24. Juli 2024, 14:34 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Haben wir Stress, überträgt sich dieser auch auf unsere Hunde. Das führt dazu, dass sie „pessimistischere“ Entscheidungen treffen, wie neue Forschungsergebnisse zeigen. Dabei konnten englische Wissenschaftler erstmals zeigen, dass sich sogar die Stressgerüche fremder Menschen auf das Lernen und den emotionalen Zustand von Hunden auswirken.
Dass Hunde riechen können, wenn wir Menschen Stress haben, und sich dies auch auf die Gefühle der Tiere überträgt, ist schon länger bekannt. Wie genau diese Wahrnehmung unsere Vierbeiner in ihren Entscheidungen beeinflusst, ist hingegen wenig untersucht. Wissenschaftler der University of Bristol in England gingen nun erstmals der Frage nach, wie sich Stressgerüche fremder Menschen auf das Lernen und den emotionalen Zustand von Hunden auswirken. Die Ergebnisse wurden im Wissenschaftsmagazin „Scientific Reports“ veröffentlicht.
Wie testet man Gefühle bei Hunden?
Um zu untersuchen, welchen Einfluss der Stress von fremden Personen auf die Gefühle und die Entscheidungen von Hunden hat, nutzte das Team einen „Optimismus“- bzw. „Pessimismus“-Test. Der Gedanke dahinter ist, dass Tiere, die optimistische Entscheidungen treffen, einen positiven Gefühlszustand haben. Pessimistische Entscheidungen zeigen dagegen negative Emotionen an.
An der Studie nahmen insgesamt 18 Hunde teil. Ihnen wurde beigebracht, dass ein Futternapf an einem Ort ein Leckerli enthielt, an einem anderen Ort jedoch leer war. Sobald ein Hund den Unterschied zwischen diesen Napfstandorten gelernt hatte, näherte er sich schneller dem Ort mit dem Leckerli als dem leeren Napf. Aber was würde passieren, wenn man einen dritten, dem Hund bisher unbekannten Napfstandort ins Spiel bringt? Würde der Hund eher optimistisch sein und ein Leckerli darin erwarten? Oder doch pessimistisch und sich dem neuen Standort eher langsam nähern? Und wie könnten Gerüche diese Entscheidung beeinflussen?
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Stressgeruch durch Mathe-Test
Wenn ein Mensch gestresst ist, bemerken seine Mitmenschen dies vor allem an seinem Verhalten. Hunde nehmen den Stress von uns auch durch den Geruch wahr. Um für die Studie einen authentischen Stressgeruch zu erzeugen, mussten die zweibeinigen Probanden einen Mathe-Test durchstehen. Das bringt wohl fast jeden Menschen ins Schwitzen.
Wichtig war, dass es sich bei den menschlichen Teilnehmern nicht etwa um die Halter der Hunde im Test handelte, sondern um fremde Personen. Als Gegenstück dazu wurde der Geruch von Fremden eingesetzt, die sich in einem entspannten Gemütszustand befanden. Die Hunde wurden dann entweder dem einen oder dem anderen Geruch während des Tests mit den Näpfen ausgesetzt.
Stress fremder Menschen beeinflusst Gefühle von Hunden
Tatsächlich führte der Stressgeruch dazu, dass sich die Hunde den Näpfen an neuen Standorten langsamer näherten, verglichen mit den Hunden, die dem menschlichen Entspannungsgeruch ausgesetzt waren. Das deute darauf hin, dass der Stressgeruch die Erwartungen der Hunde erhöht haben könnte, dass dieser neue Standort kein Futter enthält, wie die Forscher vermuten. Dieses Verhalten könne eine Möglichkeit für den Hund sein, Energie zu sparen und Enttäuschungen zu vermeiden.
Damit konnten die Forscher erstmals zeigen, dass der Stress fremder Menschen Hunde in ihren Gefühlen und Entscheidungen beeinflusst. Dabei reicht der Geruch allein aus, da die Hunde die Personen weder sehen noch hören konnten, um zu bemerken, dass diese Stress haben.
Stress wird nicht nur über die Leine, sondern auch über Luft übertragen
„Hundebesitzer wissen, wie sehr ihre Haustiere auf ihre Emotionen reagieren, aber hier zeigen wir, dass sogar der Geruch eines gestressten, unbekannten Menschen den emotionalen Zustand eines Hundes, seine Wahrnehmung von Belohnungen und seine Lernfähigkeit beeinflusst“, fasst Dr. Nicola Rooney, Dozentin für Wildtiere und Naturschutz an der Bristol Veterinary School und Hauptautorin der Studie, die Ergebnisse in einer Pressemitteilung der Universität zusammen. „Hundeführer berichten oft, dass Stress über die Leine übertragen wird, aber wir haben auch gezeigt, dass er auch durch die Luft übertragen werden kann.“
Zu verstehen, wie sich menschlicher Stress auf das Wohlbefinden von Hunden auswirkt, sei eine wichtige Überlegung bei der Haltung von Hunden sowie bei der Ausbildung von Begleithunden und Hunden für Arbeitsaufgaben, beispielsweise als Assistenzhunde, so Dr. Rooney weiter.
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Ergebnisse sollten vorsