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Experten ordnen ein

„Die sollten verboten werden!“ Warum Rollleinen so umstritten sind

Ein Hund an der Leine auf einem Waldweg, während der Halter eine blaue Flexi-Leine hält. Symbolbild Spaziergang im Wald mit einem Hund, wobei es auf die Bedeutung von Leinenpflicht und Sicherheitsregeln im Wald hinweist
Rollleinen gelten unter Hundehaltern und Trainern als absolutes Streitthema. Foto: picture alliance / CHROMORANGE | Michael Bihlmayer
Dennis Agyemang
Redakteur

4. März 2025, 17:38 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten

Die Rollleine gibt Hunden Raum für ihren natürlichen Bewegungs- und Erkundungsdrang – je nach Modell bis zu zehn Metern! Und auch für den Halter bietet sie vermeintlich einen Vorteil mit ihrem integrierten Stoppknopf. Bei Bedarf rollt sich die Leine sogar von selbst wieder auf. Dennoch polarisiert die Rollleine unter Hundetrainern und -haltern. Aber warum eigentlich?

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„Von 1971 bis 1984 war meine Hündin Purzel die wohl quirligste Hündin von ganz Hamburg. Als ich mit ihr an einem warmen Sommertag im Jahr 1972 spazieren ging, kam mir blitzartig eine Idee. Ich stieg in mein Auto, eilte nach Hause und begann …“ So beschreibt Manfred Bogdahn, der Erfinder der flexi Rollleine, den Geistesblitz, dem die Welt dieses Produkt verdankt.1 Ursprünglich aus Holz gefertigt, heute aus Kunststoff. Seither wurde die Flexi-Leine millionenfach verkauft und auch von zahlreichen anderen Herstellern auf den Markt gebracht. Doch nicht alle sind Fans dieser Leine.

Bei der Rollleine scheiden sich die Geister

„Mit den Rollleinen sprecht ihr ein ganz heißes Thema an“, berichtet Hundepsychologe Marc Ebersbach im Gespräch mit PETBOOK. So habe er in seinem Berufsalltag, aber auch in seiner Kommentarspalte in den sozialen Netzwerken schon viele negative Äußerungen zu Rollleinen gehört. Von „Scheiße!“ bis „die sollten verboten werden“, war schon alles dabei. „Das sind Aussagen, die damit zu begründen sind, dass die Leute einfach nicht differenzieren“, ordnet Ebersbach ein.

„Privatpersonen differenzieren zum Teil nicht, sondern sehen nur ihre Erfahrungen mit ihrem Hund und der Rollleine und verallgemeinern dann in Richtung aller Hunde“. Das sei natürlich ein Trugschluss, denn nicht alle Hunde seien gleich oder hätten die gleichen Vorlieben oder körperlichen Eigenschaften. Man müsse daher genau hinschauen, für welche Hunde die Rollleine geeignet sei und für welche nicht.

Für diese Hunde eignet sich die Rollleine nicht

Schon aus physikalischen Gründen sei eine Rollleine für kleine Hunde nicht geeignet, da sie zu stark am Tier ziehe, weiß der Hundeexperte. Auch für besonders große Hunde sei sie schlichtweg unpraktisch. Aber auch Halter von besonders reaktiven Vertretern sollten besser von dieser Art Leinen absehen – alleine schon aus Sicherheitsgründen. Außerdem sei sie „für den Aufbau einer funktionierenden Leinenführigkeit nicht geeignet, da mit dieser Leine nicht gefühlvoll bzw. präzise auf den Hund reagiert werden kann“. Zu diesem Urteil kommt auch Hundetrainerin Katharina Marioth, wie sie im Gespräch mit PETBOOK verrät.

„Grundsätzlich habe ich nichts gegen Rollleinen. Vorausgesetzt, der Hund kennt ein zuverlässiges Stop und hat gelernt, sich auch ohne Leine oder an einer sehr langen Leine am Halter zu orientieren, damit es nicht zu diesem typischen Einrasten kommt.“ Denn dadurch falle der Hund sogar ins Halsband oder ins Geschirr und bekomme automatisch einen negativen Impuls, weiß die Expertin.

Es kann zu Verletzungen kommen – auf beiden Seiten der Leine!

Neben oben genannten Punkten sei es auch wichtig, dass Hunde gut abrufbar sind und eine beherrschte Impulskontrolle haben, erklärt Hundetrainer Dennis Panthen. Das sei wichtig, damit der Hund „eben nicht Vollgas in die Leine läuft.“ Sollten besagte Punkte also beim Vierbeiner zutreffen, „dann ist dieses Gerät in Bereichen, wo Leinenpflicht herrscht und du dich mit dem Hund etwas flexibler bewegen möchtest, Gold wert“, findet Panthen.

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Doch „für die Leute, die keinen sicheren Rückruf haben und auch keine ausreichende Impulskontrolle wird die Leine schnell zur Gefahr“, so sein Fazit. Und tatsächlich: Rollleinen können in vielerlei Hinsicht ein Gefahrenpotenzial bieten, das nicht unterschätzt werden sollte. Sie können im Zweifelsfall den Hals, Luftröhre und die Kehle des Hundes verletzen.

