3. Juli 2023, 5:29 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten
Ein Grollen am Himmel, schon verzieht sich Ihr Hund zitternd unter das Sofa? Viele Hunde haben Angst vor Gewitter und reagieren mit einem ängstlichen oder sogar panischen Verhalten, das sich als Fiepen, Bellen und Zittern äußert. Das ist nicht nur für Ihren Hund belastend – auch als Halter machen einem Blitz und Donner zu schaffen. PETBOOK verrät, weshalb so viele Hunde an Angst vor Gewitter haben und was Sie als Halter dagegen unternehmen können.
Wenn sich am Himmel ein Gewitter ankündigt, reagieren viele Hunde gestresst: da wird gefiept, gejault, gebellt und sich versteckt. Manche Hunde rasten regelrecht aus und versuchen dem Gewitter zu entkommen. Was all diese Reaktionen gemeinsam haben? Sie zeigen an, dass Ihr Tier hochgradig gestresst ist. Viele Hunde verspüren bei Gewitter Stress und Unruhe, die sich in Verhaltensauffälligkeiten äußern. Das ist nicht nur für Ihren Hund anstrengend; auch für Sie als Halter kann Gewitter so zu einer echten Herausforderung werden. Vielen Hundehaltern zerreißt es das Herz, Ihren Vierbeiner so verängstigt zu erleben. Wie lässt sich Ihr Hund nur beruhigen?
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Inhaltsverzeichnis
Warum haben Hunde Angst vor Gewitter?
Um Ihrem Hund helfen zu können, hilft es, zunächst einmal zu verstehen, warum er überhaupt so gestresst auf Gewitter reagiert. Hunde sind sensibel für ihre Umwelt: Gewitter führen zu einem veränderten Luftdruck und zu einer elektrostatischen Aufladung. Diese sind es, die Ihrem Vierbeiner weitaus mehr zu schaffen machen, als nur die lauten Geräusche am Himmel. Besonders den Druckabfall nehmen Hunde schon vor Ausbruch des Unwetters wahr und reagieren darauf beunruhigt. Kommen dann noch Geräusche durch Donner oder stürmische Böen hinzu, reagiert Ihr Vierbeiner mit Angst. Hunde sind nicht nur sensibel, sondern verfügen auch über ein viel besser ausgeprägtes Gehör als wir Menschen. Bevor bei uns das erste Donnergrollen ankommt, hat Ihr Hund die Geräusche schon in weiter Ferne wahrgenommen und gerät in Stress.
Möglicherweise reagieren Hunde auch aufgrund der Beschaffenheit ihres Fells mit Angst auf Gewitter. Das Hundefell kann sich – besonders bei großen Hunden und Hunden mit viel Unterwolle – elektrostatisch aufladen. Das Gefühl kennen wir Menschen, wenn wir mit aufgeladener Kleidung in ein Auto oder auf eine Rolltreppe steigen und dabei einen Schlag bekommen. Unangenehm! Auch bei Hunden besteht die Gefahr, dass sich die elektrostatische Ladung entlädt, wenn sie mit ihrer Schnauze gegen Metall stoßen. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass sich die Angst vor Gewitter so noch vergrößern dürfte. Ob Hunde bei Gewitter tatsächlich einen Schlag erhalten und deshalb so ängstlich auf Unwetter regieren, wurde bisher nicht ausreichend erforscht, um hier wirkliche Schlüsse ziehen zu können.
Leidet jeder Hund unter Angst vor Gewitter?
Einige Hunde sind besonders empfindlich bei Gewitter, andere hingegen zeigen sich gänzlich unbeeindruckt. Wie so häufig, ist es im Umgang mit Gewittern entscheidend, welche Erfahrungen Ihr Hund mit Gewittern gemacht hat. Je weniger beeindruckt Sie sich von dem Unwetter zeigen, desto souveräner wird auch Ihr Vierbeiner reagieren.
Ihr Hund hat Angst vor Gewitter? Das können Sie tun
Desensibilisierung im Welpenalter
Haben Sie Ihren Hund von klein auf, stehen die Chancen gut, dass er gar nicht erst eine allzu große Angst vor Gewittern entwickelt. Am besten, Sie starten schon früh damit, ihn an laute Geräusche zu gewöhnen. Dabei können Geräusche-Apps hilfreich sein, die ein Donnergrollen imitieren. Spielen Sie diese im Beisein Ihres Welpen ab und verhalten Sie sich dabei ganz normal. Ihr Welpe wird so lernen, dass er wegen der Gewittergeräusche nicht beunruhigt sein muss.
