10. April 2025, 5:46 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Statt Hanni und Nanni, Polokragen und Ledertaschen, „Rocky“ und „Sammy“, Halsbänder und Leckerlies. Doch was taugt ein Hunde-Internat wirklich? PETBOOK hat nachgefragt.
Wer keine Zeit für die Hundeerziehung, oder aber spezielle Ansprüche hat, wie zum Beispiel eine Jagdausbildung, kann die Erziehung des geliebten Vierbeiners vorübergehend in fremde Hände geben. In einem Hunde-Internat sollen Hunde unter professioneller Anleitung die wichtigsten Grundkommandos sowie gutes Benehmen erlernen und sich von schlechten Angewohnheiten verabschieden. Ein Internat für Hunde – Klingt erstmal verrückt, oder? Kann das funktionieren? PETBOOK hat einen Hundetrainer gefragt.
Was ist ein Hunde-Internat?
Die Erziehung eines Hundes ist eine verantwortungsvolle Aufgabe, die Zeit, Geduld und Fachwissen erfordert. Nicht selten stoßen Hundebesitzer an ihre Grenzen, sei es aufgrund von Zeitmangel, fehlender Erfahrung oder besonderen Verhaltensproblemen ihres Vierbeiners. In solchen Fällen erscheint die Idee, den Hund in ein sogenanntes Hunde-Internat zu geben, verlockend. Doch was verbirgt sich hinter diesem Konzept, und ist es tatsächlich die Lösung für Erziehungsprobleme? „In solchen Zentren wird die Erziehung in fremde Hände gegeben“, sagt Hundetrainer Steve Kaye „zum Beispiel, weil die Mensch-Hund-Beziehung außer Kontrolle geraten ist.“
Warum schickt man seinen Hund ins Hunde-Internat?
Man kann seinen Hund aus verschiedenen Gründen in ein Internat schicken. Mitunter ist Zeit ein Faktor, denn Hundeerziehung beansprucht nun mal einiges an intensiver Arbeit und Zeitaufwand. Manchmal sind Hundehalter auch krank und deshalb nicht in der Lage, den Hund so intensiv zu erziehen, wie es nötig wäre. Manchmal ist es auch der Anspruch an den Hund, zum Beispiel, wenn dieser speziellen Aufgaben wie Jagen nachkommen soll, die auf den ersten Blick dafür sprechen können, die Erziehung in professionelle Hände zu geben.
Einen großen Haken hat die Sache aber, warnt Hundetrainer Steve Kaye. „Die Hoffnung ist da, dass man einen Hund abgibt, mit dem es zu Hause nicht gut läuft, einem so die Erziehungsarbeit abgenommen wird und man danach einen fertig erzogenen Hund wieder abholt. Das funktioniert natürlich ganz klar nicht.“
Hunde lernen kontextbezogen, menschenbezogen und in Abhängigkeit von ihrer Umwelt. Das heißt, sie verknüpfen erlerntes Verhalten mit spezifischen Orten, Personen und Situationen. Kaye betont: „Davon auszugehen, dass das, was mit anderen Hunden, mit einem anderen Team, in einer anderen Umgebung und anderen Menschen funktioniert, sich so auch zu Hause im Alltag umsetzen lässt, ist Quatsch.“
Demnach ist es essenziell, dass das Training nicht isoliert im Internat stattfindet, sondern die erlernten Strukturen und Verhaltensweisen in den Alltag des Hundes und seines Besitzers übertragen werden.
Wann ist ein Hunde-Internat sinnvoll?
Ein Hunde-Internat kann in bestimmten Situationen eine sinnvolle Unterstützung sein, insbesondere wenn
- die Beziehung zwischen Hund und Halter stark belastet ist: Ist die Kommunikation gestört und der Alltag von Konflikten geprägt, kann eine temporäre Trennung beiden Parteien eine Pause ermöglichen.
- der Hund schwerwiegende Verhaltensprobleme zeigt: Bei Aggressionen, starken Ängsten oder anderen ernsthaften Auffälligkeiten kann ein intensives Training unter professioneller Anleitung hilfreich sein.
Ein Internatsaufenthalt sollte zudem immer stets als Teil eines umfassenden Trainingsansatzes betrachtet werden. Die eigentliche Arbeit beginnt oft erst nach der Rückkehr des Hundes nach Hause, wenn es darum geht, das erlernte Verhalten im gewohnten Umfeld zu festigen.
Wie leben Hunde im Hunde-Internat?
Hunde-Internate sind wie die meisten Pensionen und Hundetagesstätten nur für eine bestimmte, klar überschaubare Anzahl an Tieren. In der Regel leben die Vierbeiner hier mit Familienanschluss und dürfen am Alltag teilnehmen. Dazu findet tägliches Training statt, mit dem gezielt an den Baustellen des jeweiligen Hundes gearbeitet wird.
Welche Grundkommandos lernt mein Hund?
In einem Hunde-Internat werden die wichtigsten Basis-Kommandos trainiert, darunter (laut Anbieter):
- Sitz
- Platz
- Bleib
- Fuß (Leinenführigkeit)
- Rückruf
Je nach Einrichtung können auch spezielle Trainingsinhalte wie Anti-Jagd-Training, Sozialisierung mit Artgenossen oder das Abgewöhnen von unerwünschtem Verhalten hinzukommen.
Lohnt sich das für meinen Hund?
Ob sich ein Hunde-Internat für Ihren Hund lohnt, hängt von mehreren Faktoren ab. Haben Sie das Gefühl, mit der Erziehung überfordert zu sein? Bestehen hartnäckige Probleme wie Ziehen an der Leine, Aggression oder Unsicherheit? Dann kann es sinnvoll sein, Ihren Hund für eine gewisse Zeit in professionelle Hände zu geben.
Das Internat ersetzt jedoch nicht ihren Erziehungsansatz. Sie sind die Person, die im Alltag am meisten mit ihrem Hund zu tun hat, und die klar mit Ihrem Vierbeiner kommunizieren muss. Damit die Veränderung nachhaltig und alle guten Angewohnheiten nicht schnell wieder vergessen sind, sind auch Sie im Anschluss gefragt.
Sie sollten zudem bedenken, dass, je älter Ihr Hund ist, desto schwieriger die Trennung für ihn zu verkraften ist. Hundetrainer Steve Kaye warnt hier: „Es gibt auch sehr autarke Hunde, oder Hunde, die mit Gruppen nicht klarkommen.“ Sie sollten dazu auch nicht vergessen, dass Hunde-Internate mit Druck arbeiten. „Ich würde Abstand von Internaten sehen, die versprechen, dass der Hund im Anschluss wieder funktioniert, als sei der Hund eine Waschmaschine.“ Überdenken Sie also lieber zunächst alte (schlechte) Gewohnheiten und arbeiten Sie weiter an einem entspannten Zusammenleben, ehe Sie die Erziehungsarbeit weitergeben.

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Fazit
Ein Hunde-Internat kann eine sinnvolle Lösung sein, wenn Sie mit der Erziehung Ihres Vierbeiners nicht weiterkommen und das Verhältnis sehr eingefahren ist. Nach dem intensiven Aufenthalt wird Ihr Hund im Anschluss jedoch nicht automatisch besser auf Sie hören. Damit der Erfolg nachhaltig ist, sollten Sie nach dem Aufenthalt das Erlernte umgehend auf das Zuhause übertragen, das Hunde kontextbezogen lernen. Das beste Training bringt nichts, wenn Sie es nicht regelmäßig üben.