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Oft nicht passend

Tierärztin erklärt, wie das Hundegeschirr richtig sitzt

Collage Parson Terrier mit einem schwarzen Geschirr und Porträt Tierärzitn Dr. Julia Vietmeier (Kreis)
Vor allem kleine Hunde tragen oft ein Geschirr. Dieses muss gut sitzen, sonst kann es zu gesundheitlichen Problemen kommen Foto: Getty Images/Hunter
Porträt Saskia Schneider auf dem PETBOOK Relaunch
Redaktionsleiterin

5. Februar 2025, 6:02 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten

Statt eines Halsbandes tragen viele Hunde mittlerweile ein Geschirr. Dieses muss richtig sitzen. Sonst kann der Hund sich nicht nur daraus befreien – ein falsch sitzendes Geschirr kann auch zu gesundheitlichen Problemen führen, wie Dr. Julia Vietmeier weiß. Für PETBOOK verrät die Tierärztin, worauf man beim Sitz und Kauf eines Hundegeschirrs achten sollte.

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Zu locker, zu eng oder an der falschen Stelle – ein Brustgeschirr für den Hund sollte nicht nur gut passen, sondern auch optimal sitzen. Auf dem Markt gibt es zahlreiche Modelle. Viele Halter sind daher oft überfordert und bekommen selbst im Fachgeschäft selten eine gute Beratung. Doch ein schlecht sitzendes Hundegeschirr kann langfristig zu gesundheitlichen Problemen führen. Darauf weist Dr. Julia Vietmeier, Fachtierärztin für Chiropraktik bei Hunter International, hin. Im Gespräch mit PETBOOK erklärte sie, worauf Hundebesitzer beim Kauf und dem Sitz eines Hundegeschirrs achten sollten.

Warum sollte mein Hund ein Geschirr tragen?

Während früher vor allem Schlitten- oder Arbeitshunde ein Geschirr trugen, ist das Zubehör im heutigen Hundetraining nicht mehr wegzudenken. Denn vielen Vierbeinern fällt es anfangs schwer, perfekt im Fuß zu laufen. Andere ziehen an der Leine, wenn sie sehr aufgeregt sind. Dabei übt ein Halsband ständigen Druck auf die Halswirbelsäule aus. Zudem sitzt im Halsbereich neben verschiedenen Drüsen auch die Luftröhre. Daher eignet sich ein Geschirr grundsätzlich für alle Hunde, die an der Leine ziehen, sagt Dr. Julia Vietmeier.

Welche Arten von Geschirren gibt es?

Neben dem richtigen Sitz und der richtigen Passform ist auch die Art von Hundegeschirr entscheidend. Hier kommt es ganz darauf an, was man mit dem Geschirr vorhat, so die Tierärztin. „Will man einen Angsthund am Geschirr absichern oder mit seinem Welpen spazieren gehen?“ Viele sind von den zahlreichen Modellen an Hundegeschirren überwältigt. Denn je nach Funktion gibt es verschiedene Arten. Hier einmal die wichtigsten im Überblick: 1

  • Führgeschirr: Bei dieser Art verläuft ein Steg von der Brust durch die Vorderbeine des Hundes. Die bekanntesten Ausführungen sind das sogenannte H-Geschirr und Y-Geschirr.
  • Norwegergeschirr: Besteht aus einem Brustgurt, der vor der Brust des Hundes liegt, und einem Rumpfgurt, der hinter den Vorderbeinen um den Brustkorb verläuft
  • Sattelgeschirr: In der Struktur wie das Norwegergeschirr, aber mit Rückenplatte – oft mit Haltergriff –, die einem Sattel ähnelt.
  • Step-In Geschirr (Westen- und Softgeschirre): Besteht im Grunde aus zwei Schlaufen, die über die Vorderbeine des Hundes nach oben gezogen und über den Schultern verbunden werden.
  • Sicherheitsgeschirr: Vergleichbar mit einem Führgeschirr, aber mit einem zusätzlichen Bauchgurt. Dieser Aufbau macht es dem Hund fast unmöglich, sich aus dem Geschirr zu befreien.
  • Mantrailing-Geschirr: anatomisch und ergonomisch gut auf den Hundekörper angepasst, sodass der Zug noch mehr auf das Brustbein verteilt wird.
  • Zuggeschirr: So konstruiert, dass die Leine auf Höhe des Hunderückens vom Tier wegführt, damit dieses möglichst viel Kraft beim Ziehen entwickeln kann.

Auch interessant: Halsband oder Brustgeschirr – was ist besser für den Hund?

Wie sitzt ein Geschirr am Hund richtig?

