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In Österreich bereits verboten

Martin Rütter übt scharfe Kritik an Hundeschutzsport! Jetzt reagieren Experten

Das Thema Schutzhundesport sorgt aktuell für für erhitzte Gemüter. Die Hundetrainerin Katharina Marioth und Hundepsychologe Marc Ebersbach haben dazu eine klare Meinung.
Das Thema Schutzhundesport sorgt aktuell für für erhitzte Gemüter. Die Hundetrainerin Katharina Marioth und Hundepsychologe Marc Ebersbach haben dazu eine klare Meinung. Foto: Großes Bild: picture alliance / blickwinkel/B. Rainer | B. Rainer
Dennis Agyemang
Redakteur

7. April 2025, 18:12 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten

Der Schutzhundesport sollte in Deutschland für Privatpersonen und Vereine verboten werden. Das fordert jedenfalls Star-Hundetrainer Martin Rütter und sorgt so in der deutschen Hundeszene für ordentlich Gesprächsstoff und hitzige Gemüter.

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Zugegeben, der Schutzhundesport kann ganz schön derbe und beängstigend aussehen, wenn man sieht, wie sich ein Hund in die Armattrappe eines Menschen verbeißt. Aber auch das gehört zum Schutzhundesport, bei dem Hund und Hundeführer körperlich und geistig gefordert werden sollen. Die drei Komponenten Fährtenarbeit, Unterordnung und Schutzdienst verschmelzen hier zu einer Einheit und sollen Gehorsam, Instinktsicherheit, Belastbarkeit und Teamfähigkeit des Hundes auf ein höheres Niveau bringen. Doch nicht jeder feiert diesen Hundesport.

Martin Rütter ist für ein Verbot des Schutzhundesports

Promi-Hundetrainer Martin Rütter hat erst kürzlich in einem Video erklärt, dass er nicht viel von diesem „ich setzte es bewusst in Anführungszeichen – ‚Sport!‘“, hält. Denn seiner Meinung nach gehe es hier nicht um Sport, sondern um eine „sehr massive Machtdemonstration von Menschen“. Deshalb plädiere er seit 20 Jahren dafür, ein Verbot des Schutzhundesports von Privatpersonen zu erlassen. Denn letztlich sei er gefährlich, da es nicht selten vorkomme, dass die Hunde dabei völlig ausrasten, gestresst würden und zur Gefahr werden. So eines seiner Argumente im Video.

Vorausgegangen war diesem Video ein Verbot des Schutzhundesports in unserem Nachbarland Österreich. Denn dort ist ab dem 15. April 2025 jede Form der Ausbildung von Hunden, die aggressives Verhalten wie Beißen oder Angriffsverhalten fördert, verboten. So solle verhindert werden, dass Halter ihre Hunde beim Training absichtlich scharf machen.1

Doch darum gehe es gar nicht bei diesem Sport, betonen die Anhänger schon seit Jahren. Sogar ganz im Gegenteil. Hier gehe es vielmehr um eine Form der Auslastung und darum, dass die Vierbeiner lernen, unter Anleitung ihrer Menschen ihre Instinkte zurücknehmen und kontrollierbar werden.

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„Martin Rütter verallgemeinert das alles!“

Doch bekanntermaßen schüren Forderungen nach Verboten immer hitzige Diskusionen an. „Das Thema Schutzhundesport gerät immer wieder in die öffentliche Debatte, weil es emotional aufgeladen ist“, erklärt Hundetrainerin Katharina Marioth im Gespräch mit PETBOOK.

„Der Schutzhundesport hat auf der einen Seite sehr positive Aspekte. Er hat aber auch sehr kritische Aspekte, wo es um Überzeichnung, Übertreibung und unseriöse Strukturen geht. Martin Rütter pauschalisiert das meiner Meinung nach und das finde ich nicht gut.“

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Die Probleme, die Rütter in seinem 16-minütigen Video anspreche, beträfen nicht nur den Schutzhundesport, sondern die Hundehaltung im Allgemeinen. Zudem scheine es Rütter hier offensichtlich mehr um ein „Bauchgefühl“ als um Fakten zu gehen, moniert auch Hundepsychologe Marc Ebersbach.

Alles nur eine Frage des Bauchgefühls?

So gebe es in Deutschland nämlich gar keine Beißstatistiken, die Martin Rütters Behauptungen untermauerten, dass besonders Vierbeiner, die Gebrauchshundesport ausübten, in Beißvorfälle verstrickt seien. „Es gibt keine Beißstatistik, die sagt, welcher Hund oder welche Form der Hundeausbildung eigentlich am meisten zugebissen hat. Aber es gibt eine Dissertation von der Universität München aus dem Jahr 2006, wo der Doktorand das einmal ausgearbeitet hat.“

Zwar sei dies nur eine eher kleine Statistik, ordnet Ebersbach ein. Doch „Martin Rütter hat sich auf gar keine Statistiken berufen und einfach mal aus einem Bauch herausgesagt, dass diese Hunde besonders häufig zubeißen, was einfach nicht stimmt.“

Und auch die Hundetrainerin und Verhaltensgutachterin für gefährliche Hunde beim Land Berlin – Katharina Marioth – zeigt sich irritiert von Rütters Behauptungen. „Emotionen sind wichtig, wenn es um den Umgang mit Hunden geht – aber sie dürfen nicht die Grundlage für pauschale Urteile sein“.

