30. April 2024, 17:36 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Das Recht zu demonstrieren ist tief im deutschen Grundgesetz verankert. Daher ist es allen möglich, für ihre Interessen auf die Straßen zu gehen – solange es dabei friedlich zugeht. Deshalb ist es – gerade in größeren Städten – kein seltener Anblick, Menschengruppen mit Bannern und Plakaten zu sehen. Dabei sieht man auch regelmäßig Hunde, die sich mit ihren Haltern an den Demos beteiligen. Doch ist das eigentlich erlaubt?
Denkt man an Demonstrationen, kommt wohl zunächst der 1. Mai in den Sinn. Doch wird traditionell in vielen deutschen Städten zu den verschiedensten Themen demonstriert – auch für den Tierschutz. Doch dürfen Hunde bei diesen Demonstrationen eigentlich anwesend sein? PETBOOK hat bei der Polizei und Experten nachgefragt.
Darf man Hunde mit zu Demonstrationen mitnehmen?
Besonders viele Demonstrierende werden traditionell am Tag der Arbeit in Berlin und Hamburg erwartet. Gerade dort kommt es bei verschiedensten Demonstrationen immer wieder zu Krawallen und Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei. So bereite man sich laut Medienberichten in der Hauptstadt mit über 5500 Polizisten sowie technischen Einheiten, mit Räumfahrzeugen, Wasserwerfern sowie einem Polizei-Hubschrauber nur auf den 1. Mai vor. Da verwundert es immer wieder, dass einige Menschen ihre Hunde zu solchen Demonstrationen mitnehmen.1,2
Doch darf man überhaupt Hunde mitnehmen? Der Artikel 8 des Grundgesetzes besagt: „Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.“3 Zudem könne dieses Recht für Versammlungen unter freiem Himmel durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes eingeschränkt werden. Allerdings werden hier Hunde – beziehungsweise Haustiere – nicht explizit erwähnt.4
Und auch bei der Polizei sorgt die Frage, ob man rechtlich seinen Vierbeiner mit zu Demonstrationen mitbringen darf, für Schulterzucken. Auf PETBOOK-Anfrage heißt es dazu von der Berliner Polizei, dass dies kein Thema sei, dem man nachgehe. Demnach scheint es hier also keine rechtliche Handhabe zu geben.
Expertin rät von Hunden auf Demonstrationen ganz klar ab
Doch nur weil man etwas machen kann, heißt es nicht, dass man es unbedingt machen sollte, sagt Hundetrainerin Katharina Marioth im Gespräch mit PETBOOK. „Wenn ich an die üblichen Demonstrationen in Berlin denke, dann sehe ich Menschenmassen, Flaggen, breite, sonnige und vor allem asphaltierte Straßen. Ich höre Knallkörper, Trillerpfeifen, Stimmen aus dem Megaphon und je nach Größe der Demonstration auch Polizeistimmen, Wasserwerfer, Sirenen, evtl. sogar Gegendemonstrationen und vieles mehr.“
Für jeden Hund – ausgenommen vielleicht von dafür ausgebildeten Tieren – könne dies nur ein furchtbares Erlebnis sein, ist sich die Expertin sicher. „Ich weiß nicht, was man einem Hund da auch nur ansatzweise Gutes tun könnte, wenn man ihn zu derlei Veranstaltungen mitschleppt.“
Galgomärsche sollen auf die Leiden der spanischen Jagdhunde aufmerksam machen
Und auch bei Demonstrationen, bei denen explizit Hunde und Menschen dabei sein sollen – wie beispielsweise den europaweiten Galgomärschen, müsse vorher abgewogen werden, ob der eigene Vierbeiner so viele Menschen und Hunde auf einmal nicht vielleicht als zu stressig empfinde. Auch wenn die Veranstalter sicher ihr Möglichstes tun, um den Tieren vor Ort die Demonstration so stressfrei wie möglich zu gestalten.
Bei den Galgomärschen soll auf die furchtbare Situation der Jagdhunde in Spanien aufmerksam gemacht werden. Denn zum 1. Februar endet in Spanien nicht nur die Jagdsaison, sondern für viele Hunde, die dort zur Jagd eingesetzt wurden, auch das Leben. So „entsorgen“ die Jäger dann zu diesem Zeitpunkt knallhart alle Hunde, die sie nicht mehr als jagdtauglich erachten. Und das meist auf sehr grausame Art und Weise.
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„Ich persönlich bringe meine Hunde nicht in derlei Situationen“
Um dagegen zu demonstrieren und den Hunden eine Stimme zu geben, gehen jährlich zahlreiche Menschen mit ihren Vierbeinern auf die Straße. So waren es Anfang des Jahres in Köln 2500 Menschen mit ihren 5000 Hunden im Namen des Tierschutzes unterwegs (PETBOOK berichtete).
Doch auf Großdemonstrationen mit tausenden von Menschen würde auch die Veranstalterin des Kölner Galgomarschs ihre Hunde nicht mitnehmen. „Vor allem nicht, wenn die Tiere nicht im Vordergrund stehen“, so Julia Reinhardt zu PETBOOK.
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„Ich würde mir wünschen, dass man seinen Hund lieber zu Hause lässt“
„Für Demonstrationen wie den Galgomarsch oder ähnliches ist es natürlich medienwirksamer, wenn viele Hunde auf den Bildern im TV und Presse zu sehen sind“, sagt Hundetrainerin Katharina Marioth. „Ich persönlich bringe meine Hunde nicht in derlei Situationen – egal für wie entspannt ich sie halte.“ Man könne zwar bei Menschenansammlungen sich selbst und den Hund kontrollieren, aber nicht die Umwelt. „Ich bin verantwortlich für das Wohl meiner Hunde. Da muss es reichen, dass man Gesicht zeigt – ohne Pfoten.“
Generell gehören für die bekannte Hundetrainerin in Menschenmassen immer Maulkorb, Wasser und eine doppelte Sicherung mit Halsband und Geschirr an den Hund. „Ich finde, das ist schon ein Gebot der Höflichkeit – auch für andere Menschen. Ich würde mir aber wünschen, dass man seinen Hund lieber zu Hause lässt“, so Katharina Marioth abschließend.