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Vom Aussterben bedroht

Was Halter über den Bergamasker Hirtenhund wissen sollten

Bergamasker Hirtenhund
Das zottelige Fell des Bergamasker Hirtenhunds dient ihm als Witterungsschutz. Foto: picture alliance / blickwinkel/B. Rainer | B. Rainer
Porträtbild Mareike Schmidt
Werkstudentin

15. April 2025, 15:47 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

Mit seinen langen, verfilzten Zotten und dem ursprünglichen Erscheinungsbild wirkt der Bergamasker Hirtenhund wie ein Relikt aus vergangenen Zeiten – und genau das macht seinen Charme aus. Hinter dem imposanten Fell verbirgt sich ein treuer, sensibler Familienhund mit Hirtenvergangenheit, der nicht nur als zuverlässiger Wächter glänzt, sondern auch als anhänglicher Gefährte. Doch dieser italienische Naturbursche verlangt mehr als nur Bewunderung – er fordert Platz, Aufgaben und vor allem: Nähe zu seinen Menschen.

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Der Bergamasker Hirtenhund, offiziell „Cane da Pastore Bergamasco“, ist eine der ältesten Hunderassen Italiens und ein Paradebeispiel für funktionale Zucht: Ursprünglich in der Lombardei beheimatet, diente er als Hüter und Beschützer von Herden unter härtesten klimatischen Bedingungen in den Alpen. Seine Entwicklung ist eng mit den Bedürfnissen der Bergbauern und Hirten verknüpft – das zeigt sich nicht nur in seinem intelligenten, selbstständigen Wesen, sondern auch in seiner robusten Konstitution.

Besonders auffällig ist sein Zottenfell, das nicht nur ein Markenzeichen, sondern zugleich Witterungsschutz ist. Der Bergamasker ist selten geworden – weltweit leben nur rund 2.000 Exemplare –, doch wer sich auf ihn einlässt, wird mit einem klugen, ausgeglichenen und ungewöhnlich treuen Partner belohnt.

Herkunft

Die Wurzeln des Bergamasker Hirtenhundes reichen mehr als zwei Jahrtausende zurück. Vermutlich stammen seine Vorfahren aus dem asiatischen Raum und gelangten im Gefolge phönizischer und später römischer Soldaten nach Europa. In Norditalien, insbesondere in der Region um Bergamo, fand er schließlich seinen prägenden Lebensraum. Dort wurde der robuste Hund als vielseitiger Helfer der „Bergamini“, der Almhirten, eingesetzt: Er führte Schaf- und Rinderherden über alpine Weiden, verteidigte sie gegen Räuber und Raubtiere und war ständiger Gefährte der Hirten – oft monatelang deren einzige Gesellschaft. Diese enge Bindung prägte sein Wesen nachhaltig.

Erste schriftliche Erwähnungen finden sich im 16. Jahrhundert. Die moderne Zucht begann im späten 19. Jahrhundert, die FCI-Anerkennung erfolgte 1956. Trotz seiner bemerkenswerten Eigenschaften blieb der Bergamasker eine seltene Rasse. Heute gilt er als bedroht und steht auf der Liste gefährdeter Haustierrassen.

Aussehen & Fell

Der Bergamasker Hirtenhund ist ein mittelgroßer, kräftig gebauter Hund mit harmonischen Proportionen. Rüden erreichen eine Widerristhöhe von 58 bis 62 cm und ein Gewicht von 32 bis 38 kg, Hündinnen sind mit 54 bis 58 cm und 26 bis 32 kg etwas kleiner und leichter.

Sein auffälligstes Merkmal ist das außergewöhnliche Haarkleid: ein dreischichtiger Fellaufbau aus harschem Deckhaar, feiner Unterwolle und wolligem Zwischenhaar. Im hinteren Körperbereich bildet sich durch Verfilzungen das typische Zottenfell, das den Hund vor Kälte, Regen und Wind schützt. Am Kopf, Hals, Vorderbrust und Rute hingegen dominiert das sogenannte Ziegenhaar – rauer, lockerer und weniger filzend.

Die Fellfarben variieren von einfarbig Schwarz, Grau oder Isabell bis hin zu Merle-Tönen mit grauschwarzen Flecken; weiße Abzeichen sind zulässig, dürfen jedoch nicht mehr als 20 % der Körperoberfläche einnehmen. Trotz der üppigen Haarmasse wirkt der Hund nicht plump – seine Bewegungen sind frei, sein Ausdruck rustikal und lebendig.

Charakter & Gemüt

Der Bergamasker vereint die Qualitäten eines Hüte- und Herdenschutzhundes. Er ist intelligent, gelassen und äußerst menschenbezogen. Die über Jahrhunderte gewachsene enge Bindung zum Menschen zeigt sich in seiner Treue, Zuverlässigkeit und Freundlichkeit. Er ist ausgesprochen kinderlieb und sozialverträglich, sowohl mit anderen Hunden als auch mit vertrauten Tieren anderer Arten.

