4. Juni 2024, 18:03 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Hunde kommunizieren effektiv mit Artgenossen und ihren Haltern – allerdings scheinen ihre Gesichtsausdrücke nicht mehr so zu funktionieren wie bei Wölfen. Eine Studie zeigt, in welchen Bereichen wir unsere Tiere deswegen missverstehen könnten.
Viele Hundehalter gehen davon aus, dass sich ihre Tiere bereits sehr weit vom Wolf entfernt haben. Denn Hunde sind durch die gezielte Züchtung als familientauglich, sportlich aktiv oder bereit für die Jagd auf andere Tiere deklariert worden. Auch das Aussehen der modernen Hunderassen unterscheidet sie in vielen Merkmalen doch sehr von ihren wilden Vorfahren. Sogar so sehr, dass einige Hunde weniger Gesichtsausdrücke als Wölfe zeigen können, wie eine Studie belegt.
Videos zeigen, wie sich die Gesichtsausdrücke von Hunden und Wölfen unterscheiden
Ein Team von Wissenschaftlern rund um Erstautorin Elana Hobkirk von der Durham University in England hat die Gemütszustände von Hunden und Wölfen anhand von Videos einmal genauer angeschaut. Dazu verwendeten sie Aufnahmen von in Gefangenschaft lebenden Wölfen und domestizierten Hunden. Die Studie erschien im Fachmagazin „Scientific Reports“.
Bei Wölfen zeigten sich neun verschiedenen Gemütszustände, die sie auch mit ihrem Gesicht ausdrückten, darunter:
- Wut,
- Angst,
- Neugierde,
- Furcht,
- Freundlichkeit,
- Glück,
- Interesse,
- Freude
- und Überraschung.
Diese Gefühlsregungen konnten anhand der Mimik der Wölfe in vielen Fällen treffsicher bestimmt werden. Wut, Neugierde, Interesse und Überraschung ließen sich mit einer Treffsicherheit von 80 bis 94 Prozent bestimmen. Dafür nutzten die Forscher ein „System zur Kodierung von Gesichtshandlungen“, das bei Wölfen bereits gut erforscht und ausgearbeitet ist und auf Hunde übertragbar ist.
Etwas weniger treffsicher war das System bei der Differenzierung der übrigen Gemütszustände. Allerdings kann dies der Fall sein, da Anzeichen von Furcht und Angst, sowie von Freundlichkeit, Glück und Freude sehr nahe beieinander liegen und somit nicht so leicht zu unterscheiden sind.
Warum Hunde durch die Zucht Gesichtsausdrücke verloren
Auch Hunde drücken ihren Gemütszustand über Gesichtsausdrücke aus. Allerdings geben die Forscher an, dass einige Rassen in ihrer Kommunikation eingeschränkt seien. Unter anderem Rottweiler und andere Hunde mit herabhängenden Ohren könnten diese nicht so einsetzen, wie ihre wilden Verwandten es täten.
Beim Mops fanden die Forscher gleich mehrere Punkte, in denen die Tiere in ihrer Kommunikation eingeschränkt waren. Besonders durch ihre übermäßigen Gesichtsfalten, ihre kurze Kopfform und vorstehenden Augen wurden die Hunde doch sehr eingeschränkt. Zum anderen seien bei Rassen, die sehr langes Fell tragen, wie beispielsweise Ungarischen Hütehunden, sämtliche Gesichtsausdrücke hinter ihren Haaren verborgen. Auch herunterhängende Lefzen, wie bei verschiedenen Doggen, erschweren eine effektive Kommunikation mit der Schnauzpartie.
Die einschränkende Wirkung dieser Merkmale zeigte sich auch in der Untersuchung. Viele Hunde hatten Probleme damit, so effizient zu kommunizieren wie Wölfe. Durchschnittlich waren die erkennbaren Regungen deutlich niedriger, die einzelnen Werte erreichten manchmal keine 75 Prozent Treffsicherheit. Einige Gesichtsausdrücke der Hunde waren sogar weit weniger eindeutig bestimmten Gefühlen zuzuordnen.
Besorgniserregend war, dass bis zu 53 Prozent der Gesichtsausdrücke, die eigentlich aus Furcht oder plötzlicher Angst entstanden, fälschlicherweise als „freundlich“ ausgelegt wurden. Nur in sechs Prozent der Fälle ließ sich Angst zweifelsfrei erkennen, in allen anderen Fällen wurde der Gesichtsausdruck der Hunde positiven wie auch negativen anderen Emotionen zugeschrieben.
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Die Forscher gehen nach der Untersuchung davon aus, dass viele moderne Hunderassen nur noch eingeschränkt dazu in der Lage sind, alle ihre Emotionen allein durch Gesichtsausdrücke signalisieren zu können. Auf jeden Fall können sie es nicht mehr so gut wie Wölfe.
In der Studie zeigten sich zudem große Unterschiede zwischen der menschlichen Wahrnehmung und dem, was Hunde wirklich mit ihren Gesichtsausdrücken signalisieren wollen. Im Alltag könnte dies viele Probleme in der Verständigung bedeuten.
Allerdings fanden die Forscher auch, dass Hunde auch sehr viel untereinander und mit ihren Haltern über Laute kommunizieren. Ob sie dies tun, weil sie sich missverstanden fühlen und ihr Ausdruck so deutlicher wird, muss noch untersucht werden.1