„Da kannst du dir richtig das Handgelenk auskugeln, wenn du da nicht aufpasst“

So berichten Tierärzte immer wieder, dass sie Tiere wegen Nacken- und Rückenverletzungen behandeln müssen, die schmerzhaft sein und langfristige Folgen haben können. Auch wenn die Rollleine kurz gehalten wird, könne es zu Verletzungen kommen.2 Und zwar auf beiden Seiten der Leine! So kann sich die schmale Kordel der Rollleine leicht um Finger oder Beine wickeln und zu leichteren Verletzungen wie Seilbrand oder anderen Hautverletzungen führen.

„Da kannst du dir richtig die das Handgelenk auskugeln, wenn du da nicht aufpasst. Da hat man bei einer normalen Leine doch einfach ein besseres Gefühl, weil man die nicht am Griff hält. Eine normale Leine sollte man eigentlich auch mit zwei Händen halten. Das wäre jedenfalls die ideale Leinenführung“, weiß Marc Ebersbach. So habe man eine bessere Absicherung.

Eignen sich Rollleinen für die Innenstadt?

Schwere Verletzungen mit Rollleinen, die zur Amputation von Fingerteilen führten, soll es angeblich auch schon gegeben haben. Darüber hinaus stellen Rollleinen eine große Stolpergefahr für Personen dar, die sich in der Nähe aufhalten.3 Zudem müsse der Umgang mit dieser Art Leine mit dem Hund trainiert werden, erklärt der Hundepsychologe Marc Ebersbach. „Der Hund darf nicht erschrecken und weglaufen, wenn der Halter den Plastikgriff fallen lässt. Diese Schrecksituation muss vorher so trainiert werden, damit der Hund nicht flüchtet.“

Denn auch hier könnte eine solche Situation eine potenzielle Gefahr darstellen. „Denn irgendwann fällt einem das Ding immer mal aus der Hand. Das kann ganz schnell passieren und dann hat man einen toten Hund, wenn der in Panik auf die Straße rennt.“ Allerdings dürfe man auch nicht völlig außer Acht lassen, wo die Rollleine zum Einsatz kommt, betont Katharina Marioth. „In der Stadt halte ich nichts von flexiblen Rollleinen und dort sind sie auch weitestgehend verboten. Denn wenn Leinenpflicht herrscht, heißt das immer maximal zwei Meter Leine.“

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Warum haben Rollleinen einen so schlechten Ruf?

Doch wie stehen Hundetrainer letztendlich zu den flexiblen Leinen? Alle drei Experten verrieten im PETBOOK-Interview, dass sie Rollleinen nicht per se schlecht finden. Sie bringen zwar einige Vorteile, wie dass Hunde mehr Bewegungsfreiheit haben oder auch situativ Raum einnehmen zu können, um sich in der Konfrontation mit bestimmten Reizen, an denen sie vorbeigehen, wohler zu fühlen. Gleichzeitig kann die Arbeit mit der Rollleine aber auch diverse Gefahren und Nachteile mit sich bringen.

„Rollleinen fördern die Faulheit der Halter, den Hund irgendwie an der Leine zu halten, aber nicht wirklich situativ korrekt und einfühlsam zu führen“, mahnt Ebersbach. Das sieht auch Katharina Marioth so. „Flexible Rollleine, wenn man zu faul ist, mit dem Hund zu arbeiten“. Sie persönlich mache auf Gassirunden einen großen Bogen um Hunde an der Rollleine.

Porträt Saskia Schneider auf dem PETBOOK Relaunch
Redaktionsleiterin

Warum ich die Rollleine liebe

„Ich bin seit ich einen Hund habe, ein großer Fan der Rollleine. Allerdings kam diese erst zum Einsatz, nachdem Zwergspitz Yumi eine gute Leinenführigkeit hatte. Denn um das Beifuß-Laufen oder Leinenführigkeit zu lernen, eignet sich eine Rollleine überhaupt nicht. Auch habe ich zuvor mit Yumi trainiert, stehenzubleiben, wenn mir die Leine mal aus der Hand fliegt, was tatsächlich öfter passiert ist – unter anderem auf einem U-Bahnhof. Blöd, wenn der Hund dann vor Panik ins Gleisbett läuft. Man sollte sich also der Risiken dieser Leine bewusst sein. Ich liebe sie vor allem, weil sie einen Freilauf simuliert, wo keiner erlaubt ist. Etwa in geschützten Grünanlagen. Zwar sind vielerorts Leinen mit maximal zwei Metern vorgeschrieben, aber ich habe nie erlebt, dass dies nachgeprüft wurde. Für einen Hund ohne Leine hingegen mussten Hundehalter in Berliner Stadtparks schon öfter ein saftiges Ordnungsgeld zahlen.“

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Quellen

  1. flexi.de, „Unsere Historie: Wie alles begann“, (aufgerufen am 04.03.2025) ↩︎
  2. northshorehumane-org, „4 Gründe, warum Rollleinen gefährlich sind“, (Aufgerufen am 04.03.2025) ↩︎
  3. welt.de, „Millionen Hunde können nicht irren“, (Aufgerufen am 04.03.2025) ↩︎

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