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Hundetrainerin erklärt

Hund knurrt? Das sollten Sie auf keinen Fall tun

30. Januar 2025, 14:24 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten

Viele Hundebesitzer sind alarmiert, wenn ihr Vierbeiner plötzlich knurrt. Doch oft wird dieses Verhalten missverstanden und vorschnell als Problem angesehen. Welche Bedeutung hat das Knurren tatsächlich, und wie sollte man darauf reagieren? Das fragte PETBOOK Hundetrainerin Katharina Marioth.

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Viele Menschen erschrecken, wenn ihr Hund plötzlich knurrt. Dabei zeigt der Hund damit lediglich, dass ihm eine Situation unangenehm ist. Trotzdem steht schnell die Frage „Ist das normal?“ im Raum. Doch was hat Ihr Vierbeiner da eigentlich gezeigt aus seiner Sicht, wenn er Menschen oder Artgenossen anknurrt? Hundetrainerin Katharina Marioth erklärt im Gespräch mit PETBOOK, warum Knurren ein wichtiger Bestandteil der Hundekommunikation ist und keineswegs ein Zeichen von Aggressivität sein muss.

Was bedeutet Knurren bei Hunden?

Viele Hundebesitzer erschrecken, wenn ihr Tier plötzlich knurrt. Reflexartig folgt oft eine Rüge, doch was bedeutet dieses Verhalten wirklich? Für Hunde ist Knurren eine Form der Kommunikation, die zum Ziel hat, unangenehme Situationen zu entschärfen oder Distanz zu schaffen.

Hunde verfügen über vier grundlegende Verhaltensstrategien, um mit stressigen Situationen umzugehen: „Flirt“ (verspieltes Verhalten), „Freeze“ (Einfrieren), „Flight“ (Flucht) und „Fight“ (Kampf). Das Knurren gehört zur gelben Phase der „Ampel“, einer Eskalationsskala, die das Verhalten von entspannt bis aggressiv beschreibt.

  1. Flirt oder auch Fiddle About: Hierzu gehören zum Beispiel eine Spielaufforderung, die Oberkörper Tiefstellung (kennen wir als „Down Dog“ aus dem Yoga auch). Dies dient der Entstressung der Situation
  2. Freeze/Einfrieren: Der Hund wird insgesamt ganz steif, dies kann mit Blickvermeidung oder mit direktem Blickkontakt, dem Drohfixieren einhergehen. Es ist eine Strategie, um Momente abzuwarten und daraus die nächste Aktion bzw. Strategie zu wählen.
  3. Flight/Flucht: Diese muss nicht schnell vonstattengehen. Der Hund kann sich auch ganz langsam und zögerlich aus einer Situation entziehen. Diese Strategie dient zur Abstandsgewinnung und -vergrößerung.
  4. Fight: Nutzen wir hier das Wort „Kampf“, dann hat wohl jeder gleich blutrünstige Szenen vor Augen – mitnichten.

Die Ampel der Hundekommunikation

In der Literatur finden Sie diese Ampel häufig als Eskalationsleiter beschrieben. Ich finde die Vorstellung einer Verkehrsampel aber etwas einprägsamer. Das Verhalten von Hunden lässt sich in drei Phasen – grün, gelb und rot – einteilen. In der grünen Phase ist der Hund entspannt und zeigt Verhaltensweisen wie Züngeln, Blinzeln oder Gähnen, um Stress abzubauen.

In der grünen Phase ist unser Hund noch in der Lage nachzudenken und in alle Richtungen zu handeln. Dabei zeigt er typischerweise diese Verhaltensweisen. Seine Körperhaltung ist neutral und entspannt. Es wird gezüngelt, Lefzen geleckt, Blicke abgewendet, aus Stress gegähnt, vermehrt geblinzelt. Die Ohren zeigen ein lebendiges Spiel in alle Richtungen.

In der gelben Phase erhöht sich die Aktivität. Der Hund kann sich zurückziehen, sich hinlegen oder demütiges Verhalten zeigen. Kommt es dennoch zu keiner Deeskalation, verstärken sich die Signale: Fixieren, Lefzen kräuseln, Fellaufstellen und Knurren sind typische Warnzeichen.

Wichtig: In dieser blinkenden Gelbphase besteht nach wie vor die Chance zur Deeskalation. Knurrt der Hund, ist das also erstmal als Warnung zu verstehen.

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In der roten Phase steigt das Risiko, gebissen zu werden

Hat dem Hund auch die blinkende, gelbe Phase nichts gebracht, um den Abstand zum Stressor zu vergrößern oder die Situation zu befrieden, kommt jetzt – wie im Straßenverkehr – die rote Phase. Sie tritt ein, wenn alle vorherigen Strategien erfolglos bleiben. Der Hund handelt impulsiv, und die Wahrscheinlichkeit von Schnappen oder Beißen steigt.

Hier neigt der Hund dann zu impulsivem Handeln und die Chance, dass er noch nachdenken kann und etwa auf Wortsignale reagiert, schwindet massiv. Es wird zum Abschnappen kommen ohne Fellkontakt und kann sich steigern bis hin zum mehrfachen Bissen. Im Fachjargon sprechen wir noch von der Zwischenstufe des gehemmten und ungehemmten Bisses.

