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PETBOOK-Interview

Hundetrainer Dennis Panthen: »Jagdhunde in der Stadt sind purer Egoismus

Hundetrainer und Jagdhundeausbilder Dennis Panthen sieht Jagdgebrauchshunde bei „Normalos“ kritisch.
Hundetrainer und Jagdhundeausbilder Dennis Panthen sieht Jagdgebrauchshunde bei „Normalos“ kritisch. Foto: Jenny Figge
Dennis Agyemang
Redakteur

24. Januar 2025, 6:36 Uhr | Lesezeit: 9 Minuten

Viele Prominente machen immer wieder durch die Wahl ihrer Haustiere von sich reden. So auch kürzlich Heidi Klum, die ihrem Mann Tom Kaulitz zwei Deutsch-Kurzhaar-Welpen schenkte. Dabei handelt es sich um hochspezialisierte Jagdgebrauchshunde, die nach Expertenmeinung nur in die Hände von Jägern gehören. Dieser Meinung ist auch Hundetrainer und Jagdhundeausbilder Dennis Panthen.

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Ein großer Kritikpunkt, den viele Hundetrainer den Hundehaltern immer wieder vorwerfen, ist die Tatsache, dass viele bei der Wahl ihres Vierbeiners mehr nach optischen Kriterien gehen, anstatt zu schauen, welche Rasse wirklich zu ihnen passt. Oft mit verheerenden Folgen … PETBOOK sprach mit Hundetrainer und Jagdhundeausbilder Dennis Panthen über die Haltung von Jagdhunden und warum auch Jäger sich auch für die falschen Hunde entscheiden können.

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Dennis Panthen: „Wenn die Genetik stark durchschlägt, führt das zu Problemen“

Dennis, du sagst, Jagdhunde brauchen eine Aufgabe. Aber auch viele Nichtjäger halten Jagdhundrassen, so auch Heidi Klum. Was waren deine ersten Gedanken, als du davon gehört hast?
Dennis Panthen: „Mein erster Gedanke war, dass es eine Vollkatastrophe ist. Diese Hunde sind hoch spezialisierte Hunde, die normalerweise eine Aufgabe brauchen. Heidi Klum und ihr Mann haben aber offensichtlich keine tatsächliche Arbeit für solche Hunde. Das macht das Ganze mehr als bedenklich.“

Was passiert deiner Meinung nach, wenn man solche Hunde „normal“ trainiert und keine spezifische Aufgabe für sie hat?
„Manche Hunde haben vielleicht weniger ausgeprägte Anlagen, während andere, wie die von Heidi Klum der Deutsch Kurzhaar, noch sehr nah an ihrer ursprünglichen Aufgabe sind. . Jagdhunde jagen dann unkontrolliert, Herdenschutzhunde beschützen übermäßig – das kann für Laien schnell problematisch werden. Ich denke nicht, dass Heidi Klum beispielsweise mit ihren Hunden zur Fasanenjagd geht, was eigentlich ihr ursprünglicher Zweck wäre.“

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„Am wichtigsten ist, dass der Hund versteht, was wir von ihm wollen“

Aber denkst du nicht, dass jemand wie Heidi Klum das nötige Geld hat, um Experten zu engagieren, die sich um die Hunde kümmern und sie gegebenenfalls auslasten?
„Das ist durchaus möglich. Aber was wir aus den Videos gesehen haben, zeigt, dass die Methoden dort in den USA oft ganz anders sind als in Deutschland. Training mit Stachelhalsbändern, wie es dort üblich ist, wäre hier inzwischen undenkbar und ist sogar verboten. Die rechtlichen Rahmenbedingungen und die Trainingskultur unterscheiden sich erheblich. Ja, Heidi Klum könnte das Geld haben, um für ihre Hunde professionelle Betreuung zu organisieren. Aber ob sie das wirklich tut, bleibt die Frage. Wenn sie das nicht macht, stellt sich die Frage: Wozu hat sie die Hunde? Sind sie dann nur ein Statussymbol? Das erinnert an Promis, die sich exotische Tiere wie Löwen oder Affen halten.“

Was ist dir beim Hundetraining besonders wichtig?
„Am wichtigsten ist, dass der Hund versteht, was wir von ihm wollen. Oft ist das eigentliche Ziel im Training nicht klar genug, und Hunde funktionieren am besten, wenn sie klare Aufgaben haben. Wenn ich es dann noch schaffe, den Hund zu motivieren, diese Aufgaben zu erfüllen, haben wir alles erreicht. Ohne eine klare Struktur und Konsequenz geht es nicht. Ich vergleiche es oft mit jemandem, der 15 bis 20 Kilogramm Übergewicht hat und einen Marathon in vier Stunden laufen möchte, obwohl er nie Sport gemacht hat. Es erfordert viel Arbeit und Einsatz.“

„Viele denken automatisch, dass jeder Jäger seinen Hund perfekt kontrollieren kann“

