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PETBOOK-Interview

Halterin von tauber Hündin: »Ihre Gehörlosigkeit hat viele Vorteile

Luisa und Yuka wurden 2024 für ihre Videos beim Deutschen Petfluencer Award mit einem Preis ausgezeichnet.
Luisa und Yuka wurden 2024 für ihre Videos beim Deutschen Petfluencer Award mit einem Preis ausgezeichnet. Foto: Luisa K.
Dennis Agyemang
Redakteur

20. Februar 2025, 6:19 Uhr | Lesezeit: 9 Minuten

Mit Hunden verbinden die meisten Menschen nicht nur eine feine Nase, sondern auch ein gutes Gehör, das selbst weit entfernte Dinge wahrnehmen kann. Doch wie sieht der Alltag mit einem tauben Hund aus? Petfluencerin Luisa K. aus Graz hat mit ihrer American-Akita-Hündin Yuka ein gehörloses Tier aufgenommen. Im PETBOOK-Interview verrät sie, wie sie ihren Alltag mit der Hündin meistert.

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Luisa staunte nicht schlecht, als sie erfuhr, dass ihre American-Akita-Hündin Yuka gehörlos ist. Doch die Grazerin ließ sich von den vielen negativen Kommentaren nicht beeindrucken. Ganz im Gegenteil: Stattdessen suchte sie nach Lösungen und trainierte ihren Vierbeiner. Mittlerweile kann sie Yuka im Freilauf führen und der Rückruf klappt trotz des Handicaps perfekt. Ihre Videos, in denen sie über ihren Alltag mit Yuka berichtet, werden in den sozialen Medien millionenfach geklickt. Mit PETBOOK sprach Luisa über ihre täglichen Herausforderungen und Abenteuer mit einem gehörlosen Hund.

„Als ich Yuka beim Züchter holte, wusste ich nicht, dass sie gehörlos ist“

PETBOOK: Luisa, wie hast du herausgefunden, dass dein Hund taub ist?
Luisa K.: „Als ich Yuka beim Züchter holte, wusste ich nicht, dass Yuka gehörlos ist. Der Züchter wusste angeblich nichts davon und ich habe bei meinen ersten Besuchen auch nichts bemerkt. Bei den süßen Welpenanblicken war ich im siebten Himmel. Zudem orientierte sich Yuka natürlich an ihren Geschwisterchen. Zu Hause ist es mir auch nicht gleich aufgefallen, da Yuka noch ein Welpe war und noch damit beschäftigt war, die Welt zu entdecken und natürlich auch ihren Namen noch nicht kannte.

Ich habe dann langsam angefangen, ihr ihren Namen beizubringen und auch einfache Kommandos wie ‚Sitz‘ und ‚Platz‘ zu üben. Manchmal hat sie mich schon im richtigen Moment angeschaut, aber eine richtige Lernkurve gab es nicht. Irgendwann war ich frustriert und fand es komisch, dass sie einfach nichts lernt. Dann habe ich sie geschnappt und zum Tierarzt gebracht, der die Gehörlosigkeit bestätigte.“

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„Es kamen Kommentare wie ‚Was willst du mit einem Hund, der nichts hören kann?‘“

Wie hat sich das Leben mit einem tauben Hund verändert? Welche Herausforderungen gab es zu Beginn und wie hast du diese überwunden?
„Die Diagnose beim Tierarzt war zunächst ein Schock. Ich kannte vorher niemanden, der einen tauben Hund hatte und auch die Reaktionen von Bekannten und anderen Hundebesitzern waren leider durchweg negativ. Es kamen Kommentaren wie ‚Was willst du mit einem Hund, der nichts hören kann?‘ und ‚Gib ihn wieder weg, mit so einem Hund wirst du nie glücklich‘. Dementsprechend war ich am Anfang etwas überfordert. Aber ich wusste damals schon, dass ich Yuka ins Herz geschlossen hatte und sie zu mir gehörte. Endlich zu wissen, warum unser Training nie geklappt hatte, brachte mir auch Klarheit und gab mir die Chance, mich auf die neue Situation einzustellen und neue Wege der Kommunikation zu finden.

