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PETBOOK-Interview

Filmtier-Trainerin: »Jeder Hund kann ein Filmhund werden

Filmhund
Aurelia Hornung betreibt eine eigene Filmtieragentur und Filmtierexpertin Iris Hussong trainiert Hunde für ihren großen TV-Auftritt als Filmhund. Foto: PETBOOK / Manuela Lieflaender
Porträtaufnahme von Autorin Manuela Lieflaender mit Hund Elvis
Freie Autorin

23. Mai 2024, 11:07 Uhr | Lesezeit: 10 Minuten

Schauen Sie auch so gerne Filme, in denen Hunde die tierische Hauptrolle spielen und fragen sich dann: „Ob meiner das wohl auch könnte“? PETBOOK-Autorin Manuela Liefländer wollte wissen, was ein Filmhund alles mitbringen muss und traf sich mit den Filmtier-Trainerinnen Aurelia Hornung und Iris Hussong zum Interview.

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Wer Hunde hat, schaut auch gerne Filme, bei denen die tierischen Stars die Hauptrolle spielen. Dabei fragt man sich oft: „Ob mein Hund das wohl auch könnte?“ PETBOOK-Autorin Manuela Lieflaender ist dieser Frage mit ihrem Australian Shepherd-Rüden Elvis nachgegangen. Durch TV-Moderator und Hundetrainer Jochen Bendel kam sie in Kontakt mit Aurelia Hornung, die mit ihrer Agentur „Aurelias Filmtiere“ schon zahlreiche TV-Produktionen wie „Tatort“ tierisch begleiten durfte. Gemeinsam mit Filmtierexpertin Iris Hussong von der Doggywood Filmtieragentur verraten die Trainer im Interview, was ein Filmhund (und seine Menschen) alles mitbringen müssen. 

„Filmhundetraining mache ich hauptsächlich, weil ich Spaß daran habe“

PETBOOK: Aurelia und Iris, wie kommt man eigentlich darauf, Filmtier-Trainerin zu werden? 
Iris Hussong: „Es wurde damals ein Casting für Aurelia’s Agentur gemacht. Das war für die Serie ‚Danni Lowinski‘ mit Annette Frier. Die Wahl ist dann auf Paul gefallen, einer französischen Bulldogge von Freunden, die ich trainiert habe. Und unserer Hündin Fine. Wir haben die komplette zweite Staffel von ‚Danni Lowinkski‘ zusammen gedreht. Das hat mir so viel Spaß gemacht. Ich wollte immer gerne mit Tieren arbeiten, habe selbst ein kleines Hunderudel und mich nebenberuflich mit der Filmtieragentur selbstständig gemacht.“  

Warum nur nebenberuflich?
Iris: „Ich bin so ein Sicherheitsmensch. Ungewissheit in Jobzusagen lassen mich nicht gut schlafen. Daher habe ich die nebenberufliche Variante gewählt. Wer viele Tiere hat, muss Rechnungen und Tierarztkosten bezahlen können. Da ist mir ein regelmäßiges Gehalt wichtig. Filmhundetraining mache ich hauptsächlich, weil ich Spaß daran habe. Bei Aurelia ist das anders. Sie macht es hauptberuflich, hat viele große Produktionen und ist fast täglich unterwegs.“

Dann bin ich jetzt gespannt, zu erfahren, wie alles bei dir angefangen hat, Aurelia.
Aurelia Hornung: „Also angefangen hat es vor 35 Jahren. Da wurde ich angefragt von einer Agentur, die ich inzwischen selbst besitze. Die haben damals für Deichmann einen Welpen für ein Fotoshooting mit Kindern gesucht. Ich züchte Doodle und meine Welpen passten in das Anforderungsprofil. Also bin ich mit drei Doodles zum Set gefahren.“

