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Keine Grenzen setzen?

Warum antiautoritäre Erziehung beim Hund gefährlich ist 

Antiautoritäre Erziehung beim Hund
Ob antiautoritäre Erziehung beim Hund zielführend sein kann, verrät PETBOOK-Autorin und Hundetrainerin Katharina Marioth.

20. Juni 2024, 6:12 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten

Geht es Ihnen auch so? Man schaut in den Dschungel der Trainingsmethoden und jede/r Trainer*in hat sein eigenes „Prinzip“, jeder Verband seine eigenen Methoden: R+, Positive only, da ist von „natürlicher Führerschaft“ die Rede, von antiautoritärer Erziehung und Wattebäuschenwerfern. 

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Antiautoritäre Erziehung stammt aus der Kinderziehung in den 60er/70er-Jahren und erlebt in gewissen Teilen gerade eine Renaissance und findet auch seinen Einzug beim Hund. „Die Erziehung soll von Zwängen und der Übermacht der Pädagogen möglichst befreit werden, damit sie der Entfaltung der Persönlichkeit des Kindes nicht im Wege steht.“1 Übertragen auf den Hund erlebe ich dieses „Prinzip“ häufig als „Aber ich möchte meinem Hund keine Regeln auferlegen“ und „Aber dann setze ich ja eine Grenze“ und einer völligen Verzweiflung der Menschen hinter dem Hund. Weil niemand mehr weiß: Was darf ich denn nun? Was ist richtig und wie wird mein Hund denn nun sozial kompetent und friedlich? 

Grenzen setzen ist wichtig

Muss ein Hund ‚Sitz‘ oder ‚Platz‘ können? Nein, er kann auch ohne das Signal oder Kommando „Sitz“ ein toller Hund und Begleiter sein. Genau: KANN! Und da liegt das heutige Problem: Wir wollen nett und höflich mit unserem Hund sein. Er soll sich unauffällig verhalten, super an der Leine laufen und den Rückruf sofort beachten und auf dem Spaziergang auch möglichst keinen Jogger, Radfahrer oder andere Hunde fressen.  

„Aber er rennt dem Radfahrer/dem Kaninchen nur hinterher – gebissen hat er noch nie“. Sie schmunzeln vielleicht: Das ist für Hundetrainer*innen gerade Alltag. Aber dieser Alltag ist nicht immer gut und schon gar nicht witzig. Dazu braucht es aber vielleicht auch mal ein „Nein“, ein Abbruchsignal und vielleicht auch mal eine Grenze. Der Unterschied scheint, dass wir mittlerweile über unsere Hunde viele Defizite ausleben: Sätze wie: „Der Hund soll frei sein“, „Ich will ihm keine Leine anlegen, das schränkt ihn ja ein“ und vieles mehr begegnen mir tagtäglich auf den Straßen. Fakt ist: Ich kann, ohne eklig zu werden, mit meinem Hund, dennoch klar in der Kommunikation sein. Dazu muss ich weder meinen Hund mit Wasser abspritzen, noch an einer dünnen Leine rucken. Ich trete schlicht auf. Und das meine ich nicht „füßlich“. 

Immer mehr Schäden durch antiautoritäre Erziehung?

Dieser Trend des „Nicht Einforderns“ kann hochgradig gefährlich werden – insbesondere in Ballungsräumen. „Laut dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) waren Hunde im Jahr 2019 für mehr als 97.000 Schäden verantwortlich. Die Schäden durch Hunde in Deutschland beliefen sich dabei auf eine Gesamtsumme von etwa 86 Millionen Euro.“2 und zu den 5 häufigsten Schäden zählten:  

  1. Bisse oder Kratzer, die zu Verletzungen von Menschen oder Tieren führen 
  1. Sachschäden, die durch den Hund verursacht werden, wie z.B. zerstörte Möbel oder beschädigte Kleidungsstücke 
  1. Verkehrsunfälle, bei denen der Hundehalter und sein Hund beteiligt sind und Schäden an Fahrzeugen oder Personen verursachen können 
  1. Schäden durch Herumlaufen und -springen des Hundes, wie z.B. kaputte Blumenkübel oder zerkratzte Böden 
  1. Schäden durch den Hundehalter selbst, wie z.B. wenn der Hund entkommt und einen Schaden verursacht, während der Hundehalter ihn nicht kontrollieren konnte. 

Antiautoritäre Erziehung beim Hund kann demnach auch für andere Menschen – zum Beispiel im Verkehr – gefährlich werden. Legen Sie also Wert auf konsequentes Training. Dies muss und sollte unbedingt gewaltfrei vonstattengehen. Wenn Sie zum Beispiel mit Gießkannen nach Ihrem Hund werfen sollen oder anderen Dingen, nehmen Sie dies schlicht als Zeichen absoluter Inkompetenz des gewählten Trainers.   

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Leistungen fordern und belohnen

Lassen Sie Ihren Hund wieder für etwas arbeiten: für seine Belohnung oder auch für seine Spieleinheit als Belohnung mit Ihnen. Dies bedeutet nicht automatisch Entzug dessen. Sondern verlangen Sie Ihrem Hund wieder etwas ab und probieren Sie etwas selbst aus: Nehmen Sie ein tolles Leckerli oder ein tolles Spielzeug. Zeigen Sie es ihrem Hund ohne es ihm zu geben und jetzt fragen Sie Ihren Hund: „Kannst du etwas?“. Die meisten Hunde zeigen als Erstes ein Sitz. Dann fragen Sie ihn weiter: „Kannst du noch mehr?“. Und sehen Sie genau hin, wie Ihr Hund zeigt, dass er mehr kann und dass er mehr anbieten will.

Diese Fähigkeit nutzen Sie bitte auch draußen – also seien Sie klar und freundlich. Denn auch der Weg zur Spielwiese mit den besten Hundefreunden kann als Belohnung eingesetzt werden: Wenn Ihr Hund vorher etwas leisten darf. Ein respektvoller Umgang miteinander verlangt gesunden Respekt und verlangt Regeln. Gelangweilte und schlecht geführte Hunde sind gefährliche Hunde.  

Quellen

  1. wikipedia.de, „Antiautoritäre Erziehung“ (aufgerufen am 20.06.2024) ↩︎
  2. die-hundehaftpflicht.de, „Häufigst gemeldete Schäden durch Hunde mit Hundehaftpflicht“ (aufgerufen am 20.06.2024) ↩︎
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