29. Januar 2024, 11:32 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten
In Spanien werden Windhunde wie der Galgo Español zur Jagd von Hasen eingesetzt. Dabei steht neben dem Jagderfolg vor allem die Ehre der Jäger in Vordergrund. Ist ein Hund für die Jagd nicht mehr geeignet oder bringt er seinem Herren Schande, wird er auf grausamste Art misshandelt und getötet. Dies gescheiht vor allem nach der Jagdsaison Anfang Februar. PETBOOK hat mit Carola Birkner vom TSV Galgo-Friends e. V. über die Windhunde und die traurige Tradition, die mit dieser Rasse verbunden ist, gesprochen.
Der Galgo Español ist ein Windhund und wird in Spanien zur Hasenjagd genutzt. Laut Tierschützern ist er eine der am meisten ausgebeuteten Jagdhundrassen. Denn es geht nicht nur darum, Hasen zu erlegen. Die Jagd soll möglichst lang und unterhaltsam vonstattengehen – das ist in Spanien Tradition. Eine Tradition, die nicht nur für den Hasen, sondern auch für die Hunde dramatische Konsequenzen hat.
Die für die Jagd verwendeten Galgos werden in Massen gezüchtet, unter brutalen Bedingungen trainiert und am Ende schonungslos entsorgt. In einem Gespräch mit PETBOOK erzählt Carola Birkner vom TSV Galgo-Friends e. V. mehr über die Windhunde und die traurige Tradition, die mit dieser Rasse verbunden ist.
Verletzt sich ein Hund, wird er liegen gelassen
Den Galgo Español hält man in vielen Regionen Spaniens nicht als Haus-, sondern als Nutztier. Jäger, die sogenannten Galgueros, züchten die Hunde, um sie dann während der Jagdsaison gemeinsam jagen zu lassen. Dabei handelt es sich nicht um eine Jagd im klassischen Sinne. Vielmehr ist es ein Sport, der eine lange Tradition hat. Spanien ist das einzige EU-Land, in dem die Hetzjagd mit Windhunden noch erlaubt ist.
Je nach Region beginnt die Jagdsaison zwischen Ende September und Mitte Oktober und endet Anfang Februar. Während der Saison gibt es viele Veranstaltungen, bei denen jeweils zwei Galgos auf einen Hasen losgelassen werden. Diesen sollen sie dann eindrucksvoll und möglichst unterhaltsam jagen. Die Jagden seien dabei mit einem Event gleichzusetzen, erklärt Carola Birkner PETBOOK. So werden die Hunde davor begutachtet, verglichen und sorgsam ausgewählt. Bei der Jagd wird begeistert gewettet: Wie lang dauert die Jagd? Welcher Galgo reißt den Hasen? „Dabei ist ein schneller Jagderfolg nicht erwünscht“, erklärt die Tierschützerin, „es braucht eine Show, es muss spannend bleiben.“
Um die Leistung der Hunde zu steigern, füttern die Galgueros sie oft einige Tage vor der Jagd nicht. „Wenn einer der Hunde stürzt und sich verletzt, wird er liegen gelassen.“, so Birkner. Und Stürze seien bei der Jagd in unwegsamen Gelände üblich.
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Die Hunde werden in Tretmühlen trainiert
Bei den Züchtern leben die Windhunde meist reizarm und spärlich. Sie werden in Verschlägen und Bunkern gehalten und haben wenig Kontakt zur Außenwelt. Zeigt ein Galgo nicht das gewünschte Verhalten, sortiert ihn sein Besitzer bereits im Alter von wenigen Monaten aus. „Man setzt ein Kaninchen in ein kleines eingezäuntes Gelände, setzt die Galgowelpen dazu und schaut, was passiert. Wenn ein Galgowelpe sich nicht für das Kaninchen interessiert, dann wird er abgeben“, so die Tierschützerin.
Zeigt ein junger Galgo hingegen das gewünschte Verhalten, darf er bleiben und beginnt mit dem Training. „Die Hunde werden oft in Tretmühlen trainiert. Wer hier stolpert, der hat verloren. Der kriegt eine Stange vor den Kopf und wird sofort entsorgt. Die Hunde werden auch mit ans Fahrrad genommen, ans Moped oder am Auto befestigt. Die Autos haben vorn einen Stahlaufsatz, an dem man die Leinen anhängen kann. Dann fährt der Wagen los und wer strauchelt, überlebt die Fahrt nicht“, beschreibt die Tierschützerin die Trainingsmethoden. Zeigt der Galgo bei dem Training gute Leistungen, darf er bei der Jagd mitlaufen.
Das dramatische Ende vieler Galgos
Ist der Galgo nicht mehr zur Jagd geeignet, etwa weil er zu alt oder verletzt ist, ist das oft sein Todesurteil. Viele Hunde erbringen bereits ab einem Alter von zwei bis sechs Jahren nicht mehr die gewünschte Leistung und werden entsorgt. „Im besten Fall werden die Hunde im Tierheim abgegeben“, so die Tierschützerin. Die meisten Galgos hätten aber weniger Glück und landeten in einer Tötungsstation. Dort töte man die Tiere nach 21 Tagen, wenn sie niemand abhole. Laut Tierschützern werden jedes Jahr mehr als 50.000 Jagdhunde in Spanien aussortiert, ausgesetzt, getötet.
