13. November 2024, 15:47 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Unter Hundehaltern gibt es viele verschiedene Ansichten und Standpunkte darüber, wie man am besten mit seinem Tier umgehen sollte. Eine ungarische Studie beleuchtet nun drei unterschiedliche Arten von Hundebesitzern und zeigt auf, ob es für die Tiere gut oder schlecht ist, als Kinderersatz oder Arbeitshund gesehen zu werden.
Hunde und ihre Halter haben meist eine sehr enge Bindung. Doch die Motivation der Menschen, die sich für ein Tier entscheiden, scheint ziemlich unterschiedlich zu sein. Gerade kinderlose Frauen, die sich einen Hund zulegen, werden noch immer häufig mit dem Vorurteil konfrontiert, dass sie sich das Tier quasi als Kinderersatz angeschafft haben. Wie viel Wahrheit hinter diesem und anderen Vorurteilen steckt, zeigt nun eine Studie der Eötvös-Loránd-Universität in Budapest, Ungarn, die verschiedene Arten von Hundebesitzern identifizieren konnte.
Schadet es Hunden, wenn sie als Kinderersatz gelten?
Hauptautorin Laura Gillet erklärt die Motivation für die Studie in einer Pressemitteilung: „Interessanterweise waren die Hundebesitzer, obwohl wir Daten von Online-Gruppen sammelten, die sich speziell an Familienhunde richteten, nicht alle gleich“, so die Doktorandin am Institut für Ethologie. „Wir identifizierten drei unterschiedliche Profile von Hundebesitzern, deren Hunde vielfältige soziale und praktische Rollen spielten.“
Denn als Haustier gehaltene Hunde würden oft als Familienmitglieder, beste Freunde oder sogar als Kinderersatz angesehen, schreiben die Autoren in ihrer Untersuchung. Diese neuen Rollen und ihre Auswirkungen auf das menschliche Wohlbefinden seien bereits wissenschaftlich untersucht. Jedoch sei bisher wenig darüber bekannt, wie die Zuschreibung solcher sozialer Funktionen an Hunde das Fürsorgeverhalten des Besitzers beeinflussen könnte. Denn dies könne sich wiederum auf das Wohlergehen von Hunden auswirken. 1
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Was Halter an ihren Tieren schätzen – und was nicht
Um diese Unterschiede zu untersuchen, ließen die Forscherinnen 799 Hundehalter Online-Fragebögen ausfüllen und werteten insgesamt 790 valide Ergebnisse anschließend aus. Die Halter sollten bei der Befragung aufzeigen, welche Qualitäten ihrer Hunde besonders wichtig für sie waren und welche Eigenschaften nicht. Des Weiteren wurden Merkmale des Besitzers und gewählte Haltungsform, sowie Eigenschaften und Verhalten des Hundes, inklusive Problemen des Tiers genauer betrachtet.
Dabei zeigte sich, dass
- 97,6 Prozent der Besitzer Streicheln und körperlichen Kontakt mit dem Hund schätzen
- 93,7 Prozent die „bedingungslose Liebe“ des Tiers schätzen
- 88,4 Prozent ihren Hund schön finden
- 86,5 Prozent das Spazierengehen mit dem Hund schätzen
Probleme zeigten sich hingegen in Bereichen, die sich auf Hundeverhalten und den Einfluss auf das Leben der Besitzer beziehen. Dazu gehörten Verhaltensweisen wie:
- Hochspringen (33,2 Prozent)
- Jagen von Tieren (28,5 Prozent)
- Territorialverhalten (26,7 Prozent)
- Übermäßige Aufregung des Tiers (20,9 Prozent)
- Sozialisationsprobleme (20,4 Prozent)
- Zeitmangel (15,4 Prozent)
Die drei Arten von Hundebesitzern
Egal, in welche der drei Kategorien die Hundehalter in der Studie passten, 84,8 Prozent bezeichneten die Rolle ihrer Hunde als Familienmitglieder. 68,4 Prozent gaben ebenfalls an, dass ihre Hunde „Freunde“ für sie waren und der dritthäufigste genannte Begriff (38 Prozent) war „Haustier“.
Uneinigkeit herrschte dagegen bei der Bezeichnung „Rolle des Kindes“ und „wichtiger als jeder Mensch“. An dieser Stelle setzten die Forscher an, um die verschiedenen Arten von Hundebesitzern zu definieren.
