15. Dezember 2024, 16:08 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten
Mithilfe eines Soundboards können Hunde mit uns Menschen kommunizieren – und umgekehrt. Dabei hat jeder Knopf eine bestimmte Bedeutung. Doch wissen die Tiere wirklich, was gemeint ist, wenn wir auf Knöpfe wie „Futter“ oder „Gassi“ drücken? Ja, sagt eine neue Studie aus den USA, die untersucht, ob Hunde tatsächlich per Knopfdruck kommunizieren.
In den sozialen Medien sind Hunde, die über sogenannte Soundboards kommunizieren, keine Seltenheit. Der berühmteste unter ihnen ist wahrscheinlich Hündin Bunny aus den USA. Auf dem offiziellen Instagramkanal whataboutbunny verfolgen 1,5 Millionen User, wie der Sheepadoodle – ein Mix aus Old English Sheepdog und Pudel – Wörter und sogar ganze Sätze über eine Art Buzzer kommuniziert. Jeder Knopf hat seine eigene Bedeutung, wie „Futter“, „spielen“ oder auch „Ich liebe dich“.
Soundboards sollen Hunde zum Sprechen bringen
Bunny ist aber nicht der einzige Hund, der über ein Soundboard kommuniziert. Der Trend ist mittlerweile so groß, dass es die Knöpfe bereits im Onlinehandel gibt. Man kann sie beliebig mit Wörtern „bespielen“. Diese werden dann von einer künstlichen Stimme gesprochen, sobald der Hund mit der Pfote auf den Buzzer drückt.
Fortgeschrittene ordnen gleich mehrere Knöpfe so an, dass thematisch verwandte Begriffe nebeneinander liegen. So lassen sich ganze Sprachinseln kreieren, mit denen die Hunde nicht nur auf Fragen mit „Ja“ und „Nein“ antworten, sondern auch ganze Sätze bilden können.
Verstehen Hunde wirklich, was sie da tun?
In der Wissenschaft wird diese Art der Kommunikation auch als „Augmentative Interspecies Communication (AIC)“ bezeichnet. Übersetzt bedeutet dies „unterstützte zwischenartliche Kommunikation“. Man kennt dies etwa von Affen, die auf Bildkarten zeigen oder Symbole auf einem Monitor anwählen, um mit einem Menschen zu kommunizieren.
Hierbei stellt sich stets die Frage, ob die Tiere tatsächlich mit uns „sprechen“ oder einfach nur gut trainiert sind. Verstehen sie wirklich, was sie da tun? Was die Hunde mit den Soundboards angeht, sind Verhaltensbiologen und Hundetrainer skeptisch, denn oft interpretieren wir Menschen sehr viel in die „Sprache“ der Vierbeiner hinein. So wäre es durchaus denkbar, dass die Hunde die Buzzer einfach nur betätigen, weil sie dafür Aufmerksamkeit bekommen.
Studien liefern erste Hinweise für Kommunikation von Hunden per Soundboard
Bisher gab es in diesem Bereich recht wenig Forschung. Eine Studie des Comparative Cognition Lab der UC San Diego zeigt, dass Hunde, die darauf trainiert sind, Soundboards zum „Sprechen“ zu verwenden, in der Lage sind, Zwei-Wort-Tastenkombinationen zu bilden, die über zufälliges Verhalten oder einfache Nachahmung ihrer Besitzer hinausgehen. Dafür analysierten die Forscher Daten von 152 Hunden über einen Zeitraum von 21 Monaten und erfassten mehr als 260.000 Tastendrücke – 195.000 davon wurden von den Hunden selbst gemacht. Die Ergebnisse wurden am 9. Dezember im Fachmagazin „Scientific Reports“ veröffentlicht.
Das Team bestand aus Wissenschaftlern des Comparative Cognition Lab der University of California San Diego und der Johns Hopkins University. Sie stellten fest, dass die Hunde am häufigsten Knöpfe betätigten, die mit grundlegenden Bedürfnissen in Verbindung standen. Sie repräsentierten etwa Wörter wie „draußen“, „Leckerli“, „spielen“ und „Gassi“. Bemerkenswert ist, dass Kombinationen wie „draußen“ und „Gassi“ oder „Essen“ und „Wasser“ auf sinnvolle Weise von den Tieren verwendet wurden und häufiger auftraten als zufällig erwartet.
