30. Oktober 2024, 11:10 Uhr | Lesezeit: 10 Minuten
Für PETBOOK-Autorin Manuela Lieflaender war Camping bislang eine Horrorvorstellung. Aber mit Hund im Wohnmobil überallhin zu fahren, wo man möchte? Dieser Gedanke klang dann doch so verlockend, dass sie und Lebensgefährte Volker den Schritt wagen. Wie der empfindliche Jungrüde Elvis das Abenteuer fand und was man beim Campen mit Hund beachten sollte, verrät unsere Autorin in ihrem Erfahrungsbericht.
„Wir bieten Wohnmobile für Hunde und Halter. Möchten Sie eines testen?“ An diesen Anruf vor einigen Jahren kann ich mich noch gut erinnern. Ich musste nicht lange überlegen und habe sofort abgesagt. „Vielleicht überlegen Sie es sich doch noch mal anders …“, setze der Wohnmobil-Anbieter an. Aber da hatte ich schon ein übles Gedankenkarussell im Kopf. Ich musste nämlich an Serien wie „Die Camper“ denken. An seltsame Menschen, die mit kölschem Dialekt vor ihren Wohnwagen und Wohnmobilen sitzen und mit einer Flasche Bier in der Hand alles kommentieren, was ihre Camping-Nachbarn so tun. „Ey Kalle, komm ma rüber!“ Rülps. Anschließend grillt die ganze Bagage zusammen. Camper an Camper. Kinder und Hunde laufen frei durch die Gegend. Und alle Menschen benutzen am Ende das gleiche Klo, die gleiche Dusche und urinieren alle in den Badesee, der direkt am Campingplatz liegt. Allein bei dem Gedanken bekomme ich Herpes.
„Mein Lebensgefährte war als Kind campen. Ich war nicht mal im Garten zelten.“
Ich bin mehr der Ferienhaus-Typ. Ein großes Haus für sechs bis acht Personen, das ist genau mein Fall, obwohl wir nur zwei Personen sind. Aber Hauptsache Platz. Frei stehend ist wichtig. Schließlich wollen wir möglichst gar nicht mit den Nachbarn in Berührung kommen. Je weniger Menschen ich in meinem Urlaub sehe, desto zufriedener bin ich.
Meine Idealvorstellungen von Urlaub würden sich weiterhin zwischen Ferienhaus und Luxushotel-Suite bewegen, wenn Volker nicht neulich gesagt hätte: „Ich möchte mal ein Wohnmobil testen.“ Mein Lebensgefährte war früher als Kind und als Jugendlicher häufig campen und erzählt noch heute begeistert davon. Ich war als Kind nicht mal im Garten zelten.
Es gibt also auch Wohnmobile in „schön“
Doch obwohl ich diese Horrorvorstellung von Campingplätzen und Campern habe, stimmte ich dieser „Dschungel-Prüfung“ zu. Keine Ahnung, was mit mir los ist – vielleicht bin ich mit Mitte 40 gerade in einer Midlife-Crisis, dass ich ständig irgendwelche Abenteuer brauche. Wer weiß das schon?
Jedenfalls finde ich mich ein paar Wochen später bei Dürrwang wieder, einem großen Wohnmobil-Fachhändler. Wir entscheiden uns für unser Abenteuer Wohnmobil mit Hund für die neue Hymer B-Klasse ModernComfort T-600 (Grundpreis 131.900 Euro). Die Front des über sieben Meter langen Wohnmobils erinnert mich optisch an die V-Klasse von Mercedes-Benz. Das ist kein Zufall, denn für dieses Modell liefert Mercedes das Fahrzeug, und die Traditionsmarke Hymer ist für den Aufbau verantwortlich. Meine Lernerfahrung: Es gibt also auch Wohnmobile in „schön“. Sonst sehen die Dinger meistens aus wie ein weißer Klotz.
Elvis – der geborene Camper-Hund
Als der Einweiser die Tür der B-Klasse öffnet, liegt so etwas wie eine neue Welt vor mir. Ich weiß, wie es in einem Tourbus aussieht und in einem Lkw bin ich auch schon mitgefahren. In einem Wohnmobil hingegen war ich noch nie. Die Typbezeichnung „ModernComfort“ beschreibt, was die B-Klasse bietet. Nämlich modernen Komfort mit Sitzecke, Tisch, Küche, Dusche und WC, zwei Betten und einem Bett, das sich unter dem Fahrzeughimmel befindet. Auf kleinem Raum kann man hier sein Leben im eigenen, mobilen Zuhause verbringen – und zwar überall, wo man will. Jetzt habe ich tatsächlich richtig Bock auf das Camping-Abenteuer.