Der Hundeeltern-Typ
Der Hundeeltern-Typ vergab in den Umfragen durchschnittlich höhere Werte in den Kategorien Haustier, Freund, Familienmitglied, Kind und „wichtiger als jeder Mensch“. Dies betraf knapp die Hälfte aller Befragten (49,5 Prozent). Besitzer, die als Hundeeltern bezeichnet wurden, hielten ihren Hund häufiger ausschließlich im Haus als andere.
Entsprechend schlossen die Forscher daraus auch, dass der Hundeeltern-Typ sich eher im städtischen Raum bewegt und die Hunde auf engerem Raum leben, dafür aber auch eine intensivere Beziehung zu ihren Haltern haben. Allerdings zeigte sich im Verhalten der Tiere kein erhöhtes Risiko für Trennungsangst oder Furcht im Allgemeinen.
Der nebenbei Begleithund-Typ
In diese Kategorie fielen 19,4 Prozent der Besitzer. Diese Halter vergaben durchschnittlich mittlere Wertungen und sahen ihre Hunde als Haustier, Freund und zur Familie gehörig. Jedoch bewerteten sie die Bereiche „Kind“ und „wichtiger als Mensch“ sehr negativ. Zudem wurden diese Tiere zwar als Begleithund eingesetzt, aber erfüllten auch praktische Zwecke, wie als Wachhund. Tendenziell wurden diese Hunde auch als gehorsamer und als größere Sicherheitsvorteile bietend von ihren Besitzern wahrgenommen.
Während diese Besitzer zwar die Auffassung teilten, dass Hunde als Begleiter zur Familie gehörten, „scheinen sie eine größere emotionale Distanz zu ihren Hunden aufrechtzuerhalten als die beiden anderen Gruppen“, heißt es in der Studie. Im Vergleich verbrachten diese Hunde auch weniger Zeit mit ihren zumeist älteren Haltern.1
Der duale Halter-Typ
In diese Kategorie fielen die restlichen 31,1 Prozent der Hundehalter. Sie stimmten darin überein, dass ihr Hund alle Rollen erfüllte, einschließlich der Rolle als Kind, Kollege und Assistenz-/Schutzhund. Daher wiesen sie ihren Hunden einen Doppelstatus zu, der sowohl praktische als auch begleitende Funktionen umfasst.
„Zum Beispiel wurden Hunde mit dualen Funktionen als sehr gehorsam wahrgenommen und mit positiver Verstärkung sowie professionellen Trainingsmethoden wie dem Clickertraining ausgebildet“, bemerkte Studienautorin Prof. Eniko Kubinyi, Leiterin des Instituts für Ethologie und der MTA-ELTE „Momentum“ Forschungsgruppe für Begleittiere in der Pressemitteilung.
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Auch eine ungefähre Zuordnung von bestimmten Hunderassen wurde aus den Daten der ungarischen Halter erkenntlich. Während „Hundeeltern“ häufig Border Collies, Magyar Vizsla, Boxer und Dackel hielten, setzten die „distanzierten Begleiter“ zwar auch auf Border Collies, aber auch auf den Malinois und den Deutschen Schäferhund. In der dualen Kategorie fanden sich besonders häufig der Labrador Retriever, der Mudi und der Englisch Cocker Spaniel.
Allerdings ließ sich bei keiner der unterschiedlichen Arten von Hundehaltern feststellen, dass die Ansichten zu vermehrten Problemen im Verhalten der Tiere führten. Die Trainingswerkzeuge und -methoden waren über alle Gruppen hinweg ähnlich. So arbeiteten 92,8 Prozent mit Lob, Streicheln (90,3 Prozent) und Futter (79,6 Prozent). Auch Hundetrainer und -schule nahm etwa die Hälfte (47,2 Prozent) häufig in Anspruch.
Dass jüngere Hundebesitzer stärkere emotionale Bindungen zu ihren Hunden aufbauen und sie eher als „Kinder“ bezeichnen, zeigt jedoch einen deutlichen Generationenwandel in der Hundehaltung. Doch obwohl die vorherige Generation eine deutlich andere Wahrnehmung der Tiere zeigte, gab es in vielen Punkten der straf- und gewaltfreien Hundeerziehung Einigkeit. 93,5 Prozent aller Teilnehmer gaben an, keine Elektrohalsbänder oder Stachelhalsbänder (90,8 Prozent) zu verwenden.