Hunde scheinen mit Soundboard spezifische Wünsche zu äußern
„Dies ist die erste wissenschaftliche Studie, die analysiert, wie Hunde tatsächlich Soundboards verwenden“, zitiert das Wissenschaftsmagazin „Phys.org“ Federico Rossano, außerordentlicher Professor für Kognitionswissenschaft an der UC San Diego und Direktor des Comparative Cognition Lab. „Die Ergebnisse zeigen, dass Hunde gezielt Knöpfe drücken, um ihre Wünsche und Bedürfnisse auszudrücken, und nicht nur ihre Besitzer imitieren. Wenn Hunde zwei Knöpfe kombinieren, sind diese Sequenzen nicht zufällig, sondern scheinen spezifische Wünsche widerzuspiegeln.“
Die Forscher verglichen auch die Knopfdrücke von Hunden mit denen ihrer Besitzer und fanden heraus, dass Hunde nicht einfach menschliches Verhalten nachahmten. Zum Beispiel wurden Knöpfe wie „Ich liebe dich“ viel seltener von Hunden gedrückt als von ihren Menschen.
Verstehen Hunde, die Bedeutung der Wörter?
Bereits zuvor hatte sich das Team von Federico Rossano mit der Kommunikation von Hunden via Soundboards beschäftigt und zunächst einmal die Frage gestellt: Verstehen Hunde überhaupt das Wort, was durch den Knopf „gesprochen“ wird? Dafür führten die Forscher zwei Experimente mit insgesamt 59 Hunden durch, beschränkten sich dabei aber auf drei Wortkategorien:
- „Draußen“ (out/outside)
- „Spielen/Spielzeug“ (play/toy)
- „Essen, Fressen, Abendessen, hungrig“ (food/eat/dinner/hungry)
Im ersten Experiment wurde die Bedeutung der Knöpfe durch Aufkleber verdeckt. Einer der Forscher betätigte die Knöpfe, ohne zu wissen, was sie „sagen“, und die Reaktion des Hundes wurde aufgezeichnet.
Beim zweiten Experiment handelte es sich um einen sogenannten „Citizen Science“-Ansatz. Dabei führen nicht Wissenschaftler die Experimente durch, sondern Personen, die nicht hauptberuflich in der entsprechenden Fachrichtung tätig sind. In dem Fall waren es Hundebesitzer, die zwar die gleichen Knöpfe im Soundboard hatten, aber zwischen dem Drücken eines der Knöpfe oder dem Sagen des Wortes selbst wechselten.
Hunde reagierten auf „Draußen“ und „Spiel“, aber nicht auf „Futter“
Die Ergebnisse wurden im August 2024 in der Fachzeitschrift „Plos One“ veröffentlicht. Sie zeigen, dass die Wahrscheinlichkeit, dass die Hunde spielbezogenes Verhalten zeigten, nach dem Drücken des Knopfes „Spiel-/Spielzeug“ etwa siebenmal höher war als bei den anderen Knöpfen. Ähnliches zeigten die Hunde auch für die Betätigung des Knopfes mit der Bedeutung Knopf „Draußen“.
Allerdings konnten die Forscher keinen Zusammenhang mit dem Verhalten der Vierbeiner und dem Knopf „Futter“ herstellen. Das überrascht auf den ersten Blick, denn normalerweise sind Hunde doch immer für einen Snack zu haben.
„Es ist möglich, dass dies der Fall war, weil mehrere der Hunde, die an der Studie teilnahmen, vor Beginn der Versuche satt waren, oder weil die Hunde nicht damit gerechnet hatten, dass ihnen eine Mahlzeit außerhalb ihrer üblichen Fütterungszeiten serviert werden würde“, schreiben die Forscher in der Diskussion ihrer Ergebnisse. So sei auch die Citizen-Science-Studie in der Regel während der Arbeitszeit durchgeführt worden, die sich in der Regel nicht mit den Mahlzeiten erwachsener Hunde überschneide, da diese in der Regel am frühen Morgen und/oder Abend gefüttert werden.
