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Hundepsychologin gibt Antwort

Leiden Hunde, wenn sich ihre Halter trennen? 

Ein Hund sitzt mit einem getrennten Paar auf der Couch
Auch für Hunde verändert sich etwas, wenn sich die Halter trennen. Deshalb sollten auch die Bedürfnisse des Tiers in dieser Situation mitbedacht werden. Foto: Getty Images
Dennis Agyemang
Redakteur

8. August 2023, 11:14 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten

Trennungen oder sogar Scheidungen sind nie schön und können Betroffene im schlimmsten Fall sogar in eine tiefe Krise stürzen. Sind auch noch Kinder oder Haustiere involviert, wird der Trennungsprozess meist noch komplizierter und emotionaler – für alle Beteiligten. Doch wie gehen Hunde mit so einer Situation um?

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Erst kommen die Konflikte eher schleichend, dann häufen sich die Meinungsverschiedenheiten und Streitigkeiten. Schließlich kommt es unweigerlich zur Trennung. So oder so ähnlich endet bei vielen Paaren die Beziehung. Meist folgt dann die räumliche Trennung, wenn einer der Partner – oder sogar beide – aus dem gemeinsamen Zuhause ausziehen. Es gibt zahllose Studien, die untersuchen, was Trennungen und gescheiterte Lieben mit uns Menschen machen und wie sehr betroffene Kinder unter der Situation leiden, wenn sich die Eltern trennen. Doch wie ergeht es dabei eigentlich Hunden? Sie sind immerhin auch von der Situation betroffen und erleben die Streitigkeiten ihrer Halter oft aus nächster Nähe mit. PETBOOK hat bei einer Hundepsychologin nachgefragt.

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Streitigkeiten der Halter können Hunden durchaus nahe gehen

Hunden können die Auseinandersetzungen ihrer Halter durchaus nahe gehen, sagt Hundepsychologin Eileen Witt im Gespräch mit PETBOOK. So würden die Tiere mitbekommen, wenn ein Paar sich streite, sagt die Expertin aus Zwickau. „Die emotionale Ausgeglichenheit der Halter und geltende Regeln in der Familie geben dem Hund einen stabilen Rahmen für ein entspanntes Leben. Gibt es Streit, ist das zunächst nicht tragisch. Auch in Hunde- und Wolfsrudeln gibt es Konflikte, die meist ohne Verletzungen der Kontrahenten beigelegt werden.“ Komme es aber immer wieder zu Spannungen, wird die Situation für den Hund zunehmend schwieriger. „Die Familie als Existenzgrundlage droht auseinanderzubrechen. Der Hund reagiert darauf mit Stress.“

Dieser Stress könne sich auf unterschiedliche Arten zeigen, erklärt die Expertin. „Der Hund wird unruhig, hechelt vermehrt, schüttelt oder kratzt sich öfter. Auch Beschwichtigungsgesten werden vermehrt gezeigt, wie zum Beispiel das Lecken über die Schnauze. Bei vielen Hunden ist auch eine erhöhte Unsicherheit aufgrund der häuslichen Situation zu beobachten.“

So sehr leiden Hunde unter der Trennung ihrer Besitzer

Doch wie gehen Hunde mit der Trennung ihrer Halter um? Diese Frage lasse sich nur unter Beachtung des Kontextes beantworten, dass Hunde meist nur eine Bezugsperson haben, sagt Eileen Witt. „Diese Bezugsperson wählt der Hund selbst anhand verschiedener Charaktereigenschaften. Dazu zählen Selbstsicherheit, emotionale Stabilität, Verlässlichkeit, Konsequenz, liebevoller Umgang und die Fähigkeit, Konflikte zu lösen. Zusammengefasst sind es Führungsqualitäten, die den Hund glauben lassen, dass dieser Mensch ihn sicher durch alle Situationen des Lebens führen kann.“ Bleibe der Hund bei seiner Bezugsperson, erleichtere ihm das die Trennung der Familie erheblich, so Witt weiter. Er fühle sich dann sicher und würde auch einen Umzug mit seinem Menschen meistern.

Allerdings könne falsch interpretiertes Verhalten der Besitzer dem Hund diese Trennungsphase erschweren – ihn im schlimmsten Fall sogar traumatisieren. „Leider ist den Menschen oft nicht klar, wer wirklich die Bezugsperson für den Hund ist. Es ist nicht zwangsläufig das Familienmitglied, mit dem der Hund ständig kuschelt oder das ihm die meisten Leckerli füttert“, gibt die Expertin zu bedenken. „Hunde haben ein gutes Gespür für Charakterschwächen und nutzen diese zu ihrem eigenen Vorteil.“ So werde eine nachgiebige Person öfter angebettelt als eine, die stets konsequent handelt. „Die Bezugsperson ist jedoch eher die konsequente. Dieses Missverständnis kann dazu führen, dass der Hund von seiner Bezugsperson getrennt wird, was für ihn erhebliches Leid bedeutet. Ein Ortswechsel verstärkt dieses Leid oft noch. Der Hund verliert zunehmend das Gefühl von Sicherheit und ist letztendlich mit der Situation völlig überfordert.“