Was passierte dann?
Aurelia: „Es war schwierig. Denn die Kinder, mit denen gedreht wurde, hatten keine Beziehung zu Hunden. Am Ende hat’s aber geklappt. Dann habe ich der Agentur gesagt, dass ich gerne weitermachen würde, sehr ländlich wohne und Zugriff auf viele Tiere habe. Zwei Jahre lang habe ich immer wieder für diese Agentur gearbeitet. Als sie aufgeben wollten, habe ich die Agentur gekauft. Als alleinerziehende Mutter war das kein einfacher Weg, aber ich wollte ihn unbedingt gehen.“ 

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„Reich wird man damit nicht“

Was sind die Voraussetzungen, eine Filmtieragentur zu führen?
Aurelia: „Man muss das mit viel Spaß, Idealismus und Liebe zum Tier machen. Reich wird man damit nicht. Man kann auch nicht mal eben eine Filmtieragentur aufmachen, sondern benötigt bestimmte Genehmigungen.“

Also ähnlich wie beim Hundetrainer?
Aurelia: „Ja, so ähnlich. Man muss den sogenannten Paragrafen 11 haben. In dem Fall geht es um das gewerbliche Zurschaustellen von Tieren. Dafür muss man Seminare vorweisen und sich weiter fortbilden. Das wird jeweils vom Veterinäramt überprüft.“

Wie ergänzt ihr euch? Trainiert Iris deine Filmhunde?
Aurelia: „Ja, ich habe selbst relativ wenig Zeit und bin dankbar für trainierte Hunde. Wir ergänzen uns als Kolleginnen gut. Davon profitieren beide Seiten.“ 

»Der Hund sollte wesensfest sein

Viele Menschen denken, das ihr Hund das Zeug zum Filmhund hat…
Aurelia: „Ja, viele überschätzen ihre Hunde.“

Welche Fragen stellt ihr Interessenten?
Aurelia: „Wir fragen ab, was die Hunde können und wie sie sich im sozialen Umfeld verhalten. Haben sie vor etwas Angst – vor Menschen oder vor Geräuschen? Dann wird’s schwierig. Für Dreharbeiten sollte der Hund wesensfest sein, weil es dort wie auf der Kirmes zugeht. Das sind kleine Räumlichkeiten mit vielen Menschen und Requisiten. Das muss er aushalten können, ohne damit Stress zu haben.“
Iris: „Wenn man den Hund dann kennenlernt, kristallisiert sich schnell raus, wie die Einschätzung der Besitzer zu ihrem Hund ist. Wir hatten auch schon einige Tiere dabei, die alle Kriterien erfüllt haben, aber relativ schreckhaft bei Situationsveränderungen waren. Dem Hund hätte ich nicht mal ein Fotoshooting zugemutet.“

Der Hund muss also relativ angstfrei sein?
Iris: „Wir haben privat Hunde aufgenommen, die ängstlich waren. Einer davon ist von einer Tötungsstation. Der war tatsächlich mit Menschen damals etwas schwierig. Der andere Hund kam aus dem Tierheim und war auch nicht nett zu anderen Menschen und Hunden. Er war auch unsicher. Wir haben sofort angefangen daran zu arbeiten, damit sie sicher durchs Leben gehen. Wenn man unsichere Hunde hat, muss man am Ball bleiben. Das ist wie bei uns: Wenn wir vor irgendwas Angst haben, müssen wir uns damit konfrontieren, damit es besser wird. Auch aus ängstlichen Hunden können Filmhunde werden. Aber natürlich nicht aus allen! Das hängt mit dem Grad des Traumas ab und ist von Tier zu Tier unterschiedlich.“ 

Fast jeder Hund kann ein Filmhund werden

Das heißt, mit dem richtigen Training kann jeder Hund ein Filmhund werden?
Aurelia: „Ja. Fast jeder. Teilweise bedarf es noch sehr viel Training, damit sie mit Fremden arbeiten können.“
Iris: „Es gibt dann auch Ausnahmen. Ich habe eine Hündin zu Hause, die über drei Jahre auf der Straße gelebt hat. Beim Spaziergang ist sie inzwischen relativ cool, aber am Set mit vielen fremden Menschen wird sie das nie sein. Aber bei vielen Hunden kann man durch Training das Eis brechen.“

