17. April 2024, 10:53 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Wenn sich Menschen voneinander trennen, stellt sich oft die Frage: Wer behält was? Geht es um ein gemeinsames Haustier, muss in manchen Fällen auch das Gericht entscheiden. Nicht immer geht es nur darum, zu wem der Hund den größten Bezug hat, wie ein Fall aus dem Raum Marburg zeigt.
Streiten sich Eheleute nach einer Trennung darüber, bei wem der gemeinsame Hund künftig leben wird, ist das Tierwohl das oberste Entscheidungskriterium. Im Fall einer Frau aus dem Raum Marburg wohl aber auch der zu kleine Garten. Allerdings geht aus dem gefällten Beschluss des Amtsgerichts noch so manch anderes hervor. PETBOOK-Redakteurin Louisa Stoeffler hat sich die Rechtssprechung einmal genauer angeschaut.
Frau muss Hund abgeben, weil ihr Mann sich in der Arbeitslosigkeit mehr kümmerte
Laut dem Aktenzeichen 74 F 809/23 WH des Marburger Amtsgerichts handelt es sich in diesem konkreten Fall um einen Berner Sennenhund/Rottweiler-Mischlingsrüden. Dieser sei von dem Paar 2012 angeschafft worden. Das Tier wird nun mit dem Urteil dem Antragssteller – also dem Exmann – zur alleinigen Nutzung während der Trennungszeit zugesprochen.1
Denn die ebenfalls 2012 geschlossene Ehe der Streitenden hielt nicht. Im August des Jahres 2023 zog die Frau aus dem gemeinsamen Haus mit Garten aus – und nahm dabei den Hund mit, ohne dies vorab zu besprechen.
Der Mann stellte daraufhin einen Antrag beim Amtsgericht Marburg. Er scheint laut dem Rechtsspruch glaubhaft versichert zu haben, dass er ja nicht nur Miteigentümer des Hundes sei, sondern auch seine Hauptbezugsperson. Allerdings scheint die an eine Seifenoper erinnernde Streitsituation nicht eindeutig schwarz-weiß zu sein.
Gericht verpflichtet Frau zur Herausgabe von Kuscheltieren
Während der letzten fünf Jahre sei der Mann über längere Phasen hinweg ganztägig zu Hause und – teils wegen Krankheit – zu 75 Prozent der Zeit erwerbslos gewesen. In dieser Zeit habe er den Hund jedoch häufig zu der von ihm betriebenen Bienenzucht mitgenommen. Außerdem sei der Garten, in dem der Hund teilweise zwei bis drei Stunden pro Tag allein verbrachte, für das Tier sehr wichtig.
Der Sache nach hat das Amtsgericht mit dem Entschluss dem geschädigten Hundehalter recht gegeben. Während der Trennungsphase der Eheleute solle der Hund nun also unverzüglich herausgegeben werden. Dies schließt auch alle in ihrem Besitz befindlichen, dem Hund zugeordneten Gegenstände ein. Unter anderem Impfpass, Leine und Geschirr/Halsband, Hundesteuermarke, Futternäpfe, Hundebett, aber auch die Kuscheltiere des Hundes.
Mann soll Frau zum Auszug gezwungen haben
Doch auch die Antragsgegnerin äußerte sich vor Gericht zu den Gründen, weshalb sie so gehandelt habe. Sie sagte, dass sie die Hauptbezugsperson des Tieres sei und es ihr allein ums Tierwohl ginge. Bereits seit 2019 arbeite sie daher nur noch sechs Stunden pro Tag in Teilzeit, um die Versorgung des Hundes leisten zu können. Außerdem liege ihre neue Arbeitsstelle nur zwei Minuten von der Erdgeschoss-Wohnung, bei der der Hund keine Treppen laufen müsse, entfernt. Auch verfüge das neue Zuhause über einen kleinen Garten, den der Hund nutzen könne.
Zudem verwies sie vor Gericht darauf, dass der Mann die Ursache für die Trennung gewesen sei. Sie sei durch ihn zum Auszug gezwungen worden, während er sich auf seine Affäre konzentriert habe. Den Hund habe er dabei jedoch völlig vernachlässigt. Die Frau gab ebenfalls an, dass der Hund in dieser Zeit sehr unter Trennungsangst gelitten habe.
Deshalb sei es für das Tier, auch in Anbetracht seines fortgeschrittenen Alters, das allerwichtigste, eine einzige feste Bezugsperson zu haben. Im Haushalt des ehemaligen Partners komme es jedoch immer wieder zu Fremdbetreuungen während dessen beruflich bedingten Abwesenheitszeiten. Dies sei dem Hund nicht zuzumuten.
Frau soll ihren Hund nur noch zweimal im Jahr sehen
Das Gericht hat vorgeschlagen, dass die Beteiligten sich darauf einigen, dass der Hund in den Haushalt des Antragsstellers zurückkehrt. Zugleich wurde eine Vereinbarung vorgeschlagen, dass er sich beispielsweise zweimal im Jahr für jeweils zwei Wochen sich bei der Antragsgegnerin aufhält. Dazu war die Frau jedoch nicht bereit. Ein solches „Hin- und Her“ sei dem Tier ihrer Ansicht nach nicht zuzumuten.
Bei diesem zugespitzten Fall ließ sich auch durch den Beschluss nicht eindeutig feststellen, wer nun die Hauptbezugsperson des Tieres sei, wie es im Urteil weiter heißt. Denn beide Ex-Partner hätten offensichtlich eine gute und enge Bindung an den Hund. In erster Linie sei es jedoch relevant, wer sich am besten kümmern kann, und schließlich, wer das artgerechtere Umfeld bietet. In diesem Fall bedeutet dies scheinbar: Eine schon bekannte Umgebung für den Hund, die eben nicht der kleinere Garten der Frau ist.
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Welche Rechtsnormen für Tiere bei Ehestreitigkeiten angewendet werden
Wenn Ehen oder Beziehungen in die Brüche gehen, ist es nicht immer leicht, im Sinne des Tierwohls zu entscheiden. Denn Tiere gelten nach Paragraf 90a des Bürgerlichen Gesetzbuches zwar nicht als Sache – es werden jedoch gültige Normen, die auch auf Sachen anwendbar sind, für sie verwendet. Das bedeutet, Tiere haben einen Besitzer und können in das Eigentum des einen oder anderen übergehen.
In diesem Fall fand auch Paragraf 1361a BGB Anwendung, der sich mit der Verteilung der Haushaltsgegenstände bei Getrenntleben beschäftigt. Da Tiere also wie Sachen behandelt werden, können getrennte Partner sie „herausverlangen“. Auch Umgangsregelungen, wie in einem anderen Fall, über den PETBOOK berichtete, sind denkbar. Allerdings schien die vom Gericht vorgeschlagene Lösung in diesem Fall für die beteiligten Parteien nicht annehmbar zu sein.
Des Weiteren werden Tiere durch besondere Gesetze beschützt. Deswegen müssen Gerichte allen Urteilen Kriterien zugrunde legen, die dem Umstand Rechnung tragen, dass es sich um ein Lebewesen handelt. Dementsprechend soll immer im Sinne des Tierwohls entschieden werden.2