28. Dezember 2023, 14:04 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Wusch! Knall! Blitz! Und weg ist das Tier. Die Böller-Angst von vielen Hunden wird von manchen Besitzern einfach hingenommen. Dabei kann – wenn man rechtzeitig beginnt– den Tieren helfen. Eine Hundetrainerin verrät, wie.
Böller-Angst beim Hund muss nicht sein: Wer sein Tier geschickt an Geräusche gewöhnt und ihm diese gleichzeitig auch noch schmackhaft macht, der hat gute Chancen, seinem Hund dessen Angst vor der Silvesterknallerei zu nehmen. Idealerweise geschieht dies bereits im Welpenalter. Aber auch erwachsene Hunde, die vielleicht noch unerschrocken sind, sollten trainiert werden. Denn: Die Böller-Angst entwickelt sich oft erst im Laufe des Lebens bei einem Hund. Denn hat er einmal Angst, ist die Sache deutlich schwieriger – aber auch nicht aussichtslos. Verhaltensbiologin und Hundetrainerin Marie Nitzschner erklärt, was Hundebsitzer bereits vor Silvester trainieren sollten.
Schritt 1: Knister, Plopp – und Futter
„Böllerangst ist eine Form der Geräuschangst“, erklärt Nitzschner. Der Hund sollte deshalb erst mal lernen, dass ungewohnte und laute Geräusche nicht furchteinflößend sind.
Wie das geht? Das Prinzip ist simpel: „Wir gewöhnen den Hund nach und nach an Geräusche und gestalten das besonders angenehm, zum Beispiel durch Futter“, so die Verhaltensbiologin.
Konkret kann das so aussehen: Der Hund bekommt eine Schleckmatte mit Leberwurst. Während er konzentriert die Wurst von der Matte frisst, wird Luftpolsterfolie zerdrückt. Sucht der Hund Kontakt zu seiner Bezugsperson oder ist irritiert, darf und sollte die Person aufmunternd und freudig reagieren.
Das Ziel der Übung
Der Hund soll das Geräusch mit einer positiven Erfahrung verknüpfen. Wichtig für diesen Schritt: Kein Mitleid zeigen. Das verunsichert den Hund. Zeit für den nächsten Trainingsschritt ist es dann, wenn der Hund sichtlich keine Angst (mehr) hat und den Besitzer erwartungsvoll ansieht.
Hinweis: Wer einen sehr unerschrockenen Hund hat, kann die Knisterfolie überspringen und gleich mit dem zweiten Schritt beginnen.
Schritt 2: Intensität steigern
Jetzt wird die Intensität der Geräusche und die Geräuschart schrittweise ausgebaut. Dafür bieten sich zum Beispiel ein klappernder Kochlöffel oder ein auf den Teppich fallender Schlüssel an. Klappt das gut, kommt das Geräusch näher und wird damit auch lauter.
Auch interessant: 70 Prozent sind für ein Böllerverbot in Deutschland, um Haustiere zu schützen
Schritt 3: Geräusch möglichst realistisch trainieren
Kennt der Hund das Prinzip und ist inzwischen beim Training stets entspannt, ist es Zeit für noch mehr Krawall: Scheppern Sie etwa mit Topfdeckeln oder lassen Sie einen Schlüsselbund auf den Boden fallen – dies darf auch gern auf Laminat oder Fliesen geschehen.
Gleichzeitig kann mit dem Training von wirklichen Böllergeräuschen begonnen werden. Nitzschner rät, erstmal Tonaufnahmen oder Videos abzuspielen. Zunächst leise. Wenn der Hund davon nicht (mehr) gestört ist, lauter. „Das kann auch zum Ritual werden“, rät sie. So kann das tägliche Fressen ab sofort zum Beispiel von einem Böllerkonzert begleitet werden. Oder wenn der Hund eher spiel-motiviert ist, helfen Feuerwerksgeräusche beim Spiel gegen Böller-Angst.
Oft wird vor dem Jahreswechsel schon vereinzelt geböllert. Auch das kann ins Training eingebaut werden. Es lohnt sich während des Spaziergangs auf einen Böller in weiter Ferne freudig zu reagieren – und dem Hund ein Leckerli zuzuschieben.
Vorsicht: Den Hund aus Sicherheitsgründen an den Tagen vor Silvester immer angeleint lassen. Es kommt trotzdem immer wieder vor, dass Tiere in Panik geraten und flüchten. Stellen Sie außerdem sicher, dass der Hund den Böllern nicht zu nah ausgesetzt ist.
Wie oft sollte trainiert werden?
„Trainieren Sie ruhig täglich zehn Minuten“, rät die Expertin. „Bauen Sie das Training einfach in den Alltag mit ein. Lassen Sie nebenbei einen Topf scheppern, eine Tür knallen oder eine Tonaufnahme laufen.“ Wichtig: nicht übertreiben. Der Hund sollte stets neugierig und motiviert mitmachen. Am besten ist es, das Training zu beenden, ehe er Angstreaktionen zeigt.
Böller-Angst-Training beim Hund klappt nicht – und nun?
Im Tiertraining lohnt es sich immer, einen Schritt zurückzugehen, wenn etwas nicht klappt. Hat der Hund trotz der beschriebenen Trainingsschritte noch Angst, lohnt es sich, die Situation genau zu beobachten. Einige Hunde haben nur vor dem Zischen der Raketen Angst, andere eher vor dem Knallen, wieder andere erschrecken die Blitze.
Wer weiß, was genau davon den Hund erschreckt, kann noch einmal versuchen, diese Bestandteile einzeln zu trainieren, zum Beispiel verschiedene Zischgeräusche.
Panikreaktion Wie Sie Ihrem Hund bei Angst vor Silvesterlärm helfen
Panik und Stress Darum gehen in der Silvesternacht Hunderte Haustiere verloren
Ängstliche Haustiere Tipps, wie Hund und Katze Silvester gut überstehen
Training gegen Böller-Angst hilft oft – aber nicht immer
Silvesterfeuerwerk lässt sich trotz aller Trainings nur schwer nachstellen. Außerdem sitzt die Angst bei einigen Hunden oft sehr tief. Bei manchen hilft das Training deshalb tatsächlich nicht. Weitere Tipps für den Fall, dass der Hund an Silvester besonders ängstlich ist, finden Sie in diesem Artikel: Wie Sie Ihrem Hund bei Angst vor Silvesterlärm helfen.
Nitzschner rät: „In solchen Fällen rate ich den Besitzern, sich mit ihrem Tierarzt zu besprechen. Der kann eine Medikation ansetzen, mit dem das Tier den Abend besser übersteht.“
Mit Material der dpa