Gibt es auch das Gegenteil?
Iris: „Ja. Das sind Hunde, die sehr distanzlos sind, zu Übersprungshandlungen neigen und einfach nicht zur Ruhe kommen.“

Was sollte der Hund sonst noch können?
Aurelia: „Es ist schwierig, wenn Hunde so auf ihren Besitzer fixiert sind, dass sie gar nicht von ihm entfernen wollen. Der Vierbeiner muss bereit sein, mit fremden Personen mitzugehen – also das, was man eigentlich nicht will. Aber das muss dann trainiert werden. Außerdem sollte er an eine Tonangel gewöhnt werden. Das kann man mit einem Besenstiel üben, der von oben kommt. Der Hund soll lernen, was von oben kommt, interessiert mich nicht. In der Stadt, also unter Ablenkung zu üben, ist ebenfalls wichtig. Zudem sollte der Hund nicht geräuschempfindlich sein.“

Ihr habt die Wesensfestigkeit angesprochen. Scheiden Hunde unter zwölf Monaten damit per se aus?
Iris: „Nein, ich fange schon sehr früh an, mit den Welpen zu arbeiten. Erst mal kommt die Gewöhnung an die Umweltreize, aber viele Jungtiere bieten auch andere Dinge an. Bevor unser Hund Sitz konnte, konnte er Niesen auf Kommando. Mit elf Wochen hat er das Niesen immer wieder angeboten. Das habe ich bestätigt und wenig später konnte er das auf Kommando. “
Aurelia: „Ab zehn Wochen ist es schon möglich, mit einem Welpen zu arbeiten. Es werden durchaus Welpen für Filme angefragt. Dass sie sich dann nur kurz konzentrieren können, das ist klar.“

„Schreien und schlagen akzeptieren wir nicht“

Über welchen Charakter verfügt der ideale Filmhund?
Aurelia: „Er sollte offen sein und mit fremden Menschen mitgehen. Am besten ist es, wenn er es gewohnt ist, mit Menschen zu arbeiten. Vielleicht sogar als Schulhund oder Besuchshund eingesetzt wird.“ 

Was zählt sonst noch?
Aurelia: „Es ist wichtig, dass der Hund mit Freude arbeitet. Das ist natürlich auch abhängig vom anderen Ende der Leine. Für uns ist es ein Ausschlusskriterium, wenn Menschen nicht lieb mit ihren Hunden umgehen. Denn für uns ist das eine Grundvoraussetzung. Schreien und schlagen akzeptieren wir nicht. Viele Leute sind zu ehrgeizig im Training, die muss man stoppen.“

Was passiert, wenn der Ehrgeiz zu groß ist?
Aurelia: „Bei Hundehaltern, die wenig oder gar keine Erfahrungen am Set haben, ist es wichtig, dass ein Trainer dabei ist. Sonst sind Hundehalter und Hund zu gestresst. Das überträgt sich vom Mensch auf das Tier.“

Wenn jemand mit seinem Hund eine Filmhundkarriere einschlagen möchte, wie sollte er dann anfangen? Muss er an einem Casting teilnehmen?
Aurelia: „Ja, das ist der normale Weg. So können viel eher Mensch und Hund als Team einschätzen.“

„Manche kommen zu uns und sagen: ‚Mein Hund kann nur Sitz und Platz.‘“

Wie qualifiziert man sich bei dir bzw. wie entscheidest du, ob der Hund Potenzial hat?
Aurelia: „Am Ende entscheidet der Auftraggeber. Manchmal wird zum Beispiel nach Australian Shepherds gefragt. Dann schickt man dem Auftraggeber Videos von Australian Shepherds in verschiedenen Fellfarben und am Ende wird’s doch ein Golden Retriever. Oder aber eine andere Agentur bekommt den Job. Da steckt man nicht drin.“ 

