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PETBOOK-Interview

Herstellerin von CBD-Öl für Hunde: »Wir hatten mit vielen Vorurteilen zu kämpfen

Collage aus Porträt vom Meike Köstring mit ihrem Ridgeback und Ölflasche mit Hanfblatt im Kreis
Meike Köstring war die Erste, die CBD-Öl für Hunde in Deutschland auf den Markt brachte. Im Interview erzählt sie, mit welchen Vorurteilen sie damals zu kämpfen hatte Foto: Meike Köstring/ Getty Images (Kreis)
Porträt Saskia Schneider auf dem PETBOOK Relaunch
Redaktionsleiterin

16. Juli 2024, 15:11 Uhr | Lesezeit: 11 Minuten

CBD-Öl soll eine beruhigende Wirkung haben und ist mittlerweile auch im Haustiermarkt angekommen. Meike Köstring war die Erste, die das Produkt für Hunde in Deutschland auf den Markt brachte. Doch der Weg dahin war nicht leicht. Im Interview mit PETBOOK verrät die Gründerin der Marke nacani, mit welchen Vorurteilen sie kämpfen muss und warum CBD-Öl Hunden bei Angst und Stress helfen kann, aber auch kein Wundermittel ist.

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„Ich mach’ meinen Hund doch nicht high!“ Diesen Spruch musste sich Meike Köstring schon öfter anhören. Die Gründerin der Marke „nacani – CBD für Tiere“ ist eigentlich Designerin. Im Jahr 2018 wagte sie als Erste den Schritt, Produkte mit CBD für den deutschen Haustiermarkt herzustellen. Dabei steht CBD für Cannabidiol, einem natürlichen Inhaltsstoff der Hanfpflanze. Er soll bei vielen gesundheitlichen Beschwerden, wie Angstzuständen, Schmerzen oder Verdauungsstörungen helfen. Da Cannabidiol kaum THC enthält, macht das CBD-Öl Hunde weder „high“ noch süchtig. Trotzdem hatten Köstring und ihr Team nicht nur mit vielen Vorurteilen, sondern auch einigen Hürden zu kämpfen, wie sie im Interview mit PETBOOK verrät.

»Der Markt in Deutschland war noch unterentwickelt

PETBOOK: Frau Köstring, Ihr Unternehmen war das Erste, das CBD-Produkte für Hunde auf den deutschen Markt brachte. Was brachte sie auf diese Idee?
Meike Köstring: „Ich war schon immer ein Hanffreund. Die Idee, CBD-haltige Leckerlis für Hunde herzustellen, kam mir 2017 beim Gassigehen. Zu der Zeit kannte in Deutschland noch kaum jemand CBD. In Amerika war das anders – dort war der Markt schon riesig! Aus den USA gab es auch einige Studien zur Wirksamkeit von CBD. Das Thema hat mich von Anfang an begeistert. Nicht nur, weil mein eigener Hund schon seit dem Welpenalter einige gesundheitliche ‚Baustellen‘ hatte, für die CBD eine Lösung sein könnte, sondern auch, weil der Markt in Deutschland und Europa noch so unterentwickelt war. Das habe ich als eine große Chance gesehen. Von der Idee bis zum fertigen Produkt vergingen zwei Jahre Entwicklungszeit. 2018 wurde nacani dann als Produktionsstätte für CDB-haltige Snacks in Bayern abgenommen und zugelassen.“

Das heißt, das CBD-Öl für Hunde kam später?
„Genau, am Anfang waren wir wirklich nur auf CBD-haltige Leckerlis spezialisiert. Die sind schon vorportioniert und man kann sie praktisch in die Tasche stecken. Erst danach haben wir auch das Öl auf den Markt gebracht. Am Anfang nur in der Stärke von 2,8 Prozent. Es hat uns dann noch weitere zwei Jahre gekostet, bis wir ein CBD-Öl in doppelter Stärke entwickelt hatten.“

„In Bayern haben gleich drei Ämter hinter unserem Rücken miteinander kommuniziert“

