21. November 2024, 17:25 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Verbringen wir mit unserem Hund gemeinsame Zeit, entsteht ein Gefühl der Verbundenheit. Dies kann man sogar wissenschaftlich messen – am Herzen. Das fand eine Studie aus Finnland heraus, in der die Forscher untersuchten, wie sich emotionale Nähe zu unseren Hunden auf die Herzfrequenz auswirkt.
Haben wir mit einem Menschen eine enge Bindung, synchronisieren wir uns regelrecht mit dieser Person. Wissenschaftler konnten zeigen, dass dies auf verschiedenen Ebenen passiert. So passen wir nicht nur unser Verhalten, sondern auch physisch messbare Werte, wie die Herzfrequenz, aneinander an. In der Forschung nennt man diesen Effekt „emotionale Co-Modulation“. Diese findet nicht nur zwischen Menschen, sondern auch zwischen uns und unseren Hunden statt, wie Forscher aus Finnland nun nachweisen konnten. Demnach synchronisiert sich die Variabilität unserer Herzfrequenz mit der von Hunden (und umgekehrt), wenn wir gemeinsame Zeit mit dem Vierbeiner verbringen. Die Ergebnisse wurden im Fachmagazin „Scientific Reports“ veröffentlicht.
Die Herzfrequenz von Hunden kann Aufschluss über Bindung geben
Bisher hatten Wissenschaftler vor allem untersucht, wie sich das Verhalten und die Hormone bei Hund und Mensch synchronisieren, wenn sie gemeinsame Aktivitäten ausüben. Ein wichtiger Wert, um emotionale Bindung zu messen, sei aber auch die Synchronität des autonomen Nervensystems (ANS). Dieses steuert Prozesse wie Herzschlag, Atmung oder Verdauung – also alles, was unbewusst oder auch automatisch in unserem Körper passiert.
Aus der Forschung von Bindungen zwischen Menschen wissen wir, dass diese Synchronität zum Beispiel zwischen Mutter und Kind auftritt. Doch wie misst man dies? Ein wichtiger Parameter dafür ist die sogenannte Herzfrequenzvariabilität (HRV). Darunter versteht man Schwankungen der Herzfrequenz von Schlag zu Schlag innerhalb eines bestimmten Zeitraums. Sie wird vom autonomen Nervensystem gesteuert. 1
Synchronisiert sich die HRV bei gemeinsamen Aktivitäten?
Auch bei Hunden kann man die Herzfrequenz messen. Die Variabilität wird dabei von verschiedenen Faktoren wie Aktivität, aber auch Emotionen beeinflusst. Die Hypothese der Forscher war, dass die Variabilität der Herzfrequenz bei Hunden und Menschen synchron sein muss, wenn sie sich im gleichen emotionalen Status befinden. Zum Beispiel, wenn sie miteinander spielen oder kuscheln.
Mit ihrer Studie wollten sie Antworten auf folgende Fragen finden:
- Gleicht sich die Variabilität der Herzfrequenz bei Mensch und Hund während sozialer Interaktionen an?
- Macht es einen Unterschied, was Hunde und Halter dabei tun (streicheln, spielen, kuscheln)?
- Welchen Einfluss haben Hunderassen auf die Anpassungen in der Herzfrequenz?
Vor allem Collies und Retriever wurden untersucht
Um dies zu untersuchen, wurden 25 Hund-Mensch-Teams für die Studie gecastet und untersucht. Darunter waren insgesamt 13 verschiedene Rassen vertreten, die aber alle entweder aus der Gruppe der Hüte- und Treibhunde oder der Gruppe der Apportier-, Stöber- und Wasserhunde kamen. Um die Schwankungen in der Herzfrequenz aufgrund der Körpergröße zwischen den Hunden möglichst gering zu halten, durften nur mittelgroße Hunde (zwischen 10 und 30 Kilogramm) teilnehmen.