Als die Fahrt beginnt, überrascht mich Elvis am meisten. Der sonst oft reizüberflutete Australian-Shepherd-Jungrüde springt sofort ins Wohnmobil und liegt eine Minute später entspannt auf dem Boden und schläft. Die Leckerchen, die ich mir in die Tasche gesteckt hatte, damit ich ihn immer wieder ins „Platz“ bringen kann, benötige ich gar nicht.
Also sitze ich bequem auf meinem Beifahrersitz, beide Armlehnen heruntergeklappt, während im Radio der Stream von „Absolute Oldies“ läuft. Nicht unbedingt meine Lieblingsmusik. Aber „Balls to the wall“ von Accept passt genau wie „Jammin´“ von Bob Marley zu unserem Roadtrip. Kurioserweise haben wir die Camper-Maxime „Der Weg ist das Ziel“ sofort verinnerlicht. Es macht halt einfach Spaß, auf dem „Bock“ zu sitzen, so weit oben, dass du jedem ins Auto schauen kannst und irgendwie über den Dingen stehst beziehungsweise sitzt.
„Glamping“ statt Toilette sauber machen
Der Campingplatz, den ich für uns gebucht habe, heißt „Luxe Camping Borken am See“. Ein autofreier Park in der Natur mit schönen Spazierwegen. Für unsere erste Tour habe ich einen Campingplatz ausgewählt, der nur eineinhalb Stunden von zu Hause entfernt ist (falls mir das Leben im Wohnmobil mit Hund zu eng ist) und „Glamping“ bietet. Das bedeutet, wir haben auf unserem 100 Quadratmeter großen Komfort-Stellplatz ein eigenes Sanitärhäuschen mit Dusche und WC.
Theoretisch bräuchten wir das nicht, denn unser Wohnmobil hat beides. Vermutlich ist es noch nicht mal besonders eklig, den Behälter der Toilette zu leeren. Denn ähnlich wie beim Geschirrspüler gibt es Tabs, die man in die Toilette oder direkt in den Behälter legt. Die Chemie zersetzt die Fäkalien, somit ist es vermutlich okay.
Trotzdem habe ich Respekt davor und bin dankbar, dass „Glamping“ ein Trend ist und immer mehr Campingplätze diesen Luxus bieten. Das Sanitärhäuschen sieht neu aus und ist so blitzsauber, dass man vom Boden essen könnte. Ich kann mich nicht erinnern, jemals in einer Ferienunterkunft ein so porentief reines Badezimmer gesehen zu haben.
Wir verbringen den Tag damit, das zu tun, was Camper eben so tun: Obwohl es Herbst ist, sind es knapp 20 Grad. Also fahren wir die Markise aus, packen Tisch und Stühle aus und bereiten uns in der Wohnmobil-Küche Kaffee zu. Hach, so kann man es sich gut gehen lassen. Anschließend drehen wir mit Elvis eine Runde durch den Park, spazieren um den angrenzenden See und genießen die letzten, warmen Sonnenstrahlen, bevor wir zum Abendessen im Restaurant neben dem Campingplatz einkehren.
Ich frage mich, ob ich Platzangst bekommen werde
Ich bin gespannt darauf, wie der Abend und die Nacht sein werden. Noch nie waren wir auf so engem Raum zusammen. Ich frage mich, ob ich Platzangst bekommen werde. Nach dem Restaurantbesuch ist es schon recht spät, sodass der restliche Abend recht kurz ausfällt. Meine persönliche Freude habe ich an der App des Wohnmobils. Sie zeigt mir nämlich an, warum die Heizung nicht geht: Wir haben vergessen, die Gasflasche aufzudrehen. Außerdem habe ich Spaß daran, die Lichter in den verschiedenen Wohnbereichen zu steuern. Nicht nur die Helligkeit, sondern auch die Lichtwärme lässt sich bestimmen.
Ja, ich hätte gerne noch ein wenig länger im Wohnmobil gesessen und den Abend ausklingen lassen. Aber als Camper mit Hund ist man eben meistens draußen. Eine letzte Gassi-Runde steht noch an, bevor es ins Bett geht.
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Weniger Raum bedeutet für manchen Hund weniger Stress
Wir sind beide davon ausgegangen, dass wir die Nacht vermutlich nur wenig Schlaf bekommen. In einer neuen Umgebung geht uns das immer so. In einem Fahrzeug ist das bestimmt noch mal extremer. Für Elvis ist das alles kein Thema. Kurioserweise ist er der geborene Camper-Hund. Obwohl man ihn von links nach rechts dirigieren muss, um sich im Wohnmobil bewegen zu können, ist er so entspannt wie selten zuvor. Von wegen, mittelgroße Hunde bräuchten ein Haus mit Garten. Hier kann man wunderbar sehen, dass der Vierbeiner bereits zufrieden ist, wenn er einfach dabei ist. Weniger Raum bedeutet für so manchen Hund weniger Stress.