Das war anfangs auch die größte Herausforderung, denn leider konnte ich so gut wie keine Informationen darüber finden, wie man einen gehörlosen Hund ausbildet. Und genau aus diesem Grund habe ich unsere Social-Media-Kanäle gestartet, um anderen Menschen, die vielleicht am Anfang genauso verloren waren wie wir, Mut zu machen und zu zeigen, dass und wie man einen tauben Hund ausbilden kann. Bei uns war es dann so, dass ich mir Videos angeschaut habe, wie man einem hörenden Hund bestimmte Dinge beibringt und das dann auf Yuka übertragen habe. Mit der Zeit haben wir uns immer mehr eingespielt, sind mittlerweile ein richtig gutes Team geworden und haben heute über 30 Zeichen.“

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Welche speziellen Trainingsmethoden nutzt du für deinen Hund?
„Spezielle Trainingsmethoden wende ich nicht direkt an. Bei gehörlosen Hunden gibt es die Möglichkeit, mit einem Vibrationshalsband zu arbeiten. Dabei kann der Hund darauf konditioniert werden, auf die Vibration zu reagieren, beispielsweise mit einem ‚Komm‘ oder einem Blickkontakt. Leute verwechseln das gerne mit einem Schockhalsband, aber das ist es nicht! Richtig trainiert ist es eine wertvolle Hilfe. Leider reagiert Yuka nicht auf das Vibrationshalsband, da sie ein sehr dichtes Fell am Hals hat. Wir trainieren also ganz ‚normal‘ wie mit hörenden Hunden, nur dass wir die Kommandos nicht mit Tönen, sondern mit Handzeichen verbinden.“

»Wir kommunizieren hauptsächlich über Handzeichen und Vibrationen

Wie kommunizierst du mit deinem Hund ohne Geräusche?
„Hauptsächlich über Handzeichen, aber auch über Vibrationen. Ich wecke sie zum Beispiel durch sanfte Vibrationen ihres Bettes oder des Bodens auf. Durch Signale wie Licht ein- und ausschalten, kann ich auch ihre Aufmerksamkeit bekommen.“ 

Welche Handzeichen nutzt du, um deinem Hund Kommandos zu geben?
„Wir haben über 30 verschiedene Handzeichen. Unter anderem für die Basic-Kommandos wie ‚Sitz‘, ‚Platz‘, ‚Komm‘, aber auch spezielle Zeichen für Situationen wie ‚Es kommt Besuch‘, ‚Ich gehe und komme wieder‘, ‚Achtung, es nähert sich ein Hund an‘, aber auch, um einen sicheren Freilauf zu gewährleisten, haben wir ganz viele verschiedene Zeichen.“

Welche Tipps hast du für Menschen, die einen gehörlosen Hund adoptieren möchten?
„Traut euch! Am Anfang ist es etwas gewöhnungsbedürftig, sich mit Handzeichen statt mit Lauten zu verständigen, aber man gewöhnt sich schnell daran. Am Anfang kann es auch hilfreich sein, einen Hundetrainer um Rat zu fragen. Und dann hat man plötzlich eine ganz klare Kommunikation und einen Begleiter, der an Silvester super entspannt ist und den auch der Staubsauger nicht interessiert. Und wenn ihr Fragen habt oder Tipps braucht, könnt ihr mich jederzeit über meine Social-Media-Kanäle kontaktieren!“

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So reagieren andere Hunde auf die gehörlose Hündin Yuka

Wie reagiert dein Hund auf andere Tiere oder Menschen?
„Yuka ist typisch Akita, fremden Menschen und Hunden gegenüber anfangs eher skeptisch, aber grundsätzlich freundlich. Hunde kommunizieren ohnehin hauptsächlich über Körpersprache und geben viele Signale, bevor sie Laute von sich geben. Das bedeutet, dass gut sozialisierte gehörlose Hunde keine besonderen Probleme mit anderen Hunden haben. Aber je nachdem, wie sehr sie es gewohnt sind oder nicht, kann es passieren, dass sie sich erschrecken, wenn ein Hund plötzlich ‚aus dem Nichts‘ von hinten auftaucht. Deshalb haben wir auch unser ‚Achtung Hund‘-Zeichen, wenn sich ein Artgenosse Yuka unbemerkt nähert.“

Welche Art von Spielen bevorzugt Yuka, wenn sie keine Geräusche wahrnimmt? Gibt es besondere Spielzeuge für gehörlose Hunde?
„Yuka liebt es wie jeder andere Hund zu spielen. Die Taubheit beeinträchtigt sie in dieser Hinsicht gar nicht und sie spielt mit dem gleichen Spielzeug wie jeder andere Hund auch.“

Gibt es besondere Rücksichtmaßnahmen, die du bei Spaziergängen oder Reisen mit deinem Hund treffen musst?
„Nein, Yuka darf in den Freilauf, weil wir dafür klare Regeln haben, wie etwa einen bestimmten Radius, den sie nicht verlassen darf und sie muss alle paar Momente bei mir ‚einchecken‘ und sich an mir orientieren. Wenn ich merke, dass sie an einem Tag nicht mit voller Aufmerksamkeit bei mir ist, lasse ich sie an der Leine.“

