2. August 2024, 6:51 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Draußen heulen die Sirenen, drinnen heult der Hund? Warum jaulen Hunde häufig so mit, wenn sie Kirchenglocken oder Sirenen hören? PETBOOK hat einen Experten gefragt und erklärt, was hinter dem Verhalten steckt.
Feuerwehrsirenen sind nun wirklich kein schönes Geräusch. Das findet mein Hund Rudi offenbar auch, denn jedes Mal, wenn er eine Sirene aus der Ferne hört, stimmt er gern mit ein. Da wird gejault und geheult, als wäre er wieder zum Wolf geworden. Anfangs versuchte ich das Gejaule zu unterbinden, später machte ich mir eher Sorgen. Tut meinem Hund der Klang womöglich in den Ohren weh? Wahrscheinlich eher nicht. Wenn mein Hund etwas nicht leiden kann, zieht er sich in der Regel eher zurück. So etwa Silvester, wenn Rudi sich aus Angst vor dem Geböller hinter dem Schreibtisch versteckt. Warum aber jaulen Hunde dann mit Sirenen und Co. um die Wette?
Wieso heulen Hunde?
Hunde haben ein viel feineres und empfindlicheres Gehör als Menschen. Während wir Menschen Töne in einem Frequenzbereich von 20 Hz bis 20.000 Hz wahrnehmen, können die Vierbeiner Töne bis zu 65.000 Hz hören. Das bedeutet, dass sie Geräusche wahrnehmen können, die für uns Menschen nicht mal zu erahnen sind. Sirenen und Kirchenglocken erzeugen hohe Töne, die in einem Frequenzbereich liegen, den Hunde besonders gut hören können.
Jaulen hat grundsätzlich verschiedene Funktionen, die ihren Ursprung beim wilden Verwandten, dem Wolf, haben. Das gemeinsame Heulen stärkt offenbar den Zusammenhalt und festigt die sozialen Verbindungen. Wer mitmacht, gehört zur Gruppe. In der Wildnis kann das gemeinsame Heulen auch eine Warnung an andere Rudel sein, es dient der Kommunikation.
Jaulen als Kommunikation
In der freien Wildbahn nutzen Wölfe und wilde Hunde das Jaulen, um sich über weite Distanzen zu verständigen. Wenn Ihr Hund auf Sirenen oder Kirchenglocken mit Jaulen reagiert, könnte das ein Instinkt sein, der ihn dazu veranlasst, auf diese lauten, fremden Geräusche zu antworten. Es versucht so, mit der Quelle des Geräusches zu kommunizieren oder sein Revier zu markieren. Durch Heulen wird der Standort des Hundes oder eine drohende Gefahr den anderen Rudelmitgliedern mitgeteilt. Der Zusammenhalt des Rudels wird durch den Heulreflex gestärkt.
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Nachahmung
Ein weiterer Grund für das Heulen zu Sirenen, könnte sein, dass Hunde versuchen, die Geräusche nachzuahmen. Hunde sind soziale Tiere und neigen dazu, Geräusche und Verhalten von anderen Hunden oder auch Menschen zu imitieren und mit ihnen zu interagieren.
Gewohnheit
Auch Hunde sind Gewohnheitstiere. Mitunter zeigen die Vierbeiner auch Verhaltensweisen, weil sie in der Vergangenheit dadurch eine bestimmte Reaktion erhalten haben – sei es Beruhigung, Aufmerksamkeit oder Ablenkung. Auf diese Art hat Ihr Hund gelernt, dass Jaulen eine gute Strategie ist, um Ihre Aufmerksamkeit zu bekommen.
Stress oder Angst
Manche Hunde reagieren auf laute und ungewohnte Geräusche mit Stress oder Angst. Sirenen und Kirchenglocken sind oft unerwartet und sehr laut, was bei einigen Hunden Angst auslösen kann. Das Jaulen kann eine Möglichkeit sein, diesen Stress oder diese Angst auszudrücken. In diesem Fall ist auch die Körpersprache hilfreich. Beobachten Sie Ihren Hund: Wirkt er angespannt, ängstlich oder sucht er Schutz? Das könnten Anzeichen dafür sein, dass die Geräusche ihm Angst machen.
Kontaktheulen
Im Fall von Sirenen und Glocken können Hunde aber auch noch aus einem anderen Grund jaulen: Hier geht man davon aus, dass bestimmte Frequenzen dafür verantwortlich sind, dass der Hund mit Jaulen „antwortet“, sagt Dr. Judith Förster, Diplom-Biologin und Heimtierexpertin bei der Tierschutz-Stiftung VIER PFOTEN.
„Man geht davon aus, dass das eine Art Kontaktheulen ist. Dadurch zeigen sich die heulenden ‚Teilnehmenden‘ gegenseitig, dass sie da sind“, so die Expertin. Man habe außerdem festgestellt, dass das Heulen vor allem ursprüngliche Hunderassen zeigen. „Bei jüngeren Hunderassen geht das Verhalten immer mehr zurück“, sagt Dr. Judith Förster. „Man kann also sagen, dass das Heulen nach und nach aus Hunden rausgezüchtet wird.“
Sirenen haben anteilig ähnliche Frequenzen zum Hundeheulen, erklärt die Biologin weiter. Auch ihr Hund Marcipan, ein Deutsch Drahthaar, stimme manchmal ein, allerdings nicht immer. „Marcipan scheint zwischen unterschiedlichen Sirenen zu unterscheiden“, erklärt Dr. Förster. Für uns Menschen hingegen sind die Frequenzen nicht hörbar.
Diese Frequenzen werden übrigens nicht nur von Sirenen und Glocken produziert, sondern auch von Instrumenten wie Trompeten, Posaunen und mitunter dem Klavier. Falls Ihr Hund also lauthals einstimmt, wenn Sie musizieren, will er nicht nur so mal mitreden. Ihr Hund nimmt die Töne als Geräusche von Artgenossen wahr und stimmt in das Heulen ein, um seine Zusammengehörigkeit mit dem Rudel zu demonstrieren.
Gut zu wissen: Kein Hund jault wie der andere. Bei der Erforschung von Wölfen konnte man zeigen, dass sowohl jedes Individuum als auch jedes Rudel unterschiedliche Heulmuster hat.
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Fazit
Das Jaulen des Hundes ist ein Kommunikationsmittel, das auf die Vorfahren des Hundes, auf den Wolf, zurückzuführen ist. Dass Hunde bei Sirenengeheul und Kirchenglocke einstimmen, liegt zunächst an dem empfindlichen Gehör des Hundes, durch das er Geräusche viel lauter wahrnimmt.
Das Heulen der Sirenen oder Glockengeläute hält Ihr Hund wahrscheinlich für die Laute seiner Artgenossen und antwortet dementsprechend. Wenn das Jaulen Ihres Hundes Ihnen Sorgen bereitet oder häufig vorkommt, kann es hilfreich sein, einen Hundetrainer oder Tierarzt zu konsultieren, um die genaue Ursache herauszufinden und gegebenenfalls Strategien zur Beruhigung eures Hundes zu entwickeln.