18. März 2023, 15:34 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Immer wieder sieht man Hundehalter, die den Leinenruck bei ihrem Tier anwenden, damit es besser hört. Warum dies ein Zeichen der Dominanz ist, aber auch gefährlich für die Hunde sein kann.
Im Laufe der Jahre haben sich Erziehungs- und Trainingsmethoden in der Hundeerziehung immer wieder gewandelt. Zum Glück! Eine der gängigsten Methoden ist bzw. war der Leinenruck, bei dem der Hund ruckartig am Halsband gezogen wird, wenn er ein unerwünschtes Verhalten zeigt. Welche schädigenden Auswirkungen diese Erziehungsmethode auf die Gesundheit und Psyche des Vierbeiners hat, erklärt PETBOOK.
Übersicht
In welchen Situationen der Leinenruck angewandt wird
Immer wieder wird die veraltete Erziehungsmethode des Leinenrucks von manchen Hundetrainern als „Leinenimpuls“ verharmlost. Dabei hat sie gefährliche Auswirkungen auf die Gesundheit, da man dem Tier z. B. an der empfindlichen Halswirbelsäule schlimme und dauerhafte Verletzungen zufügen kann. Professionelle Hundetrainer wie Martin Rütter wenden diese Erziehungsmethode nicht an und warnen auch vor den psychischen Folgen, wie gesteigerter Aggressivität, welche die Methode hervorrufen kann.
Zeigt der Hund ein unerwünschtes Verhalten, er zieht an der Leine, bellt, drängelt, stürzt auf Hunde oder Menschen zu oder soll „Sitz“, „Platz“ und „Bleib“ machen, wird er durch einen kurzen Ruck an der Leine auf seinen Fehler oder das Kommando aufmerksam gemacht. Die Frage ist nur, ob der Hund so überhaupt versteht, dass er etwas falsch gemacht hat. Bei manchen Haltern wird der Ruck so häufig und unüberlegt ausgeführt, dass es für den Hund nur zu Dauerstress führt. Dabei lernt er nicht, was er falsch gemacht hat und vor allem nicht, wie er sein Verhalten verbessern soll. Die vermeintlichen Erfolge, die der Leinenruck erzielt, bestehen darin, dass der Vierbeiner sein Verhalten ändert, weil er Schmerzen davongetragen hat und ihn dies ängstlich und vorsichtig macht.
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Gesundheitliche Auswirkungen des Leinenrucks
Trägt der Hund ein schmales Halsband, kann man den Leinenruck durchaus als Folter bezeichnen. Denn durch den Ruck werden der empfindliche Kehlkopf und die Halswirbelsäule auf Dauer schwer geschädigt. Dies kann zu schmerzhaften Blockaden führen, im Extremfall, wenn die Wirbelsäule der Belastung nicht mehr standhalten kann, auch zum Bandscheibenvorfall kommen. Weitere Folgen können sein:
- akute Kopf-, Nacken- und Rückenschmerzen
- allgemeine Muskelverspannungen
- Atemwegsprobleme durch chronische Kehlkopfentzündung, Kehlkopfblutung oder sogar der Bruch der Knorpel
- Augenprobleme (durch erhöhten Augendruck können Glaukome entstehen)
- Verletzungen an den Nervenbahnen
- Schwindelgefühle
- Stauchungen
- Verletzung an der Luft- und Speiseröhre
- Bandscheibenvorfall
- arthrotische Verformungen der seitlichen Wirbelgelenke
- Spondylose
Psychische Schäden durch Leinenruck
Der Vierbeiner kann meist zwischen dem Leinenruck und seinem Verhalten keine Verbindung herstellen, die er versteht. Was er aber lernt ist, dass er in einer bestimmten Situation Schmerzen erfährt, z. B. wenn er mit einem Ruck davon zurückgehalten wird, wenn er auf einen anderen Hund zustürmt. Diese negative Erfahrung (den Schmerz) verknüpft er dann künftig beim Aufeinandertreffen mit anderen Hunden. So kann ein vormals lieber, verspielter Hund, der mit allen Vierbeinern auf der Wiese problemlos ausgekommen ist, richtiggehend aggressiv werden, wenn er auf einen Artgenossen trifft. Diese Verknüpfung von Schmerzreiz kann ebenso mit Personen erfolgen und er wird deshalb künftig aggressiv reagieren, wenn er auf Menschen trifft. Es kann aber auch passieren, dass der Hund durch den andauernden Stress und Schmerz apathisch und freudlos wird und nur noch in geduckter Haltung herumläuft.
Ist der Leinenruck tierschutzrelevant?
Viele Halter wissen nicht, dass sie mit Leinenruck sogar gegen das Tierschutzgesetz verstoßen, und dies als Ordnungswidrigkeit mit einem Bußgeld geahndet werden kann. Bei wiederholten Vergehen und damit einhergehenden starken, andauernden Schmerzen für das Tier kann es zur strafrechtlichen Verfolgung kommen.
Paragraf 2 des Tierschutzgesetzes besagt: Wer ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat, darf die Möglichkeit des Tieres zu artgemäßer Bewegung nicht so einschränken, dass ihm Schmerzen oder vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden.
Fazit
Leinenruck ist eine überholte und veraltete Erziehungsmethode, die mehr Schaden anrichtet, als dass sie zum Erfolg führt. Wer mit dem Hund z. B. Leinenführigkeit trainieren will, weil der Hund immer stark zieht, sollte sich bei erfahrenen Trainern mit modernen Trainingsmethoden Hilfe suchen. Außerdem sollte man auf ein Halsband verzichten und dem Hund ein Brustgeschirr besorgen.
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Quellen
- Tierschutzgesetz §2
- Martinruetter.com, „Wissenswertes von A bis Z – L .. wie Leinenruck“ (aufgerufen am 17.03.2023)