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„Eine sachliche Auseinandersetzung wäre sinnvoller als eine reine Emotionalisierung der Debatte“

Schutzhundesport basiere auf erlernter Beuteaggression und klaren Regeln, so die Expertin zu PETBOOK. „Es gibt Vereine, die professionell, gewaltfrei und mit Rücksicht auf das Wesen des Hundes arbeiten. Eine sachliche Auseinandersetzung wäre daher sinnvoller als eine reine Emotionalisierung der Debatte.“

Doch das ist nicht der einzige Kritikpunkt an besagtem Rütter-Video. So sieht Hundepsychologe Ebersbach zudem die Aussage, dass es den Menschen beim Schutzhundesport einzig um eine Machtdemonstration gegenüber ihrem Hund gehe als problematisch und pauschalisierend.

„Also er sagt quasi, dass es darum geht, dass ich meinem Hund nur zeigen möchte, dass ich der Mächtigere bin. Das ist natürlich eine harte Aussage, die viele ins Mark getroffen hat.“ Ohnehin habe dieser Sport schon lange ein Imageproblem, weiß der Hundeexperte. „Es kocht vielleicht auch deshalb gerade so hoch, weil die Hundewelt hier sehr geteilt ist.“

Die Sache mit der Anspannung

Grundsätzlich könne man hier stark vereinfacht zwischen zwei Arten von Hunden unterscheiden. „Wenn wir uns die Hunderassen anschauen, dann haben wir Rassen, die unter geringer Spannung stehen und wir haben Rassen, die unter relativ hoher Spannung stehen.“ Unter einer geringen Spannung stehen nach seiner Definition zum Beispiel der Labrador oder jede Art von Retriever. „Die sind einfach eher cool und lässig. Dann gibt es Hunde mit hoher Spannung oder einer grundsätzlich höheren Anspannung – zum Beispiel Malinois oder Herder.“

An dieser Stelle spalte sich die Hundewelt in zwei Lager, berichtet Ebersbach, und es stehe die unausgesprochene Frage im Raum: Warum lege ich mir überhaupt so einen Hund zu? Und was tue ich, um ihn zumindest geistig auszulasten und in seinen Instinkten, die ihm durch die Zucht mitgegeben wurden, zu kontrollieren? „Die einen können die anderen nicht verstehen. Es ist fast wie mit zwei Kulturen, die sich grundsätzlich nicht verstehen. Und auch nichts anfangen können mit der Frage des anderen, warum man so lebt, wie man lebt. Oder warum man Dinge so macht, wie man sie macht“. Aber genau hier verläuft die Verständigungslinie durch die Hundewelt.

„Das größte Missverständnis ist die Annahme, dass Schutzhundesport Hunde aggressiv macht“

Hier genüge auch schon ein Blick auf die Rassen, die in der Regel für den Schutzhundesport eingesetzt werden. Oft seien Boxer, Dobermann, Malinois, Riesenschnauzer, Rottweiler, Deutscher Schäferhund und andere vom VDH definierte „Gebrauchshunderassen“ darunter.2 „Das größte Missverständnis ist die Annahme, dass Schutzhundesport Hunde aggressiv macht oder jeder Hund im Training zum potenziellen ‚Waffenhund‘ wird“, erklärt Katharina Marioth.

„Tatsächlich geht es um kontrollierte Triebarbeit, Gehorsam und Präzision. Ein gut ausgebildeter Schutzhund ist zuverlässig, führbar und keineswegs eine unberechenbare Gefahr. Mir ist lieber, jemand betreibt Schutzhundesport anstatt gar keine Beschäftigung oder Auslastung für seinen Hund zu suchen und zu schaffen.“ Daher halte sie nichts von einem Verbot für diese Sportart.

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Darum sprechen sich Experten klar gegen ein Verbot aus

„Ein Verbot würde viele verantwortungsvoll arbeitende Vereine und Hundesportler bestrafen, die den Sport artgerecht und unter fairen Bedingungen ausüben. Viel wichtiger wäre eine bessere Kontrolle der Trainingsmethoden, um Missstände aufzudecken und zu verhindern“.

Eine Forderung, die auch Hundeexperte Marc Ebersbach unterschreiben würde. Denn auch seiner Meinung nach sollte der Sport nicht verboten, sondern besser kontrolliert und reglementiert werden. Denn für manche Hunde kann der Sport durchaus eine gute Beschäftigung sein, ist sich der Hundepsychologe sicher. Vorausgesetzt, man halte sich an die Regeln und führe den Schutzhundesport normal, moderat und hundegerecht durch. „Wenn der Hund bis zu einem gewissen Grad gut mit Stress umgehen kann und sein System damit vertraut ist.“ Das sei dann normaler jagdlich motivierter Stress und genau darum gehe es, erklärt Ebersbach.

„Es geht darum, dass das jagdliche Verhalten des Hundes, nämlich das motivierte Beißen in eine Beute – was in diesem Moment der Schutzarm ist –, zu kontrollieren. Würde ich nämlich den Schutzarm wegwerfen, würde der Hund der Beute – nämlich dem Arm – hinterherlaufen und nicht mehr den Menschen angreifen.“ Wichtig sei hier, den Hund zu fordern, aber nicht zu überfordern.

PETBOOK fragte auch Martin Rütter um ein persönliches Statement zu diesem Sachverhalt an. Der Hundetrainer ließ jedoch aufgrund eines ausgebuchten Terminkalenders unserer Anfrage eine Absage erteilen.

Themen #AmazonPets Hundetraining Hundeverhalten

Quellen

  1. „Krone.at“, „Aus für Beiß- und Angriffstraining bei Hunden“, (aufgerufen am 07.04.2025) ↩︎
  2. easy-dogs.net, „Schutzhundesport (VPG): Was ist das genau und für welche Hundetypen ist dieser Sport geeignet?“, (aufgerufen am 07.04.2025) ↩︎

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