13. Juli 2023, 13:22 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
An der Frage, welche die richtige Zeckenprophylaxe ist, scheiden sich bei Hundebesitzern die Geister. Aus Angst vor der Chemiekeule hängen viele Besitzer ihren Hunden Bernsteinketten um, reiben sie mit Öl ein oder füttern ihnen Snacks mit Knoblauch, die die Zecken vom Vierbeiner fernhalten sollen. Parasitologen halten von all dem ziemlich wenig.
Ein einziger Zeckenstich kann bei Hunden schwere Krankheiten auslösen, unter Umständen mit lebensbedrohlichen Folgen. Das gilt für die sogenannte Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME), Babesiose, Anaplasmose oder Borreliose. Ein wirksamer Zeckenschutz kann dem Hund also im Zweifel das Leben retten.
Auch wenn nicht jeder Kontakt mit einer infizierten Zecke zu einer Infektion führt und nicht jede Infektion zu einer schwerwiegenden Erkrankung führt, empfiehlt die ESCCAP (European Scientific Counsel Companion Animal Parasites) Hunde- und Katzenbesitzern, ihre Tiere in jedem Fall wirksam zu schützen, da ein erhebliches Risiko einer Erkrankung durch die von Zecken übertragenen Erreger besteht.
Das bedeutet: Jede Zecke ist eine zu viel. Aber wie schützt man wirksam gegen diese blutsaugenden Holzböcke und Buntzecken, die in den wärmeren Monaten besonders aktiv sind?
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Arzneimittel oder Bernsteinkette?
Die Liste der Mittel, die Besitzern im Internet für den Zeckenschutz beim Hund empfohlen werden, ist lang. Für die Wissenschaftler von ESCCAP ist klar, dass lediglich geprüfte und zugelassene Tierarzneimittel einen verlässlichen Schutz vor Zeckenbefall und damit auch von durch Zecken übertragene Krankheiten bieten.
Wirksam sind insbesondere sogenannte synthetische Pyrethroide: Sie haben einen sogenannten „Hot Foot Effekt“. Der sorgt dafür, dass die Zecken, die an ihren Beinen Chemorezeptoren besitzen, den Hund schnell wieder verlassen wollen und gar nicht erst zustechen. Es gibt sie in Form von Kautabletten, Halsbändern oder sogenannten Spot-on-Präparaten, die auf die Haut geträufelt werden. Vorsicht allerdings in Haushalten, in denen auch Katzen leben, denn für sie sind Pyrethroide giftig.
Eine nachgewiesene Wirkung haben auch Arzneimittel mit sogenannten Isoxazolinen, eine neue gegen Zecken wirksame Wirkstoffgruppe. Sie werden in Form von Tabletten oder als Spot-on-Präparat verabreicht und töten die Spinnentiere je nach Konzentration bis zu drei Monate ab. Doch die Mittel haben kein gutes Image: Im Internet warnen Hundebesitzer sogar davor, dass diese Produkte schon mehrfach den qualvollen Tod von Hunden verursacht hätten. Sie schwören meist auf sanftere oder natürliche Mittel wie Bernsteinketten oder Kokosöl.
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Nebenwirkungen und Folgen
ESCCAP-Experte Ard Nijhof weist darauf hin, dass chemische Präparate zum Zeckenschutz beim Hund, wie jedes Arzneimittel auch, in unterschiedlichen Studien getestet und mögliche negative Folgen beim Bundesamt für Verbraucherschutz gemeldet werden. „Schwere Nebenwirkungen treten nur sehr selten auf, in etwa einem von 10.000 Fällen“, sagt er.
Allerdings hätten die Meldungen auch dazu geführt, dass in den Fachinformationen vor einer Anwendung bei bestimmten Tieren gewarnt wird: nämlich bei solchen mit Epilepsie, jungen Hunden und kleinen (mit weniger als zwei Kilogramm Körpergewicht).
Seit der Markteinführung 2014 lägen viele Erfahrungen zur Anwendung vor. Sein Fazit: „Die Stoffe sind wirksam und werden meistens gut vertragen. Wenn der Hund gesund ist, kann man sie auf jeden Fall empfehlen.“
Magnete, Bernstein und Knoblauch helfen nichts
Nicht empfehlenswert, weil alles andere als eine „sanfte Alternative“ ist das Einreiben mit Lavendel, Minze und anderen ätherischen Ölen. Gerade für Hunde mit ihrer überaus empfindlichen Nase bedeuten sie eine erhebliche Geruchsbelästigung.
Auch Zwiebeln und Knoblauch im Futter sind zur Prophylaxe ungeeignet – abgesehen davon, dass ihre Wirkung laut ESCCAP wissenschaftlich nicht klar nachgewiesen sind. Denn beide Lauchgewächse enthalten für Hund und Katze giftige Substanzen, die den Blutfarbstoff Hämoglobin und damit die roten Blutkörperchen zerstören. Die Folge können eine Blutarmut oder auch Vergiftungserscheinungen wie Erbrechen, Durchfall und Appetitverlust sein.
Nach Ansicht einiger Tierhalter sollen auch Ultraschall-Halsbänder, die permanent ein für den Menschen nicht hörbares Signal abgeben, Flöhe und Zecken abhalten. „Für das Hundeohr ist das sehr, sehr quälend“, warnt jedoch Parasitologe Torsten Naucke aus Niederkassel.
Er hat den gemeinnützigen Verein „Parasitus Ex“ gegründet, der Grundlagenforschung rund um das Thema parasitäre Erkrankungen bei Tieren fördert. Besonders skeptisch bewertet er Plaketten und Magnete, die aufgrund ihrer Energiefelder Parasiten abhalten sollen. „Das ist für mich persönlich Scharlatanismus, das funktioniert einfach nicht“, so Naucke.
Bernsteinketten werden von Experten ebenfalls sehr kritisch gesehen. „Dass ungeschliffene Bernsteine eine statische Elektrizität erzeugen, die Zecken fernhalten soll, ist nicht nachvollziehbar oder wissenschaftlich belegt“, sagt Dieter Barutzki, Fachtierarzt für Parasitologie aus Freiburg. Ebenso fehlten die wissenschaftlichen Beweise, dass Keramikröhrchen mit Mikroorganismen einen Einfluss auf Zecken haben könnten.
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Regelmäßiges Absuchen und Kontrollieren sind der beste Schutz
PETBOOK-Redakteurin und promovierte Biologin Saskia Schneider ist nicht nur regelmäßig mit Hündin Yumi draußen unterwegs. Auch Katze Sweety geht regelmäßig im Hinterhof auf der Wiese spazieren. Dabei fangen sich beide gern mal die ein oder andere Zecke ein. Ihr Tipp: Die Tiere nach jedem Spaziergang absuchen und Zecken sofort entfernen. Die meisten Krankheitserreger werden erst nach mehreren Stunden übertragen. Je schneller man die Zecke findet und entfernt, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, einer Infektion. Eine Zeckenzange sollte daher immer mit auf Spaziergängen dabei sein. Die entfernte Zecke am besten (gut beschriftet!) ins Gefrierfach legen. Sollten Hund oder Katze später doch Krankheitssymptome entwickeln, kann der Tierarzt auch gleich die Zecke mit ins Labor zur Analyse senden.
Mit Material der dpa