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PETBOOK-Interview

Rassehundeverband: »Das Aus für den Dackel ist beschlossen

Dackel auf der Straße und Jörg Batscherer, Geschäftsführer des VDH (Kreis)
Der VDH, Deutschlands größter Dachverband für Hundezüchter ist sich sicher: Das Zuchtverbot für Dackel und andere Hunde wird kommen. Warum, erklärt Geschäftsführer Jörg Bartscherer im Interview Foto: Getty Images/ Jörg Batscherer, VDH (Kreis)
Porträtaufnahme von Autorin Manuela Lieflaender mit Hund Elvis
Freie Autorin

16. Oktober 2024, 12:06 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

Bereits im Frühjahr befürchtete der VDH, Deutschlands größter Dachverband für Hundezucht, ein drohendes Dackelverbot. Nun ist sich der Verband sicher: Mit der Tierschutz-Hundeverordnung und dem geplanten neuen Tierschutzgesetz sind die Zucht von Rassen wie Dackel, Schäferhund und vielen anderen in Gefahr.

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Bereits Ende März dieses Jahres ging die Meldung über ein drohendes Dackelverbot durch sämtliche Medien und schaffte es sogar in die internationale Berichterstattung. Auslöser war eine vom Verband für das Deutsche Hundewesen (VDH) herausgegebene Pressemitteilung zur Novelle des Tierschutzgesetzes von Cem Özdemir (PETBOOK berichtete). Zwar dementierten Vertreter des BMEL und der Bundesregierung immer wieder, dass es nicht darum gehe, eine bestimmte Hunderasse zu verbieten. Doch jetzt sollen sich diese Rasseverbote in einer gerade veröffentlichten Leitlinie wiederfinden und so durch die „Hintertür“ stattfinden, wie der VDH in einer Pressemitteilung am 8. Oktober mitteilte und sich sicher ist: Das bedeutet das Aus für den Dackel und viele andere Rassen.

PETBOOK-Autorin Manuela Lieflaender sprach mit Jörg Batscherer, dem Vorsitzenden des VDH, über die Befürchtungen zum Zuchtverbot für Dackel, Schäferhund und Co.

„Die logische Folge werden Zuchtverbote für Hunderassen sein“

PETBOOK: Herr Bartscherer, Sie befürchten, dass mit der neuen Leitlinie der Tierschutz-Hundeverordnung die Rassehundezucht vor dem Aus steht. Warum?
Jörg Batscherer: „Im Moment bezieht sich die Leitlinie auf Hundeausstellungen und viele andere Aktivitäten mit Hunden. Doch es ist naheliegend, dass es sich hierbei um ein Verbot der Rassehundezucht durch die ‚Hintertür‘ handelt.“

Was besagt die Leitlinie genau?
„Sobald die Länder diese Richtlinie umgesetzt haben, wird es zum Beispiel für Hundeausstellungen sehr weitgehende behördliche Vorgaben geben. Dann müssen Hunde bestimmter Rassen einen Gentest nachweisen, damit sie etwa ausgestellt werden dürfen. Eine Vielzahl von Hunden, die nichts haben, dürfen dann, nur weil sie Anlageträger sind, nicht mehr an Veranstaltungen teilnehmen. Selbst gemeinsame Hundespaziergänge werden durch die Richtlinie untersagt. Die logische Folge werden Zuchtverbote sein – das Ende der kontrollierten Rassehundezucht.“

„Für uns ist das Aus für den Dackel damit beschlossene Sache!“

Um welche Rassen und „Qualzuchtmerkmale“ geht es konkret?
„Ob Dackel, Deutscher Schäferhund, Beagle oder Cocker Spaniel – es trifft alle Rassen. In der Verordnung werden sogenannte Qualzuchtmerkmale definiert. So wird das Merkmal einer kurzen Rute als Qualzuchtmerkmal festgelegt, was ein Ausstellungsverbot – und bei Anwendung von § 11b Tierschutzgesetz auch ein Zuchtverbot für diese Rassen bedeutet. Für uns ist das Aus für den Dackel damit beschlossene Sache!“

Also geht es auch um Vertreter der Rassen Australian Shepherd, Jack Russell Terrier, Welsh Corgi Pembroke oder auch der Mudi?
„Richtig. Daneben gibt es weitere Merkmale wie die Chondrodystrophie, die als Verbotsmerkmal festgelegt ist.“