Hunde verstehen die Worte, die aus den Buzzern ertönen
Trotzdem zeige die Studie in zwei Fällen eindeutig, dass Hunde auf das Drücken von Knöpfen angemessen reagieren – egal, ob ihre Besitzer oder eine unbekannte Person dies tut. Das zweite Experiment konnte zudem belegen, dass Hunde auf die Tasten oder Wörter selbst achten und darauf reagieren. Denn theoretisch hätten die Besitzer ihren Tieren beim Drücken der Knöpfe auch unbeabsichtigte Hinweise geben können – in der Wissenschaft wird dies auch als „Schlauer-Hans-Effekt“ bezeichnet. Dank ihrer Experimente konnten die Forscher dies ausschließen und zeigen: Hunde verstehen die Worte, die aus den Buzzern ertönen, tatsächlich.
Das ist an sich keine große Überraschung. Man weiß schon lange, dass Hunde Begriffe und auch ihre eigenen Namen verstehen und einordnen können. Die Studie sei dennoch ein „notwendiger erster Schritt“, wie die Forscher erklären.
Studie bringt keine wirklich neuen Erkenntnisse?
Prof. Clive Wynne, der Direktor des Canine Science Collaboratory an der Arizona State University, kritisierte die Studie damals und bezeichnete diese in einem Artikel der britischen Tageszeitung „Guardian“ als sogenannten „Nothing Burger“. Dies ist im Englischen eine umgangssprachliche Umschreibung für ein unseriöses, substanzloses, ergebnisloses Projekt, das nicht hält, was es verspricht.
„Daran ist nichts Bemerkenswertes“, zitiert der „Guardian“ Prof. Wynne. Das Team habe lediglich die Reaktionen auf drei bekannte Wörter untersucht – und die Hunde waren nur bei zwei davon erfolgreich. Die Studie würde daher keine neuen Erkenntnisse darüber bringen, was Hunde verstehen, wenn bestimmte Wörter gesprochen werden.
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Grundstein für zukünftige Forschungen
Doch angesichts der Neuartigkeit dieses Ansatzes sei diese Untersuchung ein wichtiger Schritt gewesen, argumentierte das Forschungsteam. Bisher existierten nur wenige Daten über diese Form der zwischenartlichen Kommunikation. Zudem sei das Wissen über die Fähigkeit von Hunden, in diesem Zusammenhang Assoziationen zu erwerben, begrenzt. In ihrer ersten Studie war es den Forschern daher wichtig, zunächst einmal die Tatsache zu untersuchen, ob Hunde die Wortbedeutung verstehen, wenn Menschen auf dem Soundboard einen Knopf drücken.
Die Forschung lieferte dafür erstmals den wissenschaftlichen Beweis. Die aktuelle Studie zeigt jetzt, dass Hunde nicht nur verstehen, was die Knöpfe auf dem Soundboard bedeuten. Sie können mit diesen auch gezielt ihre Bedürfnisse ausdrücken. Doch das Team möchte noch weiter gehen. In zukünftigen Studien wollen die Forscher untersuchen, ob Hunde Soundboards verwenden können, um auf die Vergangenheit oder Zukunft hinzuweisen – etwa auf ein fehlendes Spielzeug.
Zudem soll untersucht werden, ob Hunde Knöpfe auch kreativ kombinieren können, um Konzepte zu vermitteln, für die ihnen bestimmte Wörter fehlen. „Wir wollen wissen, ob Hunde diese Soundboards nutzen können, um Ideen auszudrücken, die über ihre unmittelbaren Bedürfnisse hinausgehen, wie etwa abwesende Objekte, vergangene Erfahrungen oder zukünftige Ereignisse“, sagt Rossano. „Wenn sie dies könnten, würde es die Art und Weise, wie wir über die Intelligenz und Kommunikation von Tieren denken, drastisch verändern.“