Kann man Jagdhunde auch halten, ohne selbst Jäger zu sein?
„Natürlich ist es möglich, aber die Frage ist, ob es sinnvoll ist – und das würde ich klar verneinen. Es gibt viele andere Rassen, die als Gesellschaftshunde besser geeignet sind. Wenn man ständig gegen die genetische Veranlagung eines Jagdhundes arbeiten muss, ist das weder artgerecht noch praktikabel. Innerhalb der Jagd gibt es diesen Trend auch. Manche Jäger entscheiden sich aus optischen Gründen für Hunde, die gar nicht zu ihrer Jagdart passen. Ein Beispiel: Ein Jäger in Brandenburg, der in Wäldern Wildschweine jagt, kauft sich einen Deutsch Kurzhaar, einen Vorstehhund zur Vogeljagd, weil er gut aussieht, obwohl er einen Hund für Stöber- oder Nachsuchenarbeit bräuchte. Das kann der Deutsch Kurzhaar natürlich auch, hat aber einen anderen Schwerpunkt. Das ist schlichtweg falsch beraten.“

Welche Kritikpunkte hörst du im Zusammenhang mit Jagdhunden und ihrem Training?
„Die häufigste Kritik ist, dass Jäger Tiere töten – das wird immer ein Thema bleiben und ist ein Wachstumsverhinderer für mich als Jagdhundeausbilder und Hundetrainer. Ein weiteres Vorurteil ist, dass das Training von Jagdhunden grausam sei, etwa durch Quälen oder bewusste Härte wie das Treten auf die Pfoten. Das sind alte Strukturen, die wir heute eigentlich schon überwunden haben sollten. Meine Aufgabe ist es, neue Ansätze zu etablieren und aufzuzeigen, dass es auch anders geht.“

Glaubst du, dass Jäger oft überschätzt werden, wenn es um ihre Fähigkeiten in der Hundeausbildung geht?
„Absolut. Viele denken automatisch, dass jeder Jäger seinen Hund perfekt kontrollieren kann und ein Experte in Hundeerziehung ist. Das wird maßlos überschätzt. In Wahrheit funktioniert der Hund bei vielen Jägern auch nicht immer, wie er sollte.“

Jäger und Hundetrainer Dennis Panthen sagt: „Hunde in Großstädten sind fehl am Platz“
Jäger und Hundetrainer Dennis Panthen sagt: „Hunde in Großstädten sind fehl am Platz“ Foto: Jenny Figge

„Hunde brauchen Auslastung, die ihrer Genetik entspricht“

Der Laie spricht dem Jäger oft Kompetenz in der Hundeausbildung zu. Du sagst aber, dass das in einigen Fällen gar nicht gegeben ist. Welche Probleme siehst du bei Jägern mit ihren Hunden?
„Das größte Problem ist die Zeit und fehlendes modernes Wissen. Viele Jäger haben einfach nicht genug Zeit, um ihren Hund konsequent zu trainieren und auszubilden. Es gibt Vorbereitungskurse die allerdings immer nur eine gewisse Zeit vor den jeweiligen Prüfungen stattfinden. Wichtig wäre ein dauerhaftes Trainingsangebot auch über die Prüfungen hinweg.

Ein weiteres großes Thema ist mangelnde Konsequenz im Umgang mit dem Hund. Schließlich fehlt es oft an einem klaren Ausbildungsplan – es gibt keine strukturierte Idee, wie man das Ziel erreicht. Diese drei Punkte – Zeit, Konsequenz und Planung – sind die Hauptprobleme bei Jägern und ihren Jagdhunden. Das sind aber auch die Probleme, die ich bei ‚Normalos‘ ohne Jagdhintergrund mit ihren Hunden sehe.“

Braucht denn jeder Hund einen „Job“? Gerade wenn wir über Jagdhunde sprechen, scheint das ja ein häufiges Thema zu sein.
„Die Frage ist nicht nur, ob jeder Hund einen Job braucht, sondern ob er in der Vergangenheit einen hatte. Also, welche genetische Aufgabe ihm ursprünglich zugeschrieben war. Und an dieser Aufgabe sollte man sich orientieren. Hunde brauchen Auslastung, die ihrer Genetik entspricht. Wenn ich zum Beispiel einen Hütehund habe, dann sollte ich vielleicht ein Training besuchen, bei dem tatsächlich gehütet wird – ob Schafe, Laufenten oder Ähnliches.“

„In städtischen Gebieten sehe ich oft Jagdhunde wie Deutsch Kurzhaar, die dort schlichtweg fehl am Platz sind“

Hast du ein Beispiel?
„Ja, vor über zehn Jahren hatte ein Besitzer einen Border Collie, der völlig außer Kontrolle war. Der Hund war hyperaktiv, unruhig und nicht körperlich ‚kleinzukriegen‘. Die Besitzer haben alles versucht – Agility, Fahrradfahren – nichts hat geholfen. Dann haben wir den Hund bei einem Profi zehn Minuten vor Schafe gestellt, und plötzlich war Ruhe: Der Hund hat zwei Tage lang geschlafen.