Bei den Experimenten wurde jeweils ein Hund-Mensch-Team in einen Raum gebracht und bekam dann von den Versuchsleitern Anweisungen. Zu Beginn gab es stets eine Ruhephase. Anschließend sollten die Besitzer mit ihrem Hund verschiedene Interaktionen wie Streicheln oder Spielen durchführen.
Variabilität der Herzfrequenz synchronisiert sich bei Mensch und Hund
„Wir haben die HRV- sowie Aktivitätsdaten der Hunde und ihrer Besitzer während der gesamten Studie gemessen und mit mehreren Fragebögen detaillierte Informationen über die Probanden gesammelt“, erläutern die Forscher den Aufbau des Experiments in ihrer Studie. Dabei stellte sich heraus, dass sich die Variabilität der Herzfrequenz von Hund und Mensch tatsächlich angleicht – die Forscher nennen das „Co-moduliert“.
Allerdings ändert sich die HRV nicht nur bei emotionalen Ereignissen, sondern auch bei verringerter oder erhöhter Aktivität. Könnte der Effekt also lediglich daher rühren, dass sich Halter und Hund beim gemeinsamen Spiel mehr bewegten? Das konnten die Wissenschaftler ausschließen. Denn während die HRV eine enge Korrelation – also einen starken Zusammenhang – aufwies, zeigte das Aktivitätslevel, das die Forscher gemessen hatten, nur eine mittlere Korrelation. Es musste also noch einen anderen Einflussfaktor geben.
Beim Training fand keine Co-Modulation statt
Die Ergebnisse deuten also auf eine emotionale Co-Regulation der HRV von Hunden und Besitzern hin, die über ihre Korrelationen aufgrund synchronisierter körperlicher Aktivität hinausgeht, schließen die Forscher. Das bedeutet, dass sich die Herzfrequenz von Hund und Mensch angleicht, weil beide gerade starke Emotionen wie Freude empfinden.
Diese Theorie wird auch durch zwei weitere spannende Beobachtungen bestätigt. Denn bei der Aktivität „Streicheln“ gab es nicht bei allen Teams eine Co-Modulation der HRV. Manche Hunde mochten diese Interaktion nicht und empfanden anders als ihre Besitzer.
Auch beim gemeinsamen Training und Erschnüffeln von Leckerli zeigte sich der Effekt schwächer. Die Forscher vermuten, dass Mensch und Hund hier in einem unterschiedlichen emotionalen Zustand sind. Bei beiden Aufgaben waren die Hunde möglicherweise am meisten daran interessiert, Leckerlis zu bekommen, während sich die Besitzer darauf konzentrierten, den Hunden im Training Kommandos zu geben.
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Bindung zum Hund wird ähnlich gesteuert wie Bindung zu anderen Menschen
Insgesamt konnten die Ergebnisse zeigen, dass sich die Variabilität der Herzfrequenz bei Hund und Mensch angleicht, wenn diese miteinander interagieren. Dabei findet eine emotionale Co-Modulation statt, wie wir sie auch von einer Bindung zwischen Menschen kennen. „Wir kommen zu dem Schluss, dass die physiologischen und emotionalen Mechanismen, die an der Stärkung der Bindungen zwischen Menschen beteiligt sind, auch die emotionale Beziehung zwischen Mensch und Hund unterstützen“, schreiben die Forscher abschließend.
Es ist die erste Untersuchung solcher Faktoren wie der Variabilität der Herzfrequenz bei Hunden. Allerdings wurden in der Studie nur Rassen gewählt, die eine hohe Fähigkeit zur Kooperation besitzen. Dazu zählen etwa der Border Collie oder der Labrador. Zukünftige Forschungen sollten auch alte Rassen in ähnlichen Umgebungen untersuchen, schlagen die Forscher vor. Nur so könne man feststellen, ob die Co-Modulation von Erregungs- und Aktivitätsniveaus auch bei Hunden anderer Rassen und ihren Besitzern besteht.
Zudem sollten zukünftige Studien die Eigenschaften des Hundes durch Persönlichkeits- oder kognitive Tests berücksichtigen. Denn auch diese Faktoren können einen großen Einfluss auf die Hund-Mensch-Beziehung haben.