Produkte, die von der Hanfpflanze stammen, sehen viele Verbraucher kritisch und die Behörden sind recht streng, was das Thema angeht. Welche Hürden gab es?
„Vorreiter in einem Business zu sein, was es damals noch nicht gab, war wahnsinnig schwierig – aber auch lustig. Da wir die Ersten in Deutschland waren, schauten die Behörden bei uns ganz genau hin. In Bayern etwa haben gleich drei Ämter hinter unserem Rücken miteinander kommuniziert und sich ausgetauscht über die ‚verrückten Weiber, die irgendwas mit Hanf für Hunde machen wollen‘. Daher haben wir uns gesagt: ‚Wenn, dann machen wir es richtig.‘ Wir haben uns von Anfang an einen Anwalt genommen und für alle unsere Produkte eine anwaltlich bestätigte Bescheinigung der Verkehrsfähigkeit erwirkt.“

Werden die Produkte auch behördlich überprüft?
„Ja, wir arbeiten eng mit unserer Futtermittelbehörde und dem Veterinäramt zusammen, die auch regelmäßig Proben nehmen und sich alles genau anschauen. Aber ich finde das gut, denn wir achten sehr auf Qualität. Trotzdem war es nicht leicht, bekannt zu werden. Man darf zum Beispiel keine Werbung auf Instagram und Facebook machen. Das ist verboten. Wir waren zwar mal auf Amazon gelistet, die haben uns aber wieder ‚rausgekickt‘. Auch Payment Provider können einem abspringen.“

„Es ist kein leichtes Business, aber es ist ein schönes Business“

Aber CBD-Öl ist doch in Deutschland legal …
„Schuld daran ist das American Federal Law, also das übergreifende amerikanische Gesetz, auf dessen Basis die digitalen Firmen agieren und unsere digitale Welt kommt zu gefühlten 99 Prozent aus Amerika. Deutsche Gesetzeslagen zählen da leider nicht. Es ist also kein leichtes Business, aber es ist ein schönes Business, weil man wirklich ein Hundeleben – und damit auch ein Menschenleben – positiv verändern kann.“

Warum ist auf der Verpackung von Ihrem CBD-Öl für Hunde keine Hanfpflanze zu sehen?
 „Weil man eigentlich nur Dinge auf die Verpackung drucken oder hervorheben darf, die als Zusatz oder speziell in einer bestimmten Menge drin sind. Und unsere Produkte haben ja lediglich einen natürlichen CBD-Anteil. Das heißt aber nicht, dass andere Hersteller sich an diese rechtliche Vorgabe halten. Viele trauen sich das immer wieder, sind dann aber meist auch schnell vom Markt verschwunden.“

Trotzdem hatten und haben Sie mit vielen Vorurteilen zu kämpfen gehabt. Was waren die häufigsten?
„Also am Anfang kamen natürlich oft Sprüche wie ‚Ich mache meinen Hund doch nicht abhängig‘ oder ‚Ich mache meinen Hund doch nicht high‘. Meist fehlt dort das Wissen, dass THC für die berauschende Wirkung von Cannabis verantwortlich ist und in unseren Produkten nahezu kein THC enthalten ist. Es ist aber mittlerweile viel besser geworden, was die Reaktionen der Leute angeht. Am Anfang war es wirklich schwierig.“

„Es gibt einige Studien zur Wirksamkeit“

Bisher gibt es wenig wissenschaftliche Untersuchungen zum Wirkmechanismus von CBD-Öl bei Hunden oder anderen Haustieren. Daher sind viele Verbraucher skeptisch …
„Wenn CBD keinen Effekt auf Hunde hätte, wären wir nicht so lange auf dem Markt. Es gibt einige Studien zur Wirksamkeit aus den USA. Die meisten davon haben untersucht, wie sich CBD auf den Bewegungsapparat von Hunden auswirkt – vielleicht, weil hier die Effekte am besten messbar sind.“

Wie wirkt denn CBD im Körper von Hunden?
„Im Prinzip gehört CBD zu den körpereigenen Botenstoffen. Das heißt, jedes Säugetier – also auch wir – produziert selbst CBD. Diesen Botenstoff kann man sich wie eine Art Polizei im Körper vorstellen. Zum Beispiel reguliert und blockiert es Stresshormone und sorgt so dafür, dass der Körper gut läuft und funktioniert. Produziert man zu wenig CBD, kann dies zu verschiedenen Problemen – psychisch wie körperlich – führen.

