
13. Januar 2025, 6:32 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Ein Vierbeiner gehört für viele zum Familienglück dazu. Doch Kleinkinder und Hunde? Das geht nicht gut – findet PETBOOK-Autorin Manuela Lieflaender. Denn viele Eltern unterschätzen die Gefahr und die Verantwortung, die mit einer solchen Entscheidung einhergeht.
Zum perfekten Familienglück gehören für viele nicht nur Kinder, sondern auch Hunde dazu. Meist ist der Vierbeiner dabei das erste „Fellkind“, bevor ein echtes Baby zur Welt kommt. Und dann gibt es die Familien, die meinen sich einen Hund genau dann anzuschaffen zu müssen, wenn der Nachwuchs im Kleinkindalter ist. Eine Entscheidung, die ich verantwortungslos finde. Ja, es gibt einige Eltern, die die Situation zwischen Kleinkind und Hund im Griff haben. Doch diese sind selten.
Ein Zug und das Mädchen hätte auf der Nase gelegen
Erst neulich habe ich ein solches Horrorszenario auf der Gassirunde mit meinem Australian Shepherd Elvis gesehen. Ein kleines Mädchen, nicht älter als fünf Jahre, hielt eine Fünf-Meter-Rollleine. Daran befestigt war nicht etwa ein Chihuahua – nein, es war ein Briard. Der Hütehund lief aufgeregt von links nach rechts. Ein minimaler Zug auf der Leine und das Mädchen hätte auf der Nase gelegen.
Die Mutter schob derweil einen Kinderwagen mit einem weiteren Kind und unterhielt sich dabei angeregt mit einer Bekannten, die ebenfalls Nachwuchs im Schlepptau hatte. Keiner von den Erwachsenen bekam mit, dass Elvis und ich uns näherten. Ich habe mich umgedreht und bin einen anderen Weg gegangen. Auf solche Leute habe ich keinen Bock. Mal ganz davon abgesehen, dass ich keine fremden Hunde brauche, die meinen, ihren unfähigen Anhang gegenüber Elvis verteidigen zu müssen.
Vor allem Kleinkinder werden Opfer einer Beißattacke
Ich möchte gar nicht wissen, was bei diesen Menschen zu Hause abläuft. Es gibt etliche Studien, die belegen, dass vor allem kleine Kinder Opfer einer Beißattacke des Familienhundes werden. 1
Das hat mehrere Gründe: Zum einen haben kleine Kinder noch kein Gefahrenverständnis. Kinder können weder die Körpersprache der Tiere noch deren Verhalten nicht einschätzen. Sie missinterpretieren das Drohen oder Zurückweichen eines Hundes als Spiel, bedrängen und streicheln das Tier trotzdem. Umso schlimmer ist es, dass Kleinkinder und Hunde im Alltag häufig unbeaufsichtigt bleiben.
Oft erwischt der Hund den Kopf des Kindes
Die meisten Beißvorfälle ereignen sich, weil sich der Hund erschrocken hat, zum Beispiel, weil er während des Schlafens angefasst wurde. Oder weil man ihn beim Fressen gestört hat. Es gibt aber auch genügend Fälle, in denen Kinder Hunden Schmerzen zufügen, durch Kneifen, Ziehen an der Rute, Schlagen usw.
Schnappt der Hund dann zu – meist nach etlichen Verwarnungen, die aber nicht als solche wahrgenommen werden –, erwischt er aufgrund der Größe des Kleinkindes meistens dessen Kopf. Ein Krankenhausaufenthalt und nicht selten eine posttraumatische Belastungsstörung sind die Folgen. Das ergab eine Dissertation basierend auf Daten von vier Berliner Krankenhäusern. 2
Manche Menschen wären mit einem Stofftier besser beraten
Ein belgisches Forscherteam der Ghent University kam in einer Studie zu dem Ergebnis, dass die meisten Beißvorfälle bei Kindern hätten vermieden werden können, wenn die Eltern besser über das Verhalten von Hunden informiert oder anwesend gewesen wären. Aber es gibt nun mal einfach zu viele Menschen, die mit einem Stofftier besser beraten wären als mit einem Hund, da sie keinerlei Verständnis für ein Tier haben und gar nicht dazu in der Lage sind, ihm gerecht zu werden.
Fakt ist auch, dass den meisten Eltern oder Alleinerziehenden die Zeit fehlt, sich adäquat um Kind und Hund zu kümmern. Sowohl Kinder als auch Hunde müssen erzogen werden und klare Regeln im Umgang miteinander bekommen. Aber das ist auch wieder so ein Thema: Heutzutage lässt man Kinder lieber von Lehrern erziehen (wenn überhaupt) und Hunde von Hundetrainern (wenn überhaupt), anstatt sich selbst zu bemühen. Hauptsache, man kann weiter auf seinem Smartphone herumdaddeln. Das kann meines Erachtens nicht funktionieren.

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Kein Hund kommt als Familienhund auf die Welt
Was ich auf jeden Fall nicht unerwähnt lassen möchte: Auch wenn sogenannte Züchter das immer wieder behaupten, kommt kein Hund als Familienhund auf die Welt. Das ist ein Mythos. Es gibt genügend Hunde, für die das Zusammenleben mit Kindern eine hohe Belastung oder sogar Quälerei. Solche Hunde eignen sich nicht als Familienhund. Zum Beispiel, weil sie eine hohe Geräuschempfindlichkeit haben. Für solche Hunde ist der Lärmpegel in einem Haushalt mit Kindern purer Stress. Langanhalter Stress hat Folgen – eine davon kann Aggression sein.
Zur Autorin: Manuela Lieflaender ist zertifizierten Hundepsychologin und schrieb bereits für viele Fach- und Lifestylemagazine.