30. Juni 2024, 15:54 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten
Hunde duften nicht immer angenehm für uns Menschen. Aber sollte man seinen Vierbeiner deswegen mit Parfum einnebeln? Und kann das nicht auch schädlich sein? Schließlich ist die Hundenase so viel sensibler als die unsere. PETBOOK-Redakteurin und Biologin Saskia Schneider ist diesen Fragen auf den Grund gegangen.
Mal ganz ehrlich: nasse Hunde riecht wohl niemand wirklich gerne. Aber auch sonst duften unsere Vierbeiner nicht immer angenehm, selbst, wenn sie eigentlich sauber sind. Hier soll Hundeparfum Abhilfe schaffen. Es umgibt den Hund „mit einer dezent anziehenden Aura und erzeugt so Aufmerksamkeit“ preist ein Hersteller sein Produkt an. In Maßen aufgetragen soll der Duft Hunde nicht stören und auch die gegenseitige Dufterkennung nicht beeinträchtigen. Aber stimmt das wirklich? Als Biologin machen mich solche Behauptungen skeptisch. Zumal die Hundenase um ein Vielfaches empfindlicher ist als unser Riechorgan.
Wozu überhaupt Hundeparfum?
Hier in Deutschland kommt Hundeparfum eigentlich hauptsächlich auf der Hundeschau bei Zucht-Ausstellungen oder beim professionellen Groomer zum Einsatz. Der vorrangige Zweck: Der Hund soll – für den Menschen – gut riechen.
Einen blumigen oder angenehmen Duft verbinden viele Menschen mit Sauberkeit, Gepflegtheit und er kann den Duft-Träger auch attraktiver wirken lassen. Bei einer Hundeschau mach der Einsatz also durchaus Sinn und kann die Richter vielleicht unterbewusst beeinflussen, dem Hund eine bessere Wertung zu geben. Aber auch auf Herrchen und Frauchen macht der Vierbeiner gleich einen besseren Eindruck, wenn er nach dem Hundefriseur nicht nur wieder gepflegt aussieht, sondern auch noch angenehm riecht.
Im privaten Umfeld kenne ich allerdings niemanden, der seinen Hund mit Duft besprüht. Auch im Tierfachgeschäft meines Vertrauens werde ich nicht fündig. Dort gibt es nur ein Fellpflegespray – selbstverständlich unparfümiert. Trotzdem lohnt es sich, sich einmal mit dem Thema auseinanderzusetzen, denn in Ländern wie den USA oder Japan und Korea wächst der Markt für Hundepflege, wie ein Besuch auf der internationalen Haustiermesse Interzoo zeigte.
Das soll Hundeparfum können
Hundeparfum soll dem Vierbeiner nicht nur einen angenehmen Duft verleihen. Je nach Produkt, sollen die Sprays schlechte Gerüche neutralisieren, das Fell pflegen, eine beruhigende Wirkung auf Hund und Halter haben oder den Vierbeiner sogar attraktiver wirken lassen: „Ein wohlriechender Hund schickt seinem zweibeinigen Gegenüber schon weit im Voraus eine positive Duftwelle entgegen und sagt – ohne Worte – ich dufte gut, also bin ich Dir sympathisch!“, heißt es auf der Web-Seite eines Herstellers. Der Duft soll dabei besonders lang auf dem Fell des Hundes verbleiben, um sozusagen die Zeit bis zum nächsten Bad zu überbrücken.1
Wonach riecht Hundeparum?
Diese Frage ist schnell beantwortet: Nach dem, was Menschen eben gerne riechen. Ganz vorn dabei sind blumige Düfte wie Rosen, Jasmin, Magnolie oder Veilchen. Aber auch Vanille, Früchte wie Pfirsich und Melone oder Moschus-Düfte kommen zum Einsatz.
Zwar behaupten viele Hersteller, die Düfte wären so kreiert, dass auch der Hund diese als angenehm empfindet. Aber bei Geruchsrichtungen wie Patschuli, die schon unter Zweibeinern für gespaltene Gemüter sorgen, fragt man sich, wie glaubwürdig das Ganze ist.
Auch Zitrusdüfte wie Mandarine sind nicht „jederhundes“ Sache. Besonders kritisch wird es dann, wenn Hersteller behaupten, ihr Produkt wäre sowohl für Hunde als auch Katzen geeignet. Denn während es durchaus Hunde gibt, die auch gerne Mandarinen fressen, nehmen Katzen in der Regel bei jeder Art von Zitrusdüften Reißaus.
Wie sicher ist Hundeparfum?
Stellt sich also letztendlich die Frage, wie sicher Hundeparfum wirklich ist. Viele Hersteller werben damit, dass der Hund für mehrere Tage und sogar Wochen gut duften soll. Aber was, wenn der Vierbeiner das Parfum nicht verträgt? Immerhin können die Tiere empfindlich und sogar allergisch auf bestimmte Duft- oder Inhaltsstoffe reagieren.