Einige Galgueros würden ihre Hunde aber auch einfach aussetzten, erklärt Carola Birkner. Damit die Galgos nicht wieder zu ihrem Zuhause zurückfinden, würden oft die Beine mit einer Schnur oder Kabelbinder zusammengebunden. „Ganz brutale Galgueros setzen ihren Hund nicht mal aus und binden ihn irgendwo an, sondern brechen ihnen das Rückgrat mit einem Knüppel, um ganz sicherzugehen, dass sie nirgendwo mehr hinlaufen“, erzählt die Tierschützerin.
„Hat ein Galgo seinem Halter Schande gebracht – etwa indem er schlechte Leistungen gezeigt hat – kann es sein, dass er aufgehängt wird“, so Birkner. Dabei hängen die Jäger den Hund knapp über dem Boden auf, sodass er mit seinen Hinterbeinen gerade noch auf den Boden kommen. Meist erstickt der Hund dabei nicht, sondern verhungert langsam, erklärt Birkner. „Klavierspielen“ wird diese Form des Sterbens von den Galgueros genannt.
Wie man den Galgos helfen kann
Um auf das Schicksal der Hunde aufmerksam zu machen, riefen Tierschützer den Día del Galgo – den Tag des Galgo – ins Leben. Er findet am ersten Februar statt, direkt nach dem Ende der Jagdsaison. Tierschutzvereine wie der Galgo-Friends e. V. setzten sich für die Rettung der Galgos ein. Sie vermitteln die Hunde etwa an Menschen, die ihnen ein würdigeres Leben bieten können.
Wer die Vereine bei ihrer Arbeit unterstützen möchte, kann dies durch Spenden oder auch Patenschaften tun. Zudem freuen sich die privaten Tierheime auch über Sachspenden wie Hundebetten, Leinen und Hundemäntel. Auch Futter ist in den Notfalleinrichtungen immer willkommen. Ebenso wichtig sei aber auch die Aufklärungsarbeit, so die Tierschützerin. „Es hilft sehr, wenn man über das Schicksal der Windhunde aufklärt und ihre Geschichte erzählt“, erklärt Birkner.
Zudem kann man sich natürlich selbst als Pflegestelle anbieten und einen Galgo direkt vom Tierschutz aufnehmen und ihm ein erstes Zuhause in Deutschland bieten, bevor er hier vermittelt wird. Wichtig hierbei ist, dass man mit viel Verantwortung und Feingefühl an die Aufgabe herangeht. Der Galgo kommt aus einer komplett fremden Welt, in der er nicht viel mit Menschen zu tun hatte. Die Tiere schlafen auf Betonböden und sind meist unter ihresgleichen. Daher sollte ein souveräner Ersthund in einer Pflegestelle vorhanden sein.
Wenn der Galgo jagt, hält ihn selbst ein Stacheldrahtzaun nicht auf
„Galgos haben ein sanftes Wesen, sind freundlich und zäh“, beschreibt Carola Birkner die Hunde im Gespräch mit PETBOOK, „aber sie haben auch zwei Gesichter“. Zu Hause seien die Windhunde sehr ruhig, suchten sich den gemütlichsten Platz im Haus und verbrächten hier ganz unauffällig den halben Tag. Ist man mit den schnellen Hunden aber in der Natur unterwegs, lerne man ihren Bewegungsdrang kennen. „Ein Freilauf in der Natur ist mit vielen Galgos auch mit entsprechendem Training nicht möglich“, erklärt die Tierschützerin. Zu ausgeprägt sei das Beutefangverhalten.
Dennoch ist es wichtig, dass man dem Galgo die Möglichkeit gibt, freizulaufen. Dies sollte aber in abgesicherten Bereichen stattfinden und nicht im Wald oder auf dem freien Feld, wo ihm jederzeit Wild begegnen kann. Denn wenn der Galgo erst einmal jagt, hält ihn selbst ein Stacheldrahtzaun nicht auf.
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Was man bei der Haltung eines geretteten Galgos beachten sollte
Menschen, die mit ihrem Hund zahlreiche Tricks und Spiele lernen möchten, stoßen beim Galgo auf taube Ohren. „Was der Galgo nicht will, macht er auch nicht“, beschreibt Carola Birkner die Windhunde. Selbst das klassische „Sitz“ macht der Galgo nur nach viel Überzeugungsarbeit. Der Galgo ist mehr ein ruhiger und sanfter Begleiter, der seine Auslastung in kurzen, aber schnellen Sprints sucht.
Wer sich dafür interessiert, einen Galgo zu adoptieren, sollte Hundeerfahrung mitbringen. „Zudem sollte die Motivation, sich mit der Rasse zu beschäftigen, da sein und auch der Wille, Beratung des vermittelnden Tierschutzvereins anzunehmen“, empfiehlt Carola Birkner. Ein wichtiger Aspekt sei zudem, dass bereits ein weiterer Hund im Haushalt lebt, da der Galgo ein sehr sozialer Hund ist, der in seinem Leben in Spanien wenig Kontakt zu Menschen, dafür aber umso mehr mit Artgenossen hatte. Auch sei die Bereitschaft wichtig, den Galgo vor der Übernahme mehrfach in seiner Pflegestelle zu besuchen.
Der Verein Galgo-Friends e. V. besteht aus Ehrenamtlichen, die seit der Gründung etwa 1000 Galgos nach Deutschland geholt und sie hier in neue Zuhause vermittelt haben. Der Verein arbeitet direkt mit dem privaten Tierheim Ciudad Animal in der Kleinstadt Pedro Muñoz zusammen.