
27. Oktober 2024, 15:51 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Bei der Auswahl des Hundefutters spielt nicht nur der Preis für viele eine entscheidende Rolle. Es soll auch gut verträglich und nachhaltig sein. Futtermittel, die aus Insekten bestehen, sollen genau diese Punkte erfüllen. Aber haben sie wirklich Vorteile gegenüber herkömmlichem Hundefutter mit Fleisch von Rind oder Huhn? PETBOOK sprach mit der Stiftung Warentest über Insekten-Hundefutter.
Ähnlich wie bei uns Menschen können Hunde mit Unverträglichkeiten auf bestimmte Lebensmittel reagieren und teilweise handfeste Futtermittelallergien entwickeln. In den letzten Jahren ist das Bewusstsein für Futtermittelunverträglichkeiten und Futterallergien gewachsen, weshalb auch immer mehr alternative Futtermittel auf den Markt drängen. Darunter auch diverses Hundefutter, das anstatt von Rind, Huhn oder Lamm aus Insekten hergestellt wurde.
Insektenprotein sei gerade für Hunde mit Allergieproblemen geeignet, so ein beliebtes Werbesprechen der Hersteller. Aber ist es wirklich besser verträglich als herkömmliche Futtermittel? Die „Stiftung Warentest“ hat sich Hundefutter mit Insektenprotein einmal genauer angesehen.1 PETBOOK sprach mit Charlotte Granobs, Projektleiterin für Lebensmittel- und Futtertests bei der Stiftung Warentest über mögliche Risiken und die Frage, inwiefern Insektenprotein tatsächlich antiallergen ist.
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»Insektenhundefutter kann mit einem Standard-Trockenfutter für Hunde gut mithalten
PETBOOK: Frau Granobs, die „Stiftung Warentest“ hat Hundefutter aus Insekten genauer unter die Lupe genommen. Wie schneidet dieses im Vergleich zu herkömmlichem Hundefutter hinsichtlich Nährstoffgehalt und Ausgewogenheit ab?
Charlotte Granobs: „Wir haben uns im Test sieben Trockenfutter und drei Nassfutter angeschaut, die jeweils Insektenprotein enthalten. Hierbei konnten die Trockenfutter tatsächlich mit so einem Standard-Trockenfutter für Hunde gut mithalten. Sechs von den sieben schnitten im Test mit ‚sehr gut‘ ab. Sie versorgen Hunde also von Vitamin A bis Zink mit allem, was diese so brauchen. Die drei Nassfutter haben nicht so gut abgeschnitten. Sie waren im Schnitt alle mangelhaft. Daher können wir diese nicht empfehlen.“
Konnten Sie im Insekten-Hundefutter Schadstoffe oder Verunreinigungen feststellen?
„Nein, das konnten wir tatsächlich nicht. Wir testen regelmäßig die Tierfutter auf Schadstoffe und die meisten sind eigentlich immer unbedenklich, und auch bei den insektenbasierten muss man sich keine Sorgen machen.“
Futter aus Insekten kann für Hunde mit Futterallergie eine Alternative sein
Wie sieht es mit der Verträglichkeit von Futter aus Insekten bei Hunden mit empfindlichen Mägen oder Nahrungsmittelunverträglichkeiten aus?
„Tatsächlich ist die Verträglichkeit – also, das, womit Insektenfutter ja beworben werden – recht gut. Hunde, die schon eine Allergie gegen andere tierische Proteine haben, beispielsweise gegen Rind, Schwein oder Huhn – das sind die Fleischsorten, die am meisten in Hundefutter verarbeitet werden – haben hier eine Alternative. Das liegt daran, dass die meisten Hunde davor noch nie Insektenprotein gegessen haben und es deswegen erst mal vertragen. Daher ist das für Hunde, die schon eine Allergie haben, tatsächlich eine gute Alternative.“
Gibt es denn Hinweise darauf, dass Insektenfutter Allergien bei Hunden auslösen könnte?