Zwar weisen viele Hersteller von Hundeparfum darauf hin, das Produkt nur auf das Fell und nicht in die Nähe von Gesicht oder Genitalregion zu sprühen bzw. den Kontakt mit den Schleimhäuten zu vermeiden. Doch auch Hunde putzen sich regelmäßig und lecken vor allem Substanzen, die sie stören, akribisch aus dem Fell.
Kritisch ist auch, dass einige Parfums für Hunde als ersten Inhaltsstoff Alkohol enthalten. Dieser kann theoretisch auch über die Haut aufgenommen werden. Oft sind die Inhaltsstoffe nicht mal angegeben – ein absolutes No-Go!
Düfte können Hunde stören
Selbst, wenn man ein Hundeparfum mit unbedenklichen Inhaltsstoffen wählt, bleibt die Problematik des Duftes. Denn im Gegensatz zu uns Menschen ist die Hundenase um ein Vielfaches empfindlicher. So verfügen unsere Vierbeiner über rund 300 Millionen Riechzellen und damit über bis zu 60-mal mehr Rezeptoren als wir Menschen2. Da die Düfte aber vor allem der menschlichen Nase schmeicheln sollen, sind sie so konzipiert, dass wir diese auf jeden Fall riechen.
Doch wenn ein Duft so „stark“ ist, dass wir ihn wahrnehmen – wie heftig muss er dann für unsere Hunde sein? Selbst wenn viele Hersteller behaupten, der Geruch würde die Hunde nicht in ihrem Verhalten und ihrer Kommunikation beeinflussen, gibt es dafür keinerlei Belege.
Zwar ist wissenschaftlich belegt, dass man Hunde auf bestimmte Düfte konditionieren kann, damit sie sich entspannen, generell ist die Studienlage zu dem Thema aber recht dünn, wie auch ein Forschungsteam aus Polen anmerkte. Die Wissenschaftler stellten sich 2022 der Frage, ob Hunde bestimmte Duftpräferenzen haben und hielten fest: „Hunde haben einen besonders empfindlichen Geruchssinn. Daher können starke Düfte sehr intensive und nicht immer angenehme Reize sein. Es ist daher wirklich interessant, dass Kosmetikprodukte für Hunde oft sehr starke Düfte haben, die hauptsächlich die Hundebesitzer ansprechen und nicht die Hunde selbst.“ 3
Wonach würden Hund gerne riechen?
Die polnischen Wissenschaftler untersuchen, welche Düfte – die auch für uns Menschen gut riechen – Hunde präferieren. Dabei stellten sie fest, dass die Vierbeiner eine erhöhte Interaktionsbereitschaft bei folgenden Düften zeigten:
- Blaubeere
- Brombeere
- Minze
- Rose
- Lavendel
- Linalol (Thymian)
Doch das bedeutet nicht, dass Hunde sich auch wünschen, danach zu riechen. So könnten beerige Düfte auch einfach attraktiv auf die Vierbeiner wirken, weil sie einen leckeren Snack dahinter vermuten. Zumindest scheinen die Düfte sie aber nicht abzuschrecken.
Wirft man einen Blick auf das Verhalten von Hunden, parfümieren sich unsere Vierbeiner aber tatsächlich gerne ein. Nur bevorzugen sie dabei Gerüche, die wir Menschen eher als abstoßend empfinden. So wälzen sich viele gerne in Aas oder dem Kot anderer Tiere. Früher dachte man, Hunde würden dies tun, um den eigenen Geruch zu überdecken. Heute vertreten Verhaltensbiologen und Hundeexperten eher die Theorie, dass Hunde sich in stinkenden Dingen wälzen, um für Artgenossen interessant und attraktiv zu riechen. Denn oft zeigen die Tiere nach dem Wälzen sogenanntes Imponierverhalten. Mehr dazu lesen Sie hier: Geruch überdecken? Darum wälzen sich Hunde in toten Tieren.
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Fazit: Ist Hundeparfum sinnvoll?
Wenn der Hund stinkt, ist es verständlich, dass seine Menschen das Bedürfnis haben, den schlechten Geruch wieder loszuwerden. Hier sollte man aber eher zum Vollbad als zu einem Parfum greifen. Erstens wird der Geruch von einem Hundeparfum eher überdeckt und zweitens schadet es im Zweifel mehr, als es nutzt.
Auf der Hundeschau oder beim Hundefriseur hat der Einsatz eher psychologische Hintergründe. Der duftende Hund soll einen frischen, sauberen und gepflegten Eindruck erwecken. Hier sollte jeder Halter selbst entscheiden, ob es ihm den Einsatz wert ist und bei der Produktwahl genau auf die Inhaltsstoffe achten. Für den täglichen Gebrauch ist Hundeparfum allein wegen der Tatsache der sensiblen Hundenase wohl eher nicht zu empfehlen.