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„Grundsätzlich finde ich, dass Gehörlosigkeit super viele Vorteile hat“

Welche Sicherheitsvorkehrungen triffst du für deine Hündin sonst im Alltag?
„Die gleich wie viele andere Hundemamas und -papas auch. Yuka hat einen Anhänger mit meiner Nummer und da steht auch drauf, dass sie taub ist. Und für den Freilauf hat sie einen Standorttracker, der mir auf meinem Handy genau anzeigt, wo sie sich gerade befindet, falls etwas passieren sollte.“

Wie geht dein Hund mit unerwarteten Situationen um, die er nicht hören kann?
„Yuka ist im Allgemeinen ein sehr ruhiger Hund und eher schwer aus der Ruhe zu bringen. Am liebsten beobachtet sie alles. Seien es Hunde, Menschen oder Situationen. Dafür gebe ich ihr auch gerne Zeit. Grundsätzlich finde ich aber, dass Gehörlosigkeit super viele Vorteile hat. Denn in vielen Situationen, die hörende Hunde stressen, ist Yuka die Ruhe selbst. Alles, was mit Geräuschen zu tun hat, stört sie nicht. Silvester schläft Yuka entspannt durch und auch Gewitter machen ihr nichts aus, ich kann ohne Probleme staubsaugen, Yuka verbellt die Türklingel nicht und wenn wir an bellenden Hunden vorbeigehen, ignoriert Yuka das einfach. Ich finde das Leben mit Yuka super entspannt.“

„Yuka hat mir gezeigt, dass alles möglich ist und Hunde, die vielleicht speziell wirken, einfach besonders sind“

Wie hat die Taubheit deines Hundes eure Bindung beeinflusst?
„Ich musste viele Dinge neu denken wie zum Beispiel das Training mit dem Hund. Ich sehe die Dinge jetzt viel entspannter und wenn etwas nicht klappt, bin ich nicht mehr so frustriert, sondern motiviert, einen Weg zu finden, wie es doch klappt und ich liebe es, kleine Fortschritte zu feiern und anzuerkennen.

Außerdem hat mir Yuka gezeigt, dass alles möglich ist und auch Hunde, die vielleicht speziell wirken, einfach besonders sind und das Leben unglaublich bereichern. Ich denke, dass unsere Bindung auch sehr tief ist, da ich mit Yuka durch unsere Handzeichen sehr klar kommuniziere und sie immer weiß, woran sie ist und was ich von ihr möchte. Ich kenne Yuka sehr gut und weiß, dass ich mich auf sie verlassen kann.“

Hast du das Gefühl, dass dein Hund sich stärker auf visuelle Reize oder Gerüche verlässt?
„Yuka verlässt sich sehr auf ihren Sehsinn und ist auch sehr an visuellen Reizen interessiert. Natürlich nimmt sie auch Gerüche wahr, aber dieser Sinn ist bei Yuka nicht so dominant ausgeprägt. Außerdem nimmt sie viel über Vibrationen, Luftschwingungen sowie Licht und Schatten wahr.“

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„Viele Menschen denken, dass taube Hunde kein schönes Leben führen können“

Wie kam es eigentlich dazu, dass ihr beide Petfluencer geworden seid?
„Wir haben unsere Kanäle gestartet, um Menschen, die in der gleichen Situation sind wie wir damals, Unterstützung zu bieten. Und auch, um den Menschen zu zeigen, dass gehörlose Hunde genauso toll, liebevoll, spielfreudig und lernbegeistert sind wie ‚normale‘ Hunde. Ich hätte nie gedacht, dass sich einmal so viele Menschen für unser Zusammenleben und Yukas Gehörlosigkeit interessieren würden und freue mich umso mehr über die inspirierenden Nachrichten, die wir bekommen und wenn wir erfahren, dass ein gehörloser Hund durch uns die Chance auf ein liebevolles Zuhause bekommen hat.“

Welche Missverständnisse gibt es oft über taube Hunde?
„Leider immer noch sehr viele. Viele Menschen denken, dass taube Hunde kein schönes Leben führen können, keinen Spaß am Leben haben, nichts lernen können, schreckhaft sind und die Liste ließe sich noch lange fortsetzen. Es ist aber leider so, dass viele gehörlose Hunde von Anfang an keine Chance bekommen. Sobald man sich auf sie einstellt, sind sie ganz tolle Hunde, die bei allem dabei sein möchten und sich ihren einen fehlenden Sinn (fast) nicht anmerken lassen.“

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