Veranstaltest du die Castings immer für einen bestimmten Auftraggeber oder für dich selbst?
Aurelia: „Das ist unterschiedlich. Manchmal ist das Casting für den Auftraggeber. Es kommt aber auch vor, dass ich damit meine Kartei erweitern möchte, um neue Tiere zu finden.“

Was müssen Interessenten wissen, wenn sie ihren Hund zum Filmhund machen möchten? 
Aurelia: „Sie müssen flexibel und mobil sein. Unser Hauptarbeitsgebiet ist zum Beispiel Köln. Gelegentlich drehen wir auch in Frankfurt, Stuttgart oder Münster. Die Interessenten müssen gewillt sein, diese Wege in Kauf zu nehmen und sich für diese Zeit auf der Arbeit freinehmen zu können.“

Muss der Hund vorab gar keine Tricks können?
Iris: „Nicht immer. Manche kommen zu uns und sagen: ‚Mein Hund kann nur Sitz und Platz.‘  Dann sagen wir, das ist gut. Das können viele gar nicht. Den Rest kann man erarbeiten.“

Nur ‚Sitz‘  und ‚Platz‘ ? Jetzt verwirrst du mich. 
Iris: „Die meisten Hunde stehen immer wieder auf. Das ist für einen Hund schwierig, sitzen 
zu bleiben. Bei Dreharbeiten wird von allen Seiten gedreht. Einmal von vorn, dann von links, von rechts, von hinten. Da muss der Hund eine ganze Weile einfach sitzen bleiben. Das fällt den meisten Hunden schwer. Sie wollen sich hinlegen oder stehen auf.“ 
Aurelia: „Deswegen ist es wichtig, dass der Hund während der Umbaupausen aus der Situation wieder herausgenommen wird und seine Position verändern kann. Die natürliche Haltung des Hundes ist das Liegen.“ 

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„Ich kann einem Schauspieler am Set nicht sagen: ‚Steck´ dir mal die fettige Fleischwurst in die Tasche‘“

Ich nehme an, dass beim Training ganz viele Leckerlis zum Einsatz kommen oder ist das eher kontraproduktiv? 
Aurelia: „Ich bin nicht unbedingt ein Freund von Leckerchen. Wenn ich dem Hund zehnmal für ‚Sitz‘ einen Keks gebe, wird er den in Zukunft verlangen. Ansonsten wird er sich überlegen, ob er die Übung weiterhin zuverlässig ausführt. Natürlich muss ein Hund belohnt werden, aber das geht auch mit der Stimme oder einem Spielzeug. Ich kann einem Schauspieler am Set nicht sagen: ‚Steck´ dir mal die fettige Fleischwurst in die Tasche.‘ Es muss reichen, wenn das zum Beispiel nur angedeutet wird, dass er da ein Leckerchen hat.“
Iris: „Zum Aufbau der Kommandos sollte man schon Leckerchen oder das Lieblingsspielzeug des Hundes als Bestätigung nehmen. Nur die meisten vergessen es wieder abzubauen bzw. zu reduzieren und stopfen für jede kleine Bewegung einen Keks in die Hundeschnute. “

Wie erfahren Interessenten, wann und wo die nächsten Castings stattfinden?
Aurelia: „Auf meiner Insta-Seite findet man aktuelle Termine.“

Kann man zu dem Casting einfach so hinkommen?
Aurelia: „Nein. Eine vorherige Anmeldung ist schon wichtig, damit wir entsprechend planen können.“

Was verdient ein Filmhund?
Iris: „Über Geld spricht man bekanntlich nicht. Nein, es kommt immer auf die Produktionen an.“  

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