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99 Prozent der Dackel tragen verbotenes Merkmal

Langer Körper und kurze Beine. Die Rede ist also vom Dackel, Corgi, Basset Hound und einigen anderen …
„Nach einer in den Leitlinien selbst referenzierten Studie tragen 99 Prozent aller Dackel dieses Merkmal, außerdem 100 Prozent der untersuchten Beagle und Cockerspaniel und 92 Prozent aller Welsh Pembroke Corgis. Von allen in der Gruppe der ‚anderen‘ Rassehunde und Mischlinge zusammengefassten Gruppe tragen 25 Prozent das infrage stehende Gen.“

Das sind mehr Rassen als bisher angenommen, die nicht mehr ausgestellt werden dürfen.
„Und es geht noch weiter, denn die Festlegung einer Mutation des MDR1-Gens, das zu einer Unverträglichkeit bestimmter Medikamente führt, als Qualzuchtmerkmal führt zu einem Verbot von 55 bis 68 Prozent aller Collies und zahlreicher weiterer Hütehunderassen. Dies sind nur drei Beispiele für die Auswirkung der vielen in den Leitlinien aufgeführten Verbotsmerkmale, die noch zahlreiche weitere beliebte Hunderassen betreffen.“

»Ausstellungen oder Sport mit bestimmten Hunderassen wird es demnächst nicht mehr geben

Die Leitlinie, auf die Sie sich beziehen, stammt von der Projektgruppe AG Tierschutz der Bundesländer und dient der Auslegung von § 10 Tierschutz-Hundeverordnung. Wie habe ich mir die Umsetzung vorzustellen?
„Die Leitlinie mit den sogenannten Qualzuchtmerkmalen ist eine willkürlich erstellte Auslegungshilfe für Vollzugsbehörden. Sie können damit verhindern, dass Hundeausstellungen, Veranstaltungen, ja selbst gemeinsame Spaziergänge mit diesen Rassen stattfinden. Hundeausstellungen oder den Sport mit diesen Hunden wird es demnächst also nicht mehr geben.“

Was werden Sie dagegen unternehmen?
„Wir können letzten Endes nur an die Vernunft der Politik appellieren. Die Leitlinie ist von den Ländern ausgearbeitet worden. Dabei sind eine Vielzahl von wissenschaftlichen Erkenntnissen ignoriert und Quellen falsch ausgewertet worden. Genetiker gab es in der sogenannten Expertenrunde meines Wissens nach nicht. Fachleute von den Tierärztlichen Hochschulen, die andere Auffassungen vertreten, sind offensichtlich bewusst nicht einbezogen worden.“

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„Dubiosen Hundevermehrern werden neue Märkte eröffnet“

Warum sagt die Politik Ihrer Meinung nach der Rassehundezucht den Kampf an?
„Ich habe dafür keine rationale Erklärung. Für mich ist das ideologisch geprägt. Manch einem Politiker oder einer Politikerin ist gar nicht bewusst, was da gerade passiert und welche tierwohlgefährdenden Auswirkungen das haben wird. Gesunde Rassehunde aus einer kontrollierten Zucht wird es dann nicht mehr geben.“

Wie wird es Ihrer Meinung nach weitergehen? 
„Da keine Haltungsverbote vorgesehen sind, werden dubiosen Hundevermehrern neue Märkte eröffnet. Jeder, der sich auch nur ein wenig damit beschäftigt, weiß, unter welchen furchtbaren Bedingungen die Elterntiere leben müssen und wie sie ausgebeutet werden. Das Angebot an kranken und verhaltensauffälligen Welpen wird deutlich zunehmen.

Die Verbote erfolgen dabei durch die ‚Hintertür‘: Es werden willkürlich genetische Merkmale als Qualzuchtmerkmale festgelegt, die jeder oder fast jeder Hund bestimmter Rassen trägt, ohne dass diese tatsächlich zu einer feststellbaren, und wie von § 10 TierSchHuV gefordert, Erkrankung der Hunde führen. Ohne namentliche Nennung von Hunderassen wird hier also ein Verbot für große Teile oder sogar alle Vertreter bestimmter Rassen ausgesprochen. Die Fortführung der kontrollierten Hundezucht und des Ausstellungswesens sowie der Ausbildung von Hunden in Deutschland ist unter diesen Umständen meines Erachtens nicht machbar.“

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