Zudem wird der Botenstoff im Alter abgebaut. Dann hilft es, CBD aus dem weiblichen Hanf zuzuführen, um dem Körper dieses Defizit wieder auszugleichen. Das CBD aus dem Hanf besitzt nämlich zu etwa 98 Prozent die gleiche chemische Zusammensetzung wie unser körpereigenes CBD und dockt auch an die gleichen Rezeptoren an.“

»Wir bekommen viele Videos von Hunden, die vorher nicht zur Ruhe kamen

In einer Studie der Cornell Universität konnten Wissenschaftler nachweisen, dass 83 Prozent der Hunde weniger Angstverhalten vor stressigen Ereignissen zeigten, wenn sie vorher CBD bekamen. Haben Sie Erfahrungswerte von Kunden, was die Wirkung des CBD-Öls für Hunde betrifft?
„Ja, wir haben dafür extra eine Facebook-Gruppe, in der unsere Kunden sich über ihre Erfahrungen austauschen können. Wir bekommen aber auch immer wieder Feedback. Das Schönste ist, wenn man so etwas liest, wie: ‚Mein alter Hund springt wieder‘ oder ‚Mein nervöser Hund ist viel entspannter‘. Wir bekommen viele Videos von schlafenden Hunden im Büro oder im Auto, die vorher einfach nicht zur Ruhe kamen.

Manchmal bessert sich das Verhalten der Hunde durch die Gabe von CBD so sehr, dass die Kunden es nach einiger Zeit sogar wieder vollständig absetzen können. Von solchen Erfolgserlebnissen zu hören, freut mich immer riesig. Dadurch bekommt man einen ganz anderen Antrieb!”

Arbeiten Sie mit anderen Experten oder Wissenschaftlern zusammen?
„Wir arbeiten mit einer Tierheilpraktikerin zusammen, vor allem was die Behandlung von Angststörungen betrifft. Ich habe im Team aber auch eine Hundetrainerin dabei, mit der ich mich über Ideen für neue Produkte austausche. Zu unseren B2B-Kunden gehören übrigens auch einige Physiotherapeuten. Die bieten unsere Produkte nicht direkt an, aber sie verschreiben sie ihren Patienten. Deshalb sind das eigentlich unsere besten Verkaufspartner.“

Jeder Fall ist anders und jeder Hund ist anders

Wenn man sich ansieht, was CBD-Öl für Hunde alles können soll, hört sich das fast zu gut an, um wahr zu sein. Wird hier gern auch mal übertrieben?
„CBD ist nicht die Pille von jetzt auf gleich. Es braucht Zeit, um Stück für Stück seine Wirkung zu entfalten. Daher sage ich meinen Kunden immer: ‚Ihr müsst das ausprobieren.‘ Jeder Fall ist anders und jeder Hund ist anders. Der eine braucht mehr, der andere weniger. Ich stelle auch immer klar: ‚Ich kann dir nichts versprechen, weil ich dein Tier nicht kenne. Ich weiß nicht, wie schlimm der Status quo ist und wie stark das CBD bei ihm wirkt.‘“

Gibt es Hunde, denen CBD-Öl nicht helfen kann?
„Bei manchen Hunden ist die Angst zum Beispiel bereits in den Genen verankert. Das kennt man von Tierschutzhunden, deren Elterntiere schon viel Stress hatten. Heute wissen wir, dass sich dies weitervererben kann, man spricht dabei von Epigenetik. Diese Angst bekommt man nicht so leicht aus den Hunden raus. Das heißt nicht, dass es nicht besser werden kann, aber die werden durch CBD vermutlich keine ‚normalen‘ Hunde. Bei Tieren mit Deprivationssyndrom fehlen zum Beispiel komplette Synapsen im Hirn. CBD kann hier als Botenstoff helfen, diese Lücken teilweise zu überbrücken, da haben wir wirklich schon kleine Wunder erlebt.“