Das zeigt, wie wichtig es ist, Hunde entsprechend ihrer genetischen Veranlagung anzusprechen. In städtischen Gebieten, wie zum Beispiel in Berlin, sehe ich häufig Jagdhunde wie Deutsch Kurzhaar, die dort schlichtweg fehl am Platz sind. Wozu braucht man in einer Großstadt einen solchen Hund? Das ist purer Egoismus – ähnlich wie jemand, der sich drei Huskys im dritten Stock in Duisburg hält. Diese fehlende Rücksichtnahme hat Konsequenzen: Tierheime sind überfüllt mit Hunden, die die Halter nicht mehr kontrollieren können.“

Von welchem deiner Hunde hast du am meisten gelernt?
„Vom Schwächsten! Wir sind es gewohnt, mit Hunden zu arbeiten, die ‚Vollgas‘ geben. Da steht man fast den ganzen Tag auf der Bremse. Aber wenn du einen Hund hast, der mental nicht so stark ist, dann musst du anders arbeiten – du musst einen anderen Zugang finden. Mit solchen Hunden lernst du, wie man sie fördert, ohne sie zu überfordern.“

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Dennis Panthen: „Jagdhunde sind von ihrer ganzen Struktur her hart“

Hast du ein Beispiel dafür?
„Jagdhunde sind von ihrer ganzen Struktur her hart. Sie laufen hinter einem Wildschwein her, werden getreten oder verletzt und machen einfach weiter. Das ist eine Härte, die ein Familienhund normalerweise nicht hat. Aber mit einem sensiblen Hund lernst du viel mehr, weil du mit viel Feingefühl arbeiten musst, um dieselben Leistungen zu erreichen.“

Wie bist du eigentlich zur Jagdhundeausbildung gekommen? Und hattest du vorher schon Hunde?
„Ja, ich hatte vorher schon Hunde. 2010 wurde ich Deutscher Meister bei den Dobermännern im Hundesport. Ich wohne nahe Dortmund, und dort findet jedes Jahr die Messe ‚Jagd & Hund‘ statt – Europas größte Jagdmesse. Diese Messe habe ich immer besucht, auch bevor ich Jäger war.

Ich war tief beeindruckt von den Hunden, die echte Arbeit leisten. Dieses Konzept von ‚Hunde mit Jobs‘ hat mich fasziniert. 2014 habe ich mich entschieden, vom Hundesport in den Jagdhundebereich zu wechseln. Seitdem bin ich in diesem Bereich tätig.“

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„Viele wählen Hunde nach Optik oder einem romantisierten Bild aus, ohne zu bedenken, ob diese Rasse zu ihrem Lebensstil passt“

Was sind die häufigsten Fehler, die du im Zusammenleben von Menschen und Hunden siehst?
„Die falsche Rassewahl: Viele Menschen wählen Hunde nach ihrer Optik oder einem romantisierten Bild aus, ohne zu bedenken, ob diese Rasse zu ihrem Lebensstil passt. Dann der Zeitfaktor: Hunde brauchen Zeit – sei es für Training, Bewegung oder einfach Aufmerksamkeit. Aber auch mangelnde Konsequenz. Menschen ändern ständig die Regeln. Ein Hund darf heute auf die Couch, morgen nicht mehr, weil sie neu ist. Das verwirrt den Hund und schafft Unsicherheiten.“

Du sagst oft, Hunde werden heutzutage „zurechtgebogen“ oder „zurechttrainiert“. Du hast auch mal die Aussage gemacht: „Durch die Leine verblödet.“ Wo ziehst du da die Grenze?
„Die Grenze ist dort, wo es nicht mehr um Erziehung, sondern um Charakterveränderung geht. Es gibt Dinge, die ein Hund lernen muss – wie Rückruf, Leinenführigkeit oder soziale Kompetenzen und nicht in andere Hunde oder Menschen zu beißen. Das sind grundlegende Erziehungsfragen, keine Charakterthemen außer im Rahmen sozialer Kompetenz. Aber auch hier müssen wir vermitteln, wie unsere Welt funktioniert.

Wenn Menschen aber versuchen, den Charakter eines Hundes zu brechen oder zu verbiegen, bin ich absolut dagegen. Hunde haben, genau wie Menschen, individuelle Eigenschaften. Es ist unsere Aufgabe, das zu akzeptieren, statt sie zu etwas zu zwingen. Es geht darum, den Hund als Individuum zu respektieren. Das ist für mich eine der wichtigsten Botschaften: Man kann Verhalten trainieren, aber man sollten nicht versuchen, den Charakter zu ändern.“

Themen Hundeverhalten Interview
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