1. November 2023, 11:12 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Einige Hundekrankheiten lassen sich medikamentös gut behandeln. Wenn Ihr Hund allerdings einen MDR1-Gendefekt hat, kann die Verabreichung von bestimmten Arzneimitteln großen Schaden anrichten. Wofür das MDR1-Gen zuständig ist und welche Folgen es hat, wenn es defekt ist, erklärt PETBOOK.
Als Gene bezeichnet man Abschnitte auf der DNA, die Informationen zur Ausprägung eines Merkmals besitzen (etwa die Augenfarbe). Jedes Gen bewitzt dabei also eine ganz eigene Funktion. Das sogenannte Multi-Drug Resistance-Gen (kurz MDR1-Gen) ist dafür zuständig, das Hirn und Nervensystem vor dem Eindringen von potenziell gefährlichen Fremdstoffen wie etwa Arzneimitteln zu schützen. Zudem ist MDR1 bei der Ausscheidung riskanter Stoffe in der Leber und Niere beteiligt und verringert die Aufnahme dieser Stoffe im Darm.
Kurzum: MDR1 sorgt beim Vierbeiner dafür, dass Medikamente und deren Abbauprodukte wieder sicher den Körper verlassen, ohne großen Schaden anzurichten. Aber was, wenn dieses Gen außer Gefecht gesetzt wird?
Übersicht
Was passiert bei einem MDR1-Gendefekt?
Bei Hunden mit MDR1-Defekt können Substanzen und Wirkstoffe ungehindert durch seine Blut-Hirn-Schranke treten. Stoffe wie Medikamente gelangen also direkt ins Gehirn. Je nachdem, was der Hund zu sich genommen oder verabreicht bekommen hat, können sie dort verheerende Schäden anrichten.
Symptome bei einem MDR1-Gendefekt sind:
- Bewegungsstörungen
- Zittern
- Benommenheit
- Erbrechen
- verstärkter Speichelfluss
- andere, typische Vergiftungserscheinungen
Wenn die Dosis des verabreichten Mittels sehr stark ist, kommt es zu einer schweren Vergiftung, durch die der Hund ins Koma fallen und im schlimmsten Fall sogar sterben kann.
Wie wird der Gendefekt vererbt?
Im Vergleich zu einem intakten Gen fehlen dem defekten MDR1-Gen vier Basenpaare. Der Defekt kann auf zwei unterschiedliche Arten vererbt werden:
Homozygot: MDR1 (-/-): Wenn beide Elterntiere den Defekt vererben, fehlt das MDR1-Gen vollständig. Hunde, die davon betroffen sind, reagieren besonders stark auf die Verabreichung von gefährlichen Substanzen.
Heterozygot: MDR1 (+/-): Bei der heterozygoten Art vererbt nur ein Elterntier ein defektes MDR1-Gen. Die Nachkommen sind daher heterozygot und das Gen in seiner Funktion beeinträchtigt. Tiere, die hiervon betroffen sind, können mit milden Krankheitssymptomen reagieren. Sie vererben die defekte Erbanlage mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent an ihre Nachkommen.
Gesunde Tiere können den Defekt nicht vererben. Sie gehören zu dem Typ MDR1 +/+. Leider sieht man den betroffenen Tieren den Gendefekt nicht an. Es gibt aber bestimme Rassen, die häufiger davon betroffen sind.
Welche Hunderassen sind betroffen?
Einige Hunderassen, die den Gendefekt von beiden Elternteilen geerbt haben, sind deutlich häufiger von dem Gendefekt betroffen als andere. Wie häufig welche bestimmte Rasse betroffen ist, zeigt die Tabelle.
Hunderassen | Prozentzahl |
---|---|
Kurzhaarcollie | 68 % |
Langhaarcollie | 55-57% |
Longhaired Whipped | 42-65 % |
Australian Shepherd | 17-46 % |
Shetland Sheepdog | 7-35 % |
Wäller | 17-19 % |
English Shepherd | 7-15 % |
Deutscher Schäferhund | 6-10 % |
Old English Sheepdog | 1-11 % |
Border Collie | 1-2 % |
Wie wird der Gendefekt bei Hunden erkannt?
Mittlerweile ist es recht einfach einen Hund auf den Gendefekt zu untersuchen. Dazu wird dem Tier Blut abgenommen – hier reicht bereits ein Milliliter aus. Jede Körperzelle – und damit auch die Zellen im Blut – enthalten DNA. Mithilfe eines sogenannten PCR-Tests kann untersucht werden, ob eine Mutation im MDR1-Gen vorliegt.
Sollten Sie Halter einer der aufgeführten Hunderassen sein, empfiehlt es sich Ihren Hund auf den Gendefekt testen zu lassen.
Welche Arzneimittel sind gefährlich?
Bei reinerbigen Hunden lösen bestimmte Medikamente aus verschiedenen Stoffgruppen besonders starke Reaktionen aus. Dabei wird zwischen drei verschiedenen Stoffgruppen unterschieden.
Stoffgruppe A | Darf bei Hunden mit nachgewiesenem MDR1-Defekt niemals angewendet werden | Ivermectin Präparate, Loperamide |
Stoffgruppe B | Sollte mit Vorsicht verwendet werden | Zahlreiche Arzneimittel wie Antibiotika, Antiemetika, Antiepileptika, Herzglykoside, Opoide, Zytostatika |
Stoffgruppe C | Kann angewendet werden | Antiparasitika (z.B. Advocate, Milbemax, Stronghold) |
Bitte beachten: Diese Liste ist nicht vollständig und wird stetig durch Forschungsgruppen ergänzt.
Wichtig: Verabreichen Sie Ihrem Hund keine Medikamente ohne die Absprache eines Tierarztes.
Wann muss der Hundehalter handeln?
Sollten Sie einen Hund mit diagnostiziertem oder auch nur vermuteten MDR1-Gendefekt haben und Symptome wie Vergiftungserscheinungen bei Ihrem Hund bemerken, zögern Sie auf keinen Fall und suchen Sie schnellstmöglich einen Tierarzt oder eine Tierklinik auf. Gerade die ersten Minuten und Stunden sind bei dem Verdacht auf eine Vergiftung entscheidend.
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Wie wird der MDR1-Gendefekt behandelt?
Eine gezielte Behandlung oder gar eine Genese ist nicht möglich, da es sich um eine Erbkrankheit handelt. Sollte Ihr Hund an einer Vergiftung aufgrund des MDR1-Defektes leiden, ist die Therapie abhängig von den auftretenden Symptomen.
In leichten Fällen kann der Tierarzt bereits weiterhelfen, bei schweren Fällen ist jedoch oftmals eine stationäre Therapie in einer Tierklinik notwendig.
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Quellen
- vetpharm.uzh.ch, „Wirk- und Inhaltsstoffe: Pharmakogenetik – MDR1-Defekt“ (aufgerufen am 31.10.2023)
- tierklinik-trillig.de, „MDR-1“ (aufgerufen am 31.10.2023)
- mdr1-defekt.transmit.de, „MDR1-Defekt beim Hund“ (aufgerufen am 31.10.2023)