Das Bett ist tatsächlich urgemütlich. Über uns ist ein Dachfenster. Da Vollmond ist, sieht man einige Zugvögel am Himmel vorbeiziehen. Für die Frischluftzufuhr lässt sich das Fenster öffnen. Sogar an ein Fliegengitter ist gedacht. Zwar denke ich noch kurz darüber nach, ob ich eine Panikattacke aufgrund des relativ kleinen Raums bekommen könnte, doch dann schlafe ich auch schon ein.
Ein völlig anderer Lifestyle: Frei und naturverbunden
Am nächsten Morgen bringt uns die Campingplatzchefin selbst gebackene Brötchen, die noch warm sind und herrlich duften. Die Brötchen kann man vorbestellen, was praktisch ist. Denn wenn das Wohnmobil erst mal auf seinem Stellplatz steht und am Strom angeschlossen ist, lässt man es in der Regel stehen, nimmt das Fahrrad oder geht zu Fuß.
Beim Frühstück holen wir nach, was wir am Abend vorher nicht mehr gemacht haben. Wir sitzen gemütlich am Tisch und sprechen über unser gemeinsames Erlebnis. Der Regen prasselt an die Fenster. Während schlechtes Wetter für Neucamper meistens ein Abturner ist, genieße ich den Moment. Plötzlich fällt mir auf, dass ich zum ersten Mal in einem Urlaub wirklich entspannt bin, und zwar schon seit dem Beginn unserer Reise. „Der Weg ist das Ziel“ ist ein anderer Lifestyle, als mit dem Auto von A nach B zu fahren, um seinen Urlaubsort zu erreichen.
Der große Vorteil eines Wohnmobils ist, dass man wirklich naturverbunden leben kann. Ein Campingplatz mit Privatsanitär ist nice to have. Aber mit dem mobilen kannst du im Gegensatz zum Wohnwagen nahezu überall parken. Da, wo es gefällt, bleibt man einfach. Wir ertappen uns dabei, wie wir darüber philosophieren, wie genial es wäre, mit dem Wohnmobil über mehrere Wochen oder gar Monate einen Trip durch Südeuropa zu machen. Alles ist plötzlich denkbar. Und das für jemanden wie mich, der Camping bis vor Kurzem für eine „Dschungel-Prüfung“ gehalten hat.
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Wohnmobil mit Hund – unsere wichtigsten Erkenntnisse
Im Anschluss möchte ich hier noch mal unsere wichtigsten Erkenntnisse teilen:
Hund richtig sichern
Elvis ist vorschriftsgemäß mit einem Sicherheitsgurt am Autogurt befestigt. Ich verwende einen TÜV-geprüften Sicherheitsgurt von Kleinmetall. Allerdings habe ich das normale Annie X Geschirr benutzt, weil mir das Kleinmetall-Geschirr zu starr ist. Das darf man zwar machen, ist aber unserer Erfahrung nach aber nicht optimal.
Auch Platz für Hundebett einkalkulieren
Elvis ist kein kleiner Hund. Sein Körbchen konnte ich nicht unterbringen. Dafür war es zu eng. Da Elvis aber ohnehin schnell zu warm ist, liegt er gerne auf dem Boden. Wer einen Hund hat, der auf sein Hundebett angewiesen ist, sollte aber vorher prüfen, wo man dies am besten unterbringt.
Hund nicht am Camping-Equipment anbinden
Auch wenn es praktisch erscheint, sollte man höchstens kleine bzw. leichte Hunde am Wohnmobil oder dem Camping-Equipment sichern. Ich hatte Elvis einmal draußen an der langen Leine an meinem Stuhl befestigt. Als ein Hundebesitzer über den Weg lief, ist der Jungrüde nach vorn geschossen. Dabei hat er die Stange von der Markise umgerissen und hat einen Salto zur Seite gemacht. Manche Camper sichern ihre Hunde daher mit Heringen, die in den Boden geschraubt werden. Aber ob das einem wildgewordenen Aussie standhält, weiß ich nicht.
Hund an Fliegengitter gewöhnen
Viele Wohnmobile haben Fliegengitter mittlerweile auch in der Tür zum Innenraum. Wenn der Hund dies nicht kennt, kann es sein, dass er dagegen rennt. Auch, wenn der Hund territorial ist oder ein Thema mit Artgenossen hat, sollte man damit vorsichtig sein, sonst hat man vermutlich nicht lange Freude daran. Ich habe es so gelöst, dass ich Elvis am Sicherheitsgurt befestigt habe.
Besuchen Sie Elvis und sein Frauchen, die Hundejournalistin Manuela Lieflaender bei Insta elvis_hundejournalistin