Desensibilisierung durch Hundetraining
Ihr Hund muss aber nicht zwangsläufig ein Welpe sein, damit Sie mit ihm trainieren können. Auch wenn Ihr Hund erwachsen ist, können Sie einiges tun, um ihn zu beruhigen, wie Hundetrainer André Henkelmann von deine-hundeschule.de verrät, kann man auch erwachsene Hunde desensibilisieren. „Bei einer Desensibilisierung kann man auf Youtube ein Gewitter abspielen; je nach Klang über die Box oder am Laptop. Anfangs wird das Geräusch nur leise abgespielt. Mit der Zeit kann man dann immer lauter werden. Ziel sollte sein, dass sich der Hund stets wohl mit der Geräuschkulisse fühlt – er sollte auf keinen Fall Angst haben. Parallel dazu gibt man dem Hund etwas, das er richtig toll findet. Man kann das Geräusch zum Beispiel zur Fütterungszeit abspielen. Man kann auch noch so unterstützende Dinge machen, wie dem Hund ein „Thundershhirt“ zu kaufen. Das sind so kleine Mäntelchen, die beruhigend wirken.“
Grundsätzlich kann man den Hund so beruhigen, wie man auch Silvester vorgeht, sagt Hundetrainer André. Dazu zählen die folgenden Tipps:
Ruhig bleiben
Hunde gucken immer nach ihrem Rudel. Bei Unsicherheiten und wenn Sie ängstlich wirken, orientiert sich Ihr Hund an Ihnen. Wenn Sie also wollen, dass Ihr Hund gelassen bleibt, sollten Sie selbst so ruhig wie möglich bleiben. Versuchen Sie, Ruhe und Souveränität auszustrahlen. Ihr Hund soll das Gefühl haben: „Alles ist ganz normal“.
Nicht allein lassen
Wenn sich ein Gewitter ankündigt, sollten Sie Ihren Hund unter keinen Umständen allein lassen. Ohne ihr Rudel reagieren Hunde noch ängstlicher. Bleiben Sie lieber als moralische Unterstützung bei ihm.
Rückzugsort anbieten
Hunde suchen sich bei Angst einen Ort, der sie schützt und an dem sie sich sicher fühlen. Im besten Fall ist es dort leise und dunkel, sodass Ihr Hund es sich einigermaßen gemütlich machen kann.
Abschirmen vor Gewitter
Um vom Lärm so viel wie möglich draußen zu halten, sollten bei Gewitter Fenster und Türen geschlossen bleiben. Außerdem lässt sich so verhindern, dass ein in Panik geratener Vierbeiner nach draußen läuft.
Lauter als der Donner sein
Ein guter Trick ist auch, das Gewitter mit anderen Geräuschen zu übertönen. Das können ein lautes Radio oder der Fernseher sein, oder aber der laufende Staubsauger – je nachdem, was der Vierbeiner als beruhigend empfindet. Achtung: Manche Hunde werden dadurch auch gestresster, am besten Sie beobachten ihn.
Bestechung und Ablenkung
Funktioniert nicht nur bei Hunden, sondern auch bei uns Menschen oft ganz gut. Das Lieblingsspielzeug, ausgiebige Streicheleinheiten oder die liebste Kaustange können helfen, zu entspannen. Mit einem Kausnack sollte man Hunde jedoch nie allein lassen, da sie sich dabei verletzen oder verschlucken könnten.
Nähe schenken
„Früher hat man geglaubt, dass Nähe kontraproduktiv ist, wenn ein Hund Angst hat“, sagt André Henkelmann, „das stimmt aber nicht. Nähe kann extrem hilfreich sein. Hunde, die Streicheleinheiten mögen, schütten dadurch Oxytocin aus und fühlen sich beruhigter.“
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Gewitter – das sind unsere Erfahrungen
Meine Hündin Yumi hatte als Welpe und Junghund eigentlich nie Probleme mit Gewitter. Erst nach einem Urlaub in Italien, in dem wir am Strand in ein recht heftiges und gefährliches Gewitter gerieten, bei dem ich selbst Angst hatte, löste bei ihr regelrechte Panik vor Donner aus. Selbst wenn dieser sehr weit weg ist, beginnt sie zu zittern und möchte sich am liebsten verkriechen. Eine Desensibilisierung hat bei uns leider nicht funktioniert, da es zumindest für Yumi einen erheblichen Unterschied macht, ob der Donner aus der Lautsprecherbox oder direkt vom Himmel kommt und zusätzlich die Erde bebt. Sind wir Zuhause, lasse ich zu, dass sie sich verkriecht. In unserer Wohnung hat sie dafür mehrere Versteckmöglichkeiten und ich versuche mich, möglichst im selben Raum aufzuhalten, damit sie weiß, dass ich da bin. Wird man unterwegs von einem Gewitter überrascht, ist mein Tipp: Ab in die U-Bahn und fahren. Hier sind die Geräusche kaum mehr zu hören und man entkommt dem Gewitter so meist. Voraussetzung ist natürlich, dass es eine U-Bahn gibt und der Hund auch nicht davor Angst hat. Ansonsten versuchen wir möglichst das nächste Café aufzusuchen und auszuharren, bis das Gewitter vorbei ist. Die meisten Restaurantbetreiber zeigen hierfür großes Verständnis und bieten manchmal sogar extra Räume oder Plätzchen zum Zurückziehen an.
PETBOOK-Redakteurin Saskia Schneider