 253 aufgelisteten Rassen sind viele von einem oder mehreren dieser Merkmale betroffen. Als „Vollzugsempfehlung“ werden oft ein Gentest oder eine tierärztliche Untersuchung genannt. Sie sollen ausschließen, dass der betroffene Hund unter dem genannten Merkmal leidet.
Für Hundezüchter bedeutet dies konkret, dass viele für ihre Tiere zukünftig nachweisen müssen, dass diese nicht unter den in der Tabelle genannten Merkmalen leiden, um sie auszustellen. „Hundeausstellungen oder den Sport mit diesen Hunden wird es demnächst also nicht mehr geben“, äußerte Batscherer damals im Interview seine Befürchtung.
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Leitlinien sollen zahlreiche rechtliche Fehler aufweisen
Der VDH ließ die Leitlinien daher tiermedizinisch und rechtlich analysieren. Dabei kam er zu dem Ergebnis, dass sie „zahlreiche veterinärmedizinische und rechtliche Fehler aufweisen“. Per Anwalt setzte man die Arbeitsgruppe darüber in Kenntnis.
Mit Erfolg, so Bartscherer: „Die Arbeitsgruppe Tierschutz der Länderarbeitsgemeinschaft Verbraucherschutz (AGT) hat uns auf unsere berechtigten Einwände hin mitgeteilt, dass die Leitlinien in der aktuellen Fassung nicht zur Anwendung kommen.“
Besonders brisant: Dem VDH liegt ein Schreiben vor, in dem sich die Hauptakteure der Arbeitsgruppe von den veröffentlichten Leitlinien distanzieren. „Sie bestreiten, an der ‚Validierung und Freigabe dieser Leitlinien‘ beteiligt zu sein. Aus diesem Grund sind die Leitlinien wieder zurückgerufen worden. Sie werden nun vollumfänglich überprüft“, so Bartscherer. Er hoffe darauf, dass dieses Mal der VDH mitwirken darf. Das Ergebnis bleibt vorerst abzuwarten.