
31. Juli 2024, 13:38 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Jeder Hund ist anders. Doch es gibt Vierbeiner, die schneller aus der Fassung geraten als andere und bei bestimmten Auslösern überreagieren. Dabei neigen gerade unsichere und ängstliche Hunde dazu, bei bestimmten Reizen „nach vorn zu gehen“, zu bellen und zu knurren oder sogar zu beißen. Hier spricht man von reaktivem Verhalten. Für Halter wie Fabienne oft ein schwieriger Umstand, der sie tagtäglich herausfordert.
Wenn es um reaktive Hunde geht, stehen die meisten von uns auf der Seite des Auslösers. Man ist mit oder ohne Vierbeiner unterwegs und plötzlich reißt einen lautes Gebell und ein Hund, der mit voller Kraft in sein Geschirr springt, aus den Gedanken. Hundehalter können in solchen Momenten nur hoffen, dass sich ihr Vierbeiner nicht auf das Gepöbel des anderen einlässt. Bei den meisten steigt jetzt der Puls und sie zerren den Hund so schnell wie möglich an dem „Krawalltier“ vorbei. Doch was sich wohl kaum einer fragt: Wie geht es Haltern von reaktiven Hunden? Bekommen diese schon einen halben Herzinfarkt, wenn sie nur irgendwo in der Ferne die Silhouette eines anderen Hundes erahnen können? Immerhin könnte der eigene Hund gleich wieder ausrasten.
Ein Umstand, der einen auf Dauer zermürben kann, verrät Fabienne im Gespräch mit PETBOOK. Ihr Hund Davey ist so ein reaktiver Hund, der regelmäßig die Fassung verliert. Uns hat Fabienne von ihrem Leben und den Herausforderungen mit Davey erzählt.
»Mit einem reaktiven Hund ist man ständig auf der Hut
PETBOOK: Fabienne, dein Hund ist sehr reaktiv. Wie macht sich das in deinem Alltag bemerkbar?
Fabienne: „Hauptsächlich macht es sich daran bemerkbar, dass man ständig auf der Hut ist. Davey reagiert auf alles: Menschen, andere Hunde und auch auf fast jedes andere Lebewesen, das draußen herumläuft. Demnach ist er nicht wirklich alltagstauglich. Spaziergänge in neuer Umgebung sind für und mit ihm momentan noch fast unmöglich. Man muss immer darauf achten, dass nicht zu viele Reize unterwegs sind, um mit ihm den Alltag zu meistern.“
Woher kommt dieses Verhalten?
„Ich denke, dass es schon von der Mutterhündin kommt. Die hat bereits durch das Leben auf der Straße so viel Stress durchlebt, dass über die Nabelschnur dieser Stress auch auf die Welpen übertragen wurde. Dann hat er als Welpe und auch darüber hinaus, als Junghund, wahrscheinlich viel zu wenig Reize kennengelernt und deshalb niemals gelernt, wie er damit umgehen soll. Er ist nicht ängstlich, aber sehr unsicher, einfach, weil er nicht weiß, wie er mit all den (neuen) Eindrücken klarkommen soll.“
„Am schlimmsten sind für ihn Kinder, die rennen“
In welchen Situationen reagiert er besonders?
„Bei plötzlichem Auftauchen verschiedenster Reize. Beispielsweise, wenn ein Mensch auf einmal um eine Ecke kommt. Am schlimmsten sind für ihn Kinder, die rennen. Auch auf Hunde reagiert er sehr extrem, die muss er nur von Weitem sehen.“
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Wie reagiert dein Umfeld auf ihn, wenn er wieder an der Leine pöbelt?
„Es gibt entweder oder: Es gibt Menschen, die sind genervt und geben ungefragt unfreundliche Kommentare und ‚Tipps‘ ab. Es gibt aber auch Menschen, die total verständnisvoll sind und Rücksicht nehmen. Die gehen uns dann aus dem Weg, lächeln mich nett an und das war’s. Die sind mir auf jeden Fall am liebsten. Hunde reagieren ebenfalls unterschiedlich. Kommt immer darauf an, in welcher Situation. An der Leine bellen die meisten zurück, ohne Leine sind sie oft uninteressiert.“


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Halterin von reaktivem Hund: „Man bekommt so oft blöde Sprüche“
Was macht die Reaktivität mit dir?
„Sie schränkt mich ein und lässt mich an mir selbst zweifeln. Man bekommt so oft blöde Sprüche, oft gibt es auch wochenlang keine Fortschritte. Man denkt teilweise, dass man alles falsch macht und das zehrt an einem. Zusätzlich sieht man Menschen, wie sie mit ihren Hunden alles Mögliche machen können, während man sieht, dass das mit dem eigenen Hund nicht möglich ist. Das macht einen teilweise auch traurig.“
Inwiefern arbeitest du an diesem Thema? Was hast du schon alles versucht?
„Wir waren bei zwei Trainern bisher, die uns unterschiedliche Trainingsmethoden an die Hand gegeben haben. Anfangs sind wir leider allem nur aus dem Weg gegangen, mittlerweile gehen wir aktiv in die Situationen und setzen um, was wir gelernt haben. Das ist eine Mischung aus positiver Verstärkung, aber auch Grenzen setzen, wenn er wieder nach vorne schießt. Oft beobachten wir auch einfach nur Menschen aus weiter Ferne. Das hilft auch super.“