5. November 2024, 7:12 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Dobermänner, Rottweiler, aber auch Jagdhunde wie Cocker Spaniel – vielen Hunderassen wurde früher die Rute und die Ohren kupiert. Warum eigentlich und wie sieht die Gesetzeslage heute dazu aus? PETBOOK verrät es in diesem Artikel.
Als ich sieben Jahre alt war, beschloss meine Familie – sehr zu meiner Freude – ein weiteres tierisches Familienmitglied bei uns aufzunehmen: einen Hund! Wie man das so macht, schauten wir uns eine Vielzahl an Rassen an, um ein Gefühl dafür zu bekommen, was es für Hunde gibt und welcher wohl zu uns passen könnte. Der erste Hund, den wir uns ansahen, war ein Deutsch Drahthaar – ein Jagdhund. Ich weiß noch ziemlich genau, dass ich mich damals wunderte, warum die Elterntiere so kurze Schwänze hatten und fragte meine eigenen Eltern auf dem Rückweg danach. Ihre Antwort war damals – im Jahr 1995 – die Ruten seien „kupiert“ worden.
Was heißt „kupieren“?
Das Wort „kupieren“ kommt vom französischen „couper“, was so viel wie „schneiden“ bedeutet. Das Kupieren von Rute aber auch Ohren beschreibt also das chirurgische Kürzen und war bis vor wenigen Jahrzehnten in vielen Ländern eine gängige Praxis. Mit unserem heutigen Verständnis von Tierschutz klingt das für viele ziemlich barbarisch.
Gründe für das Kupieren von Rute und Ohren
Warum wurde Hunden überhaupt die Rute oder auch die Ohren kupiert? Die Gründe dafür sind tatsächlich vielfältig. An erster Stelle ist jedoch die Funktionalität zu nennen. Bei einigen „Arbeitshunden“, wie zum Beispiel Jagd- oder Hütehunden, wurden die Ruten früher kupiert, um Verletzungen im dichten Unterholz zu verhindern. Warum sich die Hunde an ihrer Rute oder den Ohren verletzen sollen, ist unklar und nicht wissenschaftlich belegt. Das Kupieren bietet also keinen echten Vorteil.
Wie bei vielen heutigen Rassemerkmalen war ein Grund für das Kupieren die Ästhetik. In vielen Kulturen wurden früher bestimmte Hunderassen mit kupierten Ohren und Schwänzen als besonders edel oder rassetypisch angesehen. Einige Hunderassen, wie zum Beispiel der Dobermann, sollten durch die kupierten Körperfortsätze schärfer erscheinen und sie davor schützen, beim Angriff festgehalten zu werden.
Kupierte Hunde als soziales Statussymbol
Zudem waren Hund mit kupierten Ohren oder Rute in manchen Gesellschaften früher ein Zeichen von Reichtum und hohem sozialen Status. Nur wohlhabende Menschen konnten sich diesen oft teuren (und blutigen) Eingriff leisten.
Ein Grund, warum vor allem bei Hunderassen, die früher zum Kampf eingesetzt wurden, kupierte Ruten und Ohren vorkamen, ist Aggressivität. So gab es die weitverbreitete aber falsche Annahme, dass das Kupieren von Schwänzen und Ohren Hunde aggressiver oder weniger empfindlich machen würde.
Die Schattenseiten des Kupierens
Das Kupieren von Rute und Ohren beim Hund ist ein schmerzhafter Eingriff, der für die Tiere mit erheblichen Risiken verbunden ist. Denn in der Regel wird das Kupieren nicht unter Narkose durchgeführt. Selbst wenn die Hunde eine Narkose erhalten, ist der Eingriff anschließend mit starken Schmerzen verbunden. Die offene Wunde ist zudem anfällig für Infektionen.
Schließlich kann der Verlust der Rute kann für Hunde eine tiefe emotionale Belastung darstellen. Der Schwanz ist ein wichtiges Kommunikationsmittel. Hunde wedeln mit ihm, stellen ihn auf, wenn sie etwas sehen und zeigen mit der Rute ihre Gefühle.
Deswegen ist das Kupieren von Hunden in Deutschland laut dem Deutschen Tierschutzbund illegal. Paragraf 6, Absatz 1 Satz 1 des Tierschutzgesetzes verbietet das Kupieren von Hunderuten seit mehr als 20 Jahren. Das Kupieren der Ohren ist bereits seit 1987 nicht zulässig.1
Unter diesen Umständen werden Rute und Ohren trotzdem kupiert
Doch keine Regel ohne Ausnahme! So brutal das Kupieren von Hundeschwänzen auch ist und obwohl es eigentlich verboten ist, gibt es dennoch Menschen, die das Verbot umgehen und ins Ausland reisen, um dort kupieren zu lassen. Dieser sogenannte „Kupiertourismus“ ist ebenfalls verboten.
Es gibt allerdings auch Hunde, die ohne Rute zur Welt kommen, wie zum Beispiel Bretonen. Diese angeborene Verkürzung nennt sich „Anurie“ und ist optisch kaum von einer kupierten Rute zu unterscheiden.
Tierschützer fordern, auch Jägern das Kupieren zu verbieten
Auch in der Jagdhund-Zucht ist es nach wie vor erlaubt, Hunden die Rute zu kupieren. Die Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz e. V. (TVT) fordert deshalb in einem Schreiben an Bundesminister Cem Özdemir für Ernährung und Landwirtschaft zur Überarbeitung des Tierschutzgesetzes, die Ausnahme zu streichen.
Im Schreiben heißt es dazu: „Die Rute ist für Hunde ein wichtiges Ausdrucksmittel für die innerartliche Kommunikation. Auch bei einer nur teilweisen Amputation der Rute liegen Einschränkungen im Kommunikationsverhalten vor. Zudem ist die Rute auch wichtig für die Steuerung und das Balancehalten bei Bewegungsabläufen zu Land und im Wasser.“
Warum Jäger finden, dass das Kupieren der Rute weiterhin erlaubt bleiben muss, lesen Sie im PETBOOK-Interview mit Biologe und Jäger Biologe Torsten Reinwald.
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Fazit
Das Kupieren von Hundeschwänzen ist ein dunkles Kapitel der Hundegeschichte, das leider noch nicht gänzlich beendet ist. Die Novellierung des Deutschen Tierschutzgesetzes könnte hier einen wichtigen Beitrag leisten.