„Theoretisch kann jedes pflanzliche und tierische Protein Allergien auslösen, also auch die Proteine aus den Insekten. Das heißt, die Futter sind nicht hypoallergen – auch wenn viele das immer so bewerben. Das stimmt nicht. Aber allergisch reagieren kann man nur auf etwas, mit dem man schon mal in Berührung gekommen ist. Deswegen vertragen die Allergiker-Hunde das insektenbasierte Futter zumindest anfangs oft gut, weil sie die Insekten vorher noch nie gefressen haben. Es kann aber vorkommen, dass mein Hund irgendwann auch dagegen allergisch reagiert, wenn ich ihm regelmäßig dieses insektenbasierte Futter gebe.“
Ist Insekten-Hundefutter wirklich besser für die Umwelt als konventionelles?
Wie nachhaltig ist die Herstellung von Insekten-Hundefutter im Vergleich zu herkömmlichem Hundefutter?
„Das ist ziemlich schwer zu vergleichen. Es ist schon so, dass der CO₂-Fußabdruck von Insekten, laut Experten, deutlich kleiner ist, als der von Rind oder Geflügel. Aber das Problem ist, dass die Insekten, die in dieses Futter kommen, extra dafür gezüchtet werden – zusätzlich. Bei konventionellem Trockenfutter wird ganz viel verwendet, was bei der Lebensmittel- und Fleischproduktion für den Menschen ohnehin abfällt. Beispielsweise tierische Nebenprodukte. Dafür wird also nicht extra ein Tier geschlachtet – bei den Insekten dagegen schon. Deswegen gilt: Solange der aktuelle Fleischkonsum in Europa dermaßen hoch ist, kann man gar nicht sagen, ob die insektenbasierten Futter jetzt wirklich besser sind, weil es einfach so viele Schlachtnebenprodukte gibt.“
Wie sieht es mit der Herkunft und Zucht der Insekten für das Futter aus? Findet das unter kontrollierten und ethischen Bedingungen statt?
„Wir selbst konnten uns das leider nicht anschauen. Wir haben aber mit dem Deutschen Tierschutzbund gesprochen, als wir den Artikel zum Test veröffentlicht haben. Dieser steht Insekten im Hundefutter tatsächlich eher kritisch gegenüber, weil die Tiere extra für die Futtermittelproduktion gezüchtet werden müssen, während für konventionelles Hundefutter eben hauptsächlich die tierischen Nebenerzeugnisse verwendet werden. Da müssen eben keine Tiere extra dafür gezüchtet und geschlachtet werden.“
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„Die Eiweißversorgung in den meisten Insekten-Hundefuttern ist ziemlich gut“
Welche Insektenarten werden für die Herstellung des Futters verwendet?
„Das ist eine relativ kurze Antwort. Das war nämlich bei allen dieselbe: die Larven der schwarzen Soldatenfliege, Hermetia illucens. Sie scheinen offenbar eine ganz gute Eiweißquelle zu sein, weil die Eiweißversorgung in den meisten Futtern ziemlich gut war.“
Zu Langzeitergebnissen können sie nichts sagen, oder?
„Nein. Langzeitstudien haben wir dazu bisher nicht durchgeführt. Wir führen allgemein auch keine Tierversuche durch. Ich glaube, die Futter sind jetzt auch noch nicht lange genug auf dem Markt, als dass man da schon etwas sagen kann. Was wir aber sagen können, ist, dass es sich hier um Alleinfutter handelt. Das heißt, die Hersteller sind gesetzlich dazu verpflichtet, dass das Futter den Hund mit allem versorgt, was er braucht – auch wenn er sein Leben lang nur dieses eine Futter bekommt. Die Futter, die ernährungsphysiologisch mit ‚sehr gut‘ abgeschnitten haben, liefern das theoretisch – immer vorausgesetzt, die Qualität und der Inhalt bleiben tatsächlich immer der gleiche.“