Beim Kauf eines Hundegeschirrs gibt es einige wichtige Punkte zu beachten, damit es richtig sitzt und dem Hund nicht schadet. Entscheidend ist, dass das Geschirr korrekt auf dem Brustbein des Hundes aufliegt. Das Brustbein ist eine knöcherne Struktur, an der die Rippen gelenkig verankert sind.  „Das Geschirr sollte genau dort aufliegen und nicht weiter oben sitzen, da sich dort die Luftröhre befindet“, erklärt die Expertin. Ein zu hoch sitzendes Geschirr kann Druck auf die Luftröhre ausüben und dazu führen, dass der Hund hustet – ein Effekt, den man mit einem Geschirr eigentlich vermeiden möchte. „Viele Hunde husten häufig, weil das Geschirr auf die Luftröhre drückt“, warnt sie.

Geschirr darf Bewegung nicht einschränken

Zudem muss das Geschirr genügend Platz bieten: An den Seiten sollten jeweils zwei Finger zwischen Hund und Geschirr passen, während im hinteren Bereich sogar eine ganze Handbreite Platz sein sollte, um die Atmung des Hundes nicht einzuschränken. Auch die Bewegungsfreiheit ist wichtig: „Im Bereich der Ellbogen sollten zwei bis drei Finger Platz sein, bei größeren Hunden vier bis fünf Finger“, empfiehlt die Expertin. Ein zu enges Geschirr behindert die natürliche Bewegung und kann auf lange Sicht gesundheitliche Probleme verursachen. Vor allem das Schulterblatt des Hundes sollte sich möglichst frei bewegen können.

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Länge des Rückenstegs wichtig

Ein weiterer wichtiger Punkt beim Sitz des Hundegeschirrs ist die Länge des Rückenstegs. Der Bereich der Brustwirbelsäule ist stabil, da dort Herz und Lunge durch einen knöchernen Käfig, der aus Brustwirbelsäule, Brustbein und Rippen geformt wird, geschützt sind. „Hier kann ein gut sitzendes Geschirr den Hund unterstützen“, betont sie. Der Bereich hinter den Rippen hingegen ist instabiler, und genau hier treten auch die meisten Bandscheibenvorfälle auf. „Deswegen sollte das Geschirr nicht länger sein als die Rippen – endet die Rippenpartie, sollte auch das Geschirr enden.“

Geschirr sollte einstellbar sein

Die Möglichkeit, das Geschirr individuell anzupassen, ist essenziell. „Es gibt keine allgemeingültige Regel, welches Geschirr für welche Rasse am besten ist, denn jeder Hund hat eine einzigartige Körperform“, so die Expertin. Je mehr Verstellmöglichkeiten ein Geschirr bietet, desto besser kann es an den individuellen Körperbau des Hundes angepasst werden. Besonders bei jungen Hunden, die noch wachsen, oder bei Tieren, deren Gewicht schwankt, ist eine flexible Anpassung wichtig.

„In manchen Fällen kann es sogar notwendig sein, ein Spezialgeschirr in Betracht zu ziehen, wenn Standardmodelle nicht optimal sitzen“, ergänzt sie. Die Wahl des richtigen Geschirrs – ob Norwegergeschirr oder ein anderes Modell – sollte stets auf die Bedürfnisse des jeweiligen Hundes abgestimmt sein.

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Falsches Geschirr kann zu langfristigen Schäden führen

Ein häufiges Problem bei schlecht sitzenden Geschirren sind Muskelverspannungen und Rückenschmerzen. „Viele Hunde entwickeln Bandscheibenprobleme im Bereich der Wirbelsäule, insbesondere wenn das Geschirr zu lang ist und auf einen bereits anfälligen Bereich drückt“, erklärt die Expertin. Zwar kann es nicht belegt werden, dass das Geschirr allein die Ursache ist, aber es trägt in einigen Fällen zu diesen Problemen bei, vor allem bei Hunden mit langem Rücken.

Schokoladenfarbener Labradorwelpe mit rotem Brustgeschirr auf Wiese
So bitte nicht! Das Geschirr sitzt bei diesem Welpen viel zu locker und nicht vor dem Brustbein. Hier hat sich der Hund schnell herausgewunden Foto: Getty Images

Ein weiterer Fehler ist, dass ein unpassendes Geschirr die natürliche Biomechanik des Hundes verändert. „Wenn ein Hund über längere Zeit mit einem schlecht sitzenden Geschirr läuft, entwickelt er eine Schonhaltung, um Schmerzen zu vermeiden“, warnt die Expertin. Diese Fehlhaltung belastet jedoch andere Gelenke falsch, was auf lange Sicht zu Arthrose und Knorpelabnutzung führen kann. „Es geht also nicht nur um kurzfristige Beschwerden, sondern auch um langfristige gesundheitliche Schäden, die durch ein nicht optimal angepasstes Geschirr entstehen können.“

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Quellen

  1. hundegeschirr-abc, „Hundegeschirr Arten“ (aufgerufen am 31.01.2025) ↩︎

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