26. Dezember 2023, 16:23 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Hunde zeigen so mach merkwürdige Verhaltensweisen. Eine davon ist, den eigenen Schwanz zu jagen. Auf uns Menschen wirkt das zunächst recht witzig. Tatsächlich stecken hinter dem Verhalten auch meist harmlose Ursachen. Das Schwanzjagen kann aber tatsächlich ein Hinweis auf Krankheiten oder Störungen sein.
Fast jeder Hund beginnt einmal im Welpenalter damit, den eigenen Schwanz zu jagen. Die Kleinen verstehen einfach noch nicht, dass das lustig wackelnde Ding zu ihnen selbst gehört. Aber was hat es zu bedeuten, wenn erwachsene Hunde dieses Verhalten regelmäßig zeigen?
„Grundsätzlich ist es so: Wenn wir ein Tierverhalten betrachten, ist es immer wichtig, das Normalverhalten der Tierart zu kennen“, sagt Tierarzt und Tierverhaltenstherapeut Ronald Lindner aus Leipzig. Der Mensch empfinde bestimmte Sachen jedoch als unerwünscht und als Verhaltensproblem, „während die eigentlichen Verhaltensstörungen und krankhaften Veränderungen oft gar nicht gesehen oder als solche erkannt werden“, so der Autor („Was Hunde wirklich wollen“).
Hund jagt eigenen Schwanz – Spiel- oder Stressverhalten?
Zunächst einmal könne es sich einfach um ein ganz normales Spielverhalten handeln, gerade bei Welpen. „Junge Hunde lernen sich und ihren Körper kennen und entdecken, dass da noch eine Rute dran ist. Und nach der kann man einfach mal haschen“, so Lindner. Im weiteren Verlauf des Lebens könne es jedoch auch eine Stresskompensation (auch für Freude) oder Ausdruck für ein Beschwichtigungsverhalten sein.
Was man bei Welpen noch niedlich findet, kann sich später zu einer schweren Verhaltensstörung entwickeln, warnt Stefanie Riemer, Verhaltensbiologin von „HundeUni – Wissenschaft trifft Praxis“ in Wien. Denn Welpen empfinden es als positives Feedback, wenn die Menschen sie bei einem solchen Verhalten beobachten und dabei lachen. Deshalb wiederholen sie es, wenn sie frustriert oder erwartungsvoll sind. Diese Angewohnheit kann dann bis zu einer Zwangsstörung führen.
„Es kommt nicht selten vor, dass es sich bei den Tieren bis zu einem stereotypen Kreiseln steigert“, sagt Ronald Lindner. Im Extremfall könne es dazu führen, dass sie stundenlang nichts anderes mehr machen. Wenn dann auch keine Psychopharmaka mehr greifen, sei ein solches Verhalten gar ein Grund für Euthanasie.
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Weitere Gründe, warum der Hund den eigenen Schwanz jagt
Neben Spiel oder Stressverhalten kann es weitere Gründe geben, warum Hunde ihren eigenen Schwanz jagen. Dazu zählen:
- Genetik: Bestimmte Rassen wie der Bullterrier oder der Deutsche Schäferhund neigen zu zwanghaftem Verhalten wie Schwanzjagen.
- Parasiten: Ein Befall mit Würmern oder Flöhen kann zu Juckreiz am Hinterteil oder dem Schwanzbereich führen. Der Hund versucht sich dann dort zu kratzen und die Region mit den Zähnen zu bearbeiten oder gar den eigenen Schwanz zu jagen und zu beißen.
- Verletzungen: Auch Verletzungen im Schwanzbereich, die Schmerzen oder Juckreiz verursachen, können zur Folge haben, dass der Hund seinen eigenen Schwanz jagt und beißen möchte.
- Neurologische Störungen: Schließlich können auch Zwangsstörungen das Verhalten auslösen. Dies sollte man dringend bei einem Tierarzt, der sich auf Neurologie spezialisiert hat, abklären lassen.
Diese Faktoren können das Schwanzjagen begünstigen
In einer Studie von 2012 untersuchten Veterinäre der Universität von Helsinki 368 Hunde, die regelmäßig ihren Schwanz jagten. Das Verhalten begann in der Regel im Alter von drei bis sechs Monaten, wobei fast die Hälfte der Hunde auch andere Arten von Zwängen zeigte, wie etwa das Laufen in sich wiederholenden Mustern.
„Interessanterweise zeigten Hunde, die Nahrungsergänzungsmittel, insbesondere Vitamine und Mineralien, erhielten, im Vergleich zu Hunden, die keine Nahrungsergänzungsmittel bekamen, weniger Schwanzjagen“, erklärt Tierarzt Dr. Hannes Lohi in einem Artikel des Wissenschaftsmagazins „livescience“.
Auch kastrierte Weibchen zeigten weniger Schwanzjagd, was auf einen Einfluss von Eierstockhormonen auf die Schwanzjagd hindeute. Außerdem seien Schwanzjäger im Vergleich zu Hunden, die ihren Schwanz nicht jagten, oft scheuer und hätten sich früher von ihren Müttern getrennt.
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So können Sie das Schwanzjagen verhindern
Zunächst einmal sollten Sie den Grund klären lassen, warum der Hund seinen eigenen Schwanz jagt. Ist es Spiel oder Langeweile oder steckt vielleicht doch eine ernsthafte Störung dahinter?
Sollten Sie Zwangsstörungen und Krankheiten ausschließen können, ist es wahrscheinlich, dass Sie das Verhalten (bewusst oder unbewusst) im Laufe der Zeit verstärkt haben. Deshalb sollte man frühzeitig und richtig darauf reagieren, wenn der Hund seinen Schwanz jagt. Auf Signale wie „Nein!“ oder „Lass das!“ sollte man verzichten. Denn diese können vom Hund missverstanden werden und sogar noch eine verstärkende Wirkung haben.
Stattdessen rät Lindner zum Entzug von angenehmen Dingen: „Am besten den Hund ignorieren und den Raum verlassen.“ Kommt er hinterher, könnte man ihn „Sitz“ machen lassen und dafür belohnen – dadurch werde das andere Verhalten vergessen.
Mit Material der dpa