Trennungen können Hunde krank machen

Wie ausgeprägt sich diese Unsicherheit entwickelt, hänge natürlich sehr vom Verhalten des Menschen und dem Charakter des Hundes ab. „Je sensibler der Hund, umso stärker wird er auf die Veränderungen reagieren.“ Doch im schlimmsten Fall können durchaus Verhaltensauffälligkeiten und sogar Krankheiten auftreten, sagt die Hundepsychologin. „Trennungen bedeuten oft Stress für den Hund. Hält dieser länger an, erhöht sich der Cortisolspiegel im Blut stetig. Cortisol ist ein Stresshormon, das sich stark auf das Verhalten des Hundes und auf seine Gesundheit auswirkt. Es begünstigt unter anderem die Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Magengeschwüren, Schilddrüsen- und Stoffwechselerkrankungen.“

Ist ein Hund dauerhaftem Stress ausgesetzt, kann dieser ihn sogar krank machen. „Der Verlust einer geliebten Person durch eine Trennung kann wie beim Menschen auch zu Stimmungsänderungen bis hin zur Depression führen.“ Konkret könnte das Gefühl von Sicherheitsverlust zu ängstlichem Verhalten führen, in seltenen Fällen sogar zu erhöhter Aggressionsbereitschaft. Aber auch Apathie und plötzlich auftretende Trennungsangst seien möglich, weiß die Expertin.

So helfen Sie Ihrem Hund nach der Trennung

„Grundsätzlich sollte man auf jede Verhaltensänderung des Hundes achten und sich gegebenenfalls professionelle Hilfe bei einem Verhaltensberater für Hunde holen.“ Tatsächlich gibt es aber auch Mittel und Wege, um seinem Vierbeiner in der sich verändernden Situation beizustehen und ihm bei der Eingewöhnung in die neue Umgebung zu unterstützen. „Ein gut strukturierter Tagesablauf kann schon eine wertvolle Hilfe sein. Verlässlichkeit und Kontinuität geben ihm die Sicherheit, die er braucht. Beim gemeinsamen Erkunden des neuen Territoriums lernt er nicht nur die Umgebung, sondern auch neue Hundekumpels kennen. So kehrt Stück für Stück wieder etwas Normalität in sein Leben zurück.“

So läuft die Trennung „hundefreundlich“ ab

Aufgrund ihrer sehr anpassungsfähigen Art können sich Hunde meist schnell mit neuen Situationen arrangieren. Dennoch sollte man dem Tier nicht zu viele Veränderungen auf einmal zumuten. „Bleibt der Hund in dem ihm bekannten Umfeld und bei seiner Bezugsperson, bedeutet das für ihn den geringsten Stress. Er wird natürlich merken, dass einer seiner Menschen fehlt und er wird ihn auch vermissen. Umso größer ist dann die Freude, wenn er diesen Menschen wiedersieht.“

Gerade an diesem Punkt stellt sich vielen Hundebesitzern in der Trennungsphase eine große Frage: Wie wichtig ist es für den Hund, seine Menschen regelmäßig zu sehen? Vermisst er seine Halter sehr, wenn er nur noch einen der beiden sieht? Oder sollte der andere Ex-Partner bewusst dem Hund fernbleiben, um ihn nicht bei der Eingewöhnung ins „neue Leben“ zu stören oder zu verunsichern?

Sollten Hunde nach der Trennung noch den Ex-Partner des Halters sehen?

Das lässt sich nicht so pauschal beantworten und hängt von mehreren Faktoren ab. „Schwieriger als die räumliche Trennung ist für den Hund tatsächlich, wenn beide Partner zusammenleben und es ständig Konflikte gibt. Hunde reagieren sehr stark auf den emotionalen Zustand ihrer Menschen. In einer angespannten Situation sind Menschen oft reizbar, genervt oder wütend. Diese negativen Gefühle übertragen sich auch auf den Hund. Nach der Trennung beruhigt sich die Situation zunehmend und der Stresspegel des Hundes sinkt“, erklärt die Hundepsychologin.

Und weiter: „Ist ein entspannter Umgang beider Ex-Partner möglich, spricht erst einmal nichts gegen eine Betreuung durch beide Personen. Das Verhalten des Hundes ist jedoch entscheidend. Hat er nach der erneuten Trennung wieder Stress oder zeigt Verhaltensauffälligkeiten, ist es besser, den Kontakt abzubrechen.“

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Quellen

Themen Hundeverhalten
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