Knurrt der Hund, ist dies ein ganz normales Verhalten

Kommen wir also zum Knurren zurück: Aus der Sicht der kommunikativen Fähigkeiten Ihres Hundes, zeigt er ein ganz normales Verhalten und signalisiert: „Ich möchte das nicht“.

Früher hieß es oft, der Hund sei dominant und man müsse das Verhalten unbedingt unterbinden. Heute gilt diese Dominanztheorie als antiquierte Sichtweise. Knurrt Ihr Hund, ist das kein Versuch, die Weltherrschaft an sich zu reißen, sondern eine bedürfnisorientierte Kommunikation.

Durch Knurren kann Ihr Hund Ihnen oder einem anderen Hund zeigen: „Das tut mir weh, lass das“ oder „Dieser Liegeplatz ist mir wichtig“, „Das ist mein Futter oder Knochen oder Spielzeug“ und „Komm nicht näher“.

Zur Erinnerung: Wir befinden uns hier noch in der gelben Phase, das heißt, der Sprung in die Impulsivität ist noch nicht geschehen. Wer richtig reagiert, geht also keine Gefahr ein, gebissen zu werden.

Sollte ich bestrafen, wenn der Hund knurrt?

Ich rate Ihnen zunächst dazu: Akzeptieren Sie das Knurren für den Moment. Je nach Größe des Hundes möchten Sie vermutlich auf gar keinen Fall, dass Ihr Vierbeiner die rote Phase betritt. Aus der Sicht Ihres Hundes ist dies eine deutlich gelbe Ampelphase.

Sie können das Risiko eingehen und bildlich gesprochen aufs Gas treten. Das kann gut gehen oder Sie im Anschluss den Führerschein kosten – oder noch schlimmer: einen Unfall verursachen.

Wie verhalte ich mich, wenn der Hund knurrt?

Im Anschluss an die Situation machen Sie bitte Folgendes ganz in Ruhe: Überlegen Sie, was war das für eine Situation? Ging es um den Liegeplatz auf dem Sofa, den Sie auch gerne hätten oder das Annähern an einen Kauartikel, Spielzeug oder den Fressnapf? Ging es um ungestörte Ruhe halten oder die Annäherung eines Artgenossen? Und hat Ihr Hund vorher bereits einiges an Verhalten im grünen oder hellgelben Bereich gezeigt?

Dieser Ausgangspunkt sollte dann Ihr Startpunkt für Ihr Training sein. Suchen Sie sich bitte unbedingt einen Profi für diese Art von Training. Hier wird Erfahrung auch seitens der Trainer*innen benötigt.

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Was passiert, wenn ich meinen Hund fürs Knurren bestrafe?

Manche bestrafen ihren Hund beim Knurren, weil sie glauben, dass er dieses Verhalten dann lässt. Das mag in einigen Fällen zutreffen. Doch jetzt kommt das „ABER“: Es wird in der Mehrzahl der Fälle dazu führen, dass Ihr Hund bereits durch ein einmaliges Erleben der Strafe auf Knurren gelernt hat: Das bringt mich nur noch mehr in Bedrängnis – dann beiße ich eben gleich zu! Und das will nun wirklich niemand.

Achten Sie also bitte generell auf die Signale der „Ampel“ Ihres Hundes. Alle oben beschriebenen Verhaltensmöglichkeiten gehören zu normalen Verhalten Ihres Hundes und zu seinen Kommunikationsstrategien. Es liegt an uns, diese auch zu hören und zu verstehen und dann ggf. gezieltes Training einzuleiten, damit Ihr Hund künftig nicht mehr knurren muss.

Das ganze Interview mit Hundetrainerin Katharina Marioth sehen Sie im Video.

Über die Autorin: Katharina Marioth ist IHK und behördlich zertifizierte Hundetrainerin und Verhaltensgutachterin für gefährliche Hunde des Landes Berlin. Mit ihrem Wissen und Können konnte ich in der Sat. 1-Sendung „Der Hundetrainer-Champion“ den Titel zur Hundetrainerin des Jahres 2023 sichern.

Porträt Saskia Schneider auf dem PETBOOK Relaunch
Redaktionsleiterin

Meine Erfahrungen mit Knurren beim Hund

Meine Hündin Yumi hat mich nur einmal ernsthaft angeknurrt. An diesem Tag hatte sie eine Granne im Ohr, die von einer Tierärztin sehr unsanft entfernt wurde, und starke Schmerzen. So ein Verhalten kante ich bis dahin nicht von ihr, habe es aber akzeptiert –obwohl sie eigentlich hätte Ohrentropfen bekommen müssen.
Was Yumi jedoch täglich zeigt, ist ein sogenanntes „Spielknurren“. Dann tut sie so, als würde sie Ball oder Stofftier mit ihrem Leben verteidigen. Dabei hat sie den Oberkörper abgesenkt (Spielpose) und alles wirkt sehr übertrieben, fast geschauspielert. Tatsächlich erkennt man auch akustisch einen Unterschied. So klingt das Spielknurren etwas melodischer und heller als das ernst gemeinte, warnende Knurren.

Themen #AmazonPets Hundeverhalten

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