Dennoch besitzt er eine natürliche Wachsamkeit und zeigt ein gesundes Maß an Misstrauen gegenüber Fremden. Seine Fähigkeit, Situationen eigenständig zu bewerten, macht ihn zu einem ruhigen, aber entschlossenen Wächter. Im Alltag zeigt er sich ausgeglichen und anhänglich, dabei niemals unterwürfig. Er denkt mit, agiert überlegt und erwartet eine respektvolle, partnerschaftliche Behandlung. Ein Bergamasker Hirtenhund will dazugehören – Nähe und Teilhabe sind essenziell für sein Wohlbefinden.

Erziehung

Dank seiner Intelligenz und Kooperationsbereitschaft lässt sich der Bergamasker gut erziehen. Allerdings ist er kein Hund für Kadavergehorsam: Er möchte den Sinn hinter einem Kommando erkennen. Daher ist eine einfühlsame, motivierende Erziehung gefragt – Härte oder Strenge führen eher zu Rückzug.

Konsequenz, klare Kommunikation und Geduld bilden die Grundlage für ein gutes Miteinander. Bereits in der Welpenzeit sollte auf eine gründliche Sozialisierung geachtet werden, um seine Aufmerksamkeit und Sensibilität in die richtigen Bahnen zu lenken. Der Bergamasker Hirtenhund eignet sich gut für Hundesportarten und arbeitsorientierte Aufgaben – vorausgesetzt, man arbeitet mit ihm, nicht gegen ihn.

Richtige Haltung & Pflege

Der Bergamasker benötigt Platz, Bewegung und vor allem: sozialen Anschluss. Eine Wohnung in der Stadt wird ihm kaum gerecht – ein Haus mit großem, sicher eingezäuntem Garten ist ideal. Tägliche ausgiebige Spaziergänge, geistige Herausforderungen und vielfältige Aufgaben sind notwendig, um ihn artgerecht auszulasten. Auch Hundesport oder die Ausbildung zum Rettungs- oder Therapiehund sind geeignete Beschäftigungsformen.

Die Fellpflege ist speziell, aber nicht zwangsläufig aufwendig: Die Zotten werden nicht gebürstet, sondern regelmäßig per Hand getrennt. Kopf, Brust und Rute sollten wöchentlich gebürstet werden. Nach Spaziergängen ist eine Kontrolle auf Fremdkörper nötig, da sich Laub oder Äste leicht im Zottelfell verfangen können.

Ernährung

Der Bergamasker Hirtenhund zeigt sich in Bezug auf seine Ernährung genügsam. Entscheidend ist die Qualität und Ausgewogenheit des Futters. Egal, ob Trockenfutter, Nassfutter, BARF oder selbst gekochte Mahlzeiten – Hauptsache, die Nährstoffzusammensetzung passt zu Alter, Aktivität und Gesundheitszustand. Aufgrund seiner Größe ist auf eine kontrollierte Futtermenge und die Vorbeugung gegen Magendrehung zu achten – mehrere Mahlzeiten pro Tag sind empfehlenswert. Trockenfutter wird oft bevorzugt, da Nassfutter leichter in den Barthaaren hängen bleibt und die Reinigung aufwendiger macht.

Anfälligkeit für bestimmte Krankheiten

Der Bergamasker Hirtenhund gilt als robuste und langlebige Rasse. Dank der traditionellen Zuchtmethoden ist er frei von typischen Modezucht-Krankheiten. Die einzige vorgeschriebene Untersuchung vor Zuchtzulassung ist das Hüftröntgen zum Ausschluss einer Hüftdysplasie (HD).

Erblich bedingte Erkrankungen sind bei dieser Rasse bislang kaum dokumentiert. Dennoch sollten Halter regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen wahrnehmen und auf eine gesunde Lebensweise achten – inklusive angepasstes Gewicht, ausreichend Bewegung und Zahnpflege.

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Der Bergamasker Hirtenhund im Überblick

  • Größe: Rüden 58–62 cm, Hündinnen 54–58 cm
  • Gewicht: Rüden 32–38 kg, Hündinnen 26–32 kg
  • Fell: Dreischichtig, hintere Körperpartie mit Zotten, vordere mit Ziegenhaar
  • Farben: Grau in allen Nuancen, Merle, Isabell, Schwarz; weiße Abzeichen bis 20 % erlaubt
  • Charakter: Intelligent, treu, kinderlieb, wachsam, eigenständig
  • Haltung: Haus mit Garten, viel Bewegung und geistige Beschäftigung notwendig
  • Besonderheit: Sehr selten, weltweit nur ca. 2000 Exemplare
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