„Extrakte und Isolate von CBD sind offiziell verboten“

Worauf sollte man bei einem CBD-Öl für Hunde achten?
„Der erste wichtige Punkt ist die Zusammensetzung. Da gibt es große Unterschiede. Wir stellen unser Öl her, indem wir die komplette Hanfpflanze, also Blätter, Stängel und Samen in einer Ölmühle pressen. Dadurch haben wir ein reines Naturprodukt und das ist wichtig, denn Extrakte und Isolate von CBD sind offiziell verboten. Das bedeutet nicht, dass es die nicht auch auf dem Markt zu kaufen gibt.“

Woran erkennt man als Verbraucher den Unterschied?
„Ein hochwertiges CBD-Öl erkennt man unter anderem an seiner dunklen Farbe. Durch viele Öle kann man durchsehen, denn darin fehlen die ganzen anderen Pflanzenbestandteile und auch die Bitterstoffe. Diese wurden einfach alle rausgefiltert. Das sorgt aber dafür, dass der Körper das Öl nicht mehr so gut aufnehmen kann. Unser Öl ist dunkel, worüber sich übrigens viele Hanf-Enthusiasten freuen. Die haben nämlich keine Lust mehr auf die ganzen 08/15 Lifestyle-Produkte.“

Wie viel CBD gebe ich denn dem Hund? Ist das abhängig von der Größe?
„Die Dosierung ist der zweite wichtige Punkt. Manchmal hören wir von Kunden, sie hätten schon CBD ausprobiert und es hätte nichts gebracht. Oft haben sie ihrem Hund aber irgendein Produkt gegeben, in dem CDB drin sein sollte, das aber keine Dosierungsanleitung enthielt. Ich frage mich dann immer, wie das gehen soll. Ein Hund benötigt etwa 0,5 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht. Viele Kunden sagen mir dann: ‚Das hat mir keiner gesagt!‘ Dann rate ich ihnen, es noch mal zu probieren.“

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»Ich hoffe, dass die Vorurteile durch die Legalisierung nachlassen

In vielen Produktbeschreibungen steht, dass CBD-Öl für Hunde völlig ungefährlich sei. Aber jedes Mittel hat Nebenwirkungen. Haben Sie da Erfahrungen?
„Wir haben die Erfahrung gemacht, dass Hunde, die mal wesentlich mehr als die empfohlene Tagesdosis nehmen, einfach mehr schlafen. Wir hatten zum Beispiel mal eine Kundin mit einer Mops-Hündin, die ganze 67 Kugeln unserer CBD-haltigen Snacks gefuttert hatte. Die hat am nächsten Tag einfach durchgepennt.

Eine andere Kundin hatte einen Mini-Sheltie, der ganze 30 Milliliter Öl auf einmal aufgeschleckt hat, weil es seinem Frauchen heruntergefallen war. Der hat das Zeug einfach pur geliebt. Sie hat dann erzählt, dass er ein bisschen benommen wirkte, wie nach einer OP-Narkose. Unserer Erfahrung nach schlafen die Hunde sich dann einfach aus und sind am nächsten Tag wieder fit. Aber natürlich kann es Wechselwirkungen mit Medikamenten geben. Deswegen raten wir auch immer in so einem Fall, die Gabe erst mal mit dem behandelnden Tierarzt abzusprechen.“

Wie glauben Sie, wird sich der Markt bei CBD-Öl für Hunde entwickeln?
„Ich hoffe natürlich, dass das ganze Thema CBD und Hanf durch die Legalisierung viel stärker ins Bewusstsein der Leute kommt und die Vorurteile dann nachlassen. Ich befürchte aber, es wird noch dauern, bis wir auf einem Stand sind wie Amerika oder Israel, wo CBD – und übrigens auch THC – auch in der Humanmedizin bereits wesentlich verbreiteter sind und zum Beispiel auch oft in Altenheimen eingesetzt werden.“

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