12. September 2023, 10:52 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Sollten Menschen, die privat einen Hund halten möchten, vorab ihre Kenntnisse unter Beweis stellen müssen? Um diese Frage dreht sich die Diskussion um die bundesweite Einführung eines allgemein verpflichtenden Sachkundenachweises zum Führen von Hunden. PETBOOK erläutert, welche Argumente für und welche gegen den Hundeführerschein sprechen.
Ähnlich wie beim Autoführerschein müssen auch beim Hundeführerschein eine theoretische und eine praktische Prüfung abgelegt werden. Entsprechende Vorbereitungskurse bieten etwa Hundeschulen und Tierheime an. Wobei es hierbei ausschließlich um die Kenntnisse des (zukünftigen) Hundehalters geht – nicht um das Wesen des Hundes. Solch ein Sachkundenachweis ist also nicht zu verwechseln mit der behördlichen Erlaubnis, einen sogenannten Listenhund zu halten. Was hat es nun mit dem Hundeführerschein auf sich?
Übersicht
Ist ein Hundeführerschein Pflicht?
Die Gesetzgebung rund um die Hundehaltung ist nicht einheitlich geregelt, da die Bundesländer eigene Vorschriften erlassen können. Das betrifft auch den Hundeführerschein. Als erstes Bundesland hat Niedersachsen im Jahr 2013 alle hundehaltenden Personen verpflichtet, ihre Sachkunde durch eine entsprechende Prüfung nachzuweisen. Der theoretische Teil wird vor der Adoption des Vierbeiners absolviert, der praktische Teil im ersten Jahr danach. Die Regierung Baden-Württembergs plant, eine ähnliche Regelung einzuführen.
In Berlin, Thüringen und Bremen können die Behörden im Einzelfall die Vorlage eines Sachkundenachweises verlangen – etwa, wenn der gehaltene Hund andere in Gefahr gebracht hat. Zudem belohnen einige Kommunen das freiwillige Absolvieren des Hundeführerscheins mit Ermäßigungen bei der Hundesteuer und/ oder einer Befreiung von der Leinenpflicht.
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Tierschutzorganisationen befürworten den Hundeführerschein
Der Deutsche Tierschutzbund spricht sich klar für die bundesweite Einführung des Hundeführerscheins aus. „Es geht darum, die Sachkunde der Hundehalter zu verbessern – und zwar in allen Bundesländern“, sagte Verbandspräsident Thomas Schröder. Das Wissen um den artgerechten Umgang mit dem Tier und das Erkennen kritischer Situationen sorgen für Sicherheit. Denn wer die Signale seines Vierbeiners richtig deuten kann, kann im Ernstfall schneller reagieren und zum Beispiel Beißvorfälle verhindern.
Vor allem Hundeneulinge werden durch das Ablegen der Prüfung umfassend auf das Zusammenleben mit dem Tier vorbereitet. Sie lernen, die Bedürfnisse und Verhaltensweisen ihres zukünftigen Vierbeiners kennen und erfahren, mit welchen Pflichten die Hundehaltung verbunden ist. Zudem soll der verpflichtende Hundeführerschein Spontankäufe verhindern und dadurch die Tierheime entlasten. Schließlich werden unüberlegt angeschaffte Hunde derzeit allzu oft ins Tierheim abgeschoben.
Auch TV-Hundeprofi Martin Rütter ist ein Fan des Hundeführerscheins. Er sagte im Interview mit der Zeitung WELT: „Jeder darf einen Hund besitzen, ja sogar züchten oder eine Hundeschule aufmachen. Unfälle passieren, weil die Besitzer keine Ahnung von den Tieren haben. Da ließe sich mit einer relativ kurzen Schulung der Grundkenntnisse viel verbessern.“
Was gegen die Einführung eines Hundeführerscheins spricht
Kritiker des Hundeführerscheins führen vor allem den bürokratischen Aufwand als Gegenargument an. Wer soll überprüfen, ob alle Hundehalter im Besitz eines Sachkundenachweises sind? Für den Halter verursacht das Absolvieren eines Sachkundenachweises zusätzliche Kosten. Je nach Anbieter liegen diese meist zwischen 90 und 150 Euro. In Zeiten der Inflation und gestiegenen Tierarztkosten bedeutet dies eine zusätzliche finanzielle Belastung für Hundebesitzer. Dies könnte dazu führen, dass sich nur noch Wohlhabende einen vierbeinigen Mitbewohner leisten können – ein weiterer Schritt in Richtung soziale Spaltung.
Hundeführerschein – Pro und Contra im Überblick
Pro | Contra |
---|---|
Mehr Sicherheit für Hundebesitzer, da Verhalten besser erkannt wird | Hoher bürokratischer Aufwand |
Besserer Umgang mit Hunden durch mehr Grundkenntnisse | Kaum Möglichkeiten, die Sachkenntnis zu überprüfen |
Zukünftige Hundebesitzer sind auf das Zusammenleben mit dem Hund vorbereitet | Überlastung von Hundeschulen, die jetzt schon am Limit sind |
Weniger Abgaben von Hunden, damit Entlastung von Tierheimen | Zusätzliche finanzielle Belastung der Tierhalter |
Mein Fazit
„Ich kann die Argumente der Tierschützer nachvollziehen und halte die Einführung eines allgemein verpflichtenden Hundeführerscheins für eine gute Sache. Allerdings sollte es Ausnahmen geben – etwa für erfahrene Hundehalter und private Hundesitter. Warum sollte jemand, der zwei Wochen lang auf die Tiere des Nachbarn aufpasst, extra eine Prüfung ablegen müssen? Und: Für Bürgergeld-Empfänger sollte es eine finanzielle Unterstützung geben, um den Hundeführerschein machen zu können.“– Natalie Decker, PETBOOK-Autorin
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Quellen
- tierrecht-anwalt.de, „Hundeführerschein: Wer braucht einen Hundeführerschein oder Sachkundenachweis?“ (aufgerufen am 12.09.2023)
- peta.de, „Der Hundeführerschein: Alle Infos über den Sachkundenachweis“ (aufgerufen am 12.09.2023)
- sueddeutsche.de, „Tierschutzbund fordert bundesweiten Hundeführerschein“ (aufgerufen am 12.09.2023)
- tierschutzverein.at, „Verpflichtender Hundeführerschein: Pro und Contra“ (aufgerufen am 12.09.2023)
- welt.de, „Woran erkenne ich, dass ein Hund gleich beißt?“ (aufgerufen am 12.09.2023)