14. Mai 2024, 17:44 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Ist Ihr sonst so fröhlicher und aufgeweckter Hund plötzlich ständig müde, lethargisch und läuft bei der Gassirunde auf einmal nur noch hinter Ihnen, anstatt wie immer vor Ihnen? Dann könnte das möglicherweise ein Hinweis auf die seltene Erkrankung Morbus Addison sein. PETBOOK sprach mit einer Expertin über die tückische Krankheit.
Bei Morbus Addison handelt es sich um eine sehr einzunehmende, aber dennoch recht seltene Krankheit, die unbehandelt tödlich enden kann. Das Tückische: Erste Symptome treten meist erst sehr spät auf und sind dann oft sehr unspezifisch, da sie vielen anderen Krankheiten ähneln. Daher wird das Krankheitsbild, welches den sperrigen Namen Hypoadrenokortizismus trägt, von vielen Medizinern auch einfach nur der „große Täuscher“ genannt.1
Da die Erkrankung schwer zu diagnostizieren ist, bleibt die Addison-Krankheit oft bei vielen Tieren unentdeckt. Doch was genau verbirgt sich eigentlich hinter Morbus Addison und welche Hunde kann diese Erkrankung betreffen?
Was passiert bei Morbus Addison?
Die Addison-Krankheit meint beim Hund eine Erkrankung der Nebennieren. Diese liegen beim Vierbeiner seitlich der Nieren. Sie produzieren in ihrer Rinde bestimmte, lebenswichtige Hormone wie Aldosteron und das Stresshormon Kortisol. Diese werden von den Zellen im ganzen Körper benötigt, da es sonst zu schwersten Zellschäden kommt.23
Und genau das passiert bei der Addison-Krankheit, erklärt Tiermedizinerin Dr. Vanessa Herder gegenüber PETBOOK: „Wenn die Nebenniere, das Organ, das für die Produktion von verschiedenen, wichtigen Hormonen zuständig ist, nicht richtig funktioniert, dann kann der Patient von milden bis zu schwerwiegenden Symptomen alles zeigen. Eine Unterfunktion der Nebennierenrinde wird Hypoadrenokortizismus oder Addison-Erkrankung genannt.“ Betreffen kann das Leiden Hunde aller Rassen und jeden Alters, wobei Hündinnen großer Rassen besonders häufig davon betroffen sind. Insgesamt kann die Addison-Krankheit plötzlich (akut) auftreten oder schleichend (chronisch) verlaufen.
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Symptome erinnern oft an Hunde-Burn-Out
Dabei können die Symptome recht vielseitig sein. Sie umfassen Leiden wie Magen-Darm-Beschwerden, Erbrechen oder reduzierter Appetit, Durchfalls sowie Verstopfung und Gewichtsverlust mit sich bringen, erklärt Dr. Herder. „Meist sind diese Symptome intermittierend vorhanden. Es kann auch zu extremer Lethargie oder Leistungsminderung kommen. Auch akute Schwäche mit Zusammenbrüchen und Krämpfen sowie vermehrtes Trinken werden beschrieben. Auch Muskelschwäche kann bei einigen Patienten im Vordergrund stehen“, weiß die Expertin.4
Viele der Symptome wie Schwäche und Leistungsabfall können bei den Tieren „Burnout“-ähnlich wahrgenommen werden, sagt Vanessa Herder. Allerdings könnten die Tiere auch an der Addison-Erkrankung sterben, wenn es zur sogenannten Addison-Krise kommt. „Die meisten Hunde sind mittel-alt. Weibliche Tiere sind häufiger betroffen als männliche und generell handelt es sich um ein seltenes Krankheitsbild in der Kleintierpraxis“, ordnet Dr. Herder ein.
Wie kommt es zu Morbus Addison?
Hauptursache für Morbus Addison sei eine Zerstörung der Nebennierenrindenbereiche. Doch wie kommt es dazu? „Obwohl nicht alle Ursachen vollständig geklärt sind, kommen autoimmune sowie neoplastische und infektiöse Krankheitsprozesse der Nebenniere infrage“, erklärt Dr. Herder im Gespräch mit PETBOOK. Zudem könnten auch Medikamente, wie beispielsweise Trilostane oder Mitotane einen Schaden der Nebenniere verursachen.
Die Nebennierenrinde produziert neben Kortison, Hormone, die auch den Wasserhaushalt und Blutdruck des Körpers regulieren sowie Sexualhormone. „Stresshormone, wie Adrenalin kommen nicht aus der Nebennierenrinde, sondern aus dem Nebennieren-Mark. Welche Symptome bei Nebennierenrinden-Erkrankungen dominieren, hängt davon ab, welcher Teil der Nebenniere in welchem Ausmaß geschädigt ist“, erklärt Dr. Vanessa Herder.
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So schätzt die Expertin die Lebenserwartung betroffener Hunde mit Addison-Erkrankung ein
Sollte der Verdacht einer Addison-Erkrankung beim Hund bestehen, so untersucht der Tierarzt unter anderem die Blut-Elektrolyte wie Natrium und Kalium. Zudem werde auch eine Untersuchung zur Nierenfunktion gemacht, um die Kreatinin-Werte und den Harnstoff zu bestimmen. „Ein ACTH-Stimulationstest ist wichtig, um die Funktion der Nebennieren-eigenen Kortisonproduktion zu überprüfen“, erklärt die Veterinärin im Gespräch mit PETBOOK.
Anschließend werde zwischen einer akuten Therapie unterschieden, die dafür sorgt, dass Patienten im kritischen Zustand (sog. Addison Krise) stabilisiert werden. Allerdings sei für alle Patienten mit Addison Erkrankung auch eine lebenslange Therapie mit Medikamenten nötig, welche die Hormone ergänzt, die von der beschädigten Nebenniere nicht mehr produziert werden.
Bei medikamentöser Behandlung nach einer Addison-Diagnose kann meist nicht nur das Leben des erkrankten Hundes gerettet, sondern in der Regel auch ein gutes, weiteres Hundeleben gewährleistet werden, sagt Dr. Herder. „Ist der Patient gut mit Medikamenten eingestellt, ist die Prognose relativ gut und die Lebensdauer nicht verkürzt. Eine regelmäßige Überprüfung der Blutparameter ist aber wichtig.“