20. September 2023, 10:34 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Der Bandscheibenvorfall ist eine der häufigsten Rückenerkrankungen beim Menschen. Alleine in Deutschland sind jährlich rund 180.000 davon betroffen. Was viele nicht wissen: Bandscheibenvorfälle können auch bei Hunden vorkommen und das mit teils heftigen Folgen.
Man hört im Alltag häufig von Menschen, die mit einem Bandscheibenvorfall zu kämpfen haben. Bandscheiben sorgen – sehr vereinfacht gesagt – dafür, dass die Beweglichkeit der Wirbelsäule gewährleistet ist und wirken wie ein Puffer zwischen den Wirbeln. Beim Bandscheibenvorfall – in Fachkreisen auch Bandscheibenprolaps genannt – tritt, stark vereinfacht erklärt, der gelartige Kern aus der elastischen Hülle der Bandscheibe hervor. Auch Hunde können von solch einem Bandscheibenvorfall betroffen sein. PETBOOK sprach mit Tierärztin Dr. Vanessa Herder darüber, wie es dazu kommt und welche Folgen entstehen können.
Übersicht
Der Bandscheibenvorfall beim Hund
Die Diagnose „Bandscheibenvorfall“ kann durchaus auch bei Hunden vorkommen. Dort funktioniert der Vorfall nach einem ähnlichen Prinzip, wie beim Menschen. Insgesamt kommen Bandscheibenvorfälle häufiger bei kleinen Hunderassen mit langem Rücken und kurzen Beinen vor – beispielsweise beim Dackel, Pekinese oder Basset. Allesamt chondrodystrophe Rassen, die eher zu dieser Erkrankung neigen, erklärt Tierärztin Dr. Vanessa Herder im Gespräch mit PETBOOK. „Bei diesen chondrodystrophen Rassen kann es dazu kommen, dass die Zwischenwirbelscheiben in den Wirbelkanal eindringen und neurologische Schäden verursachen.“
Allerdings können ebenfalls größere Hunde betroffen sein – wenn auch seltener. Insbesondere Exemplare mit abfallender Lendenwirbel- und langer Halswirbelsäule, wie etwa Deutsche Schäferhunde. Neben genetischer Anfälligkeit und altersbedingtem Verschleiß können auch ein plötzliches Trauma oder eine Verletzung der Wirbelsäule – beispielsweise durch einen Unfall – aber auch Übergewicht zu einem Vorfall führen.
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Bandscheibenvorfall-Symptome beim Hund
Es gebe aber einen zentralen Unterschied zwischen dem menschlichen und dem tierischen Bandscheibenvorfall, erklärt Herder. „Beim Hund kommt es durch das Bandscheibenmaterial, was in den Wirbelkanal eintritt, häufig zu Schäden des Rückenmarks. Beim Menschen sind hingegen oft ‚nur‘ die Nerven betroffen und weniger das Rückenmark. Das liegt daran, dass das Bandscheibenmaterial beim Menschen in diesen Bereichen ausschließlich auf Nerven vordringt. Beim Hund hingegen ins Rückenmark.“ Das unterscheide oft auch die Schwere der Symptome.
Der Katalog, der damit assoziierten Symptomen ist recht vielseitig. Wobei die Symptome auch sehr von Stelle und Stärke des Leidens abhängen. Dennoch ist so ein Vorfall in der Regel mit Schmerzen für das Tier verbunden. So können für Halter folgende Punkte Hinweise auf die Erkrankung geben:
- ein vor Schmerzen gekrümmter Rücken
- plötzliche Empfindlichkeit auf Berührungen im Wirbelsäulenbereich
- plötzliche Verweigerung von anstrengenden Bewegungen wie Treppensteigen
- veränderte Gangart
- plötzliche Inkontinenz, da ein Bandscheibenvorfall zu Blasen- und Darmkontrollverlust führen kann
- starke Lähmungserscheinungen
So wird der Bandscheibenvorfall diagnostiziert
Beim Verdacht auf einen Vorfall sollte zügig ein Tierarzt aufgesucht werden. Mithilfe neurologischer Untersuchungen oder bildgebender Diagnostik wie Röntgen oder auch CT und MRT kann der Tierarzt andere Erkrankungen oder Brüche ausschließen und den Bandscheibenvorfall bestätigen.
Je nach Schwere und Größe der betroffenen Stelle entscheidet der Arzt, welche Art der Therapie für den Hund infrage kommt. Dabei gibt es von konservativen Therapien bis hin zu Operationen verschiedene Möglichkeiten.
Ganz harte Fälle können nicht immer geheilt werden
Bei einem leichten Bandscheibenvorfall ohne Lähmungserscheinungen oder Inkontinenz verordnet der Arzt meist Schmerzmittel und Ruhigstellung sowie anschließende Physiotherapie. In schweren Fällen kann durchaus eine Operation notwendig sein, der eine mehrwöchige Regenerationsphase folgt.
Wie hoch die Heilungschancen stehen, lässt sich nicht pauschal sagen, doch es wird empfohlen, bei einem Verdacht schnellstmöglich bei einem Arzt vorstellig zu werden. Denn auch hier gilt: Was früher entdeckt wird, kann auch in einem früheren Stadium behandelt werden.
Denn, „bei 40 bis 50 % der Hunde mit wirklich schweren Bandscheibenvorfällen kann es dazu kommen, dass diese nicht wieder komplett hergestellt werden können“, erklärt Dr. Herder. „Also, dass sie nicht wieder lahmfrei werden oder ihre Lähmungen verlieren.“ Möglich sei auch, dass ein Bandscheibenvorfall im Laufe der Jahre wiederkomme – an derselben oder auch an einer anderen Stelle.
So kann man einem Bandscheibenvorfall vorgebeugen
Wie bei allem im Leben gibt es nie eine Garantie dafür, dass man mit dem richtigen Verhalten Erkrankungen komplett vorbeugen kann, aber es gibt Regeln, die helfen können, den Fall der Fälle unwahrscheinlicher zu machen:
- Vermeiden Sie häufiges Treppensteigen mit dem Hund
- Lassen Sie Ihren Hund nicht aus dem Auto springen
- Steigen Sie auf ein Hundegeschirr um, das entlastet die Halswirbelsäule
- Achten Sie auf das Gewicht Ihres Hundes
- Achten Sie beim Hochheben Ihres Hundes darauf, seinen Rücken gerade zu halten
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Quellen
- apotheken-umschau.de, „Bandscheibenvorfall: Symptome, Diagnose, Therapie“, (aufgerufen am 15.09.2023)
- masterhorse.de, „Bandscheibenvorfall beim Hund“, (aufgerufen am 15.09.2023)
- dkv.com, „Welche Aufgaben haben die Bandscheiben?“, (aufgerufen am 15.09.2023)
- figopet.de, „Bandscheibenvorfall beim Hund“, (aufgerufen am 15.09.2023)
- tk.de, „Ein gesunder Rücken braucht gut funktionierende Bandscheiben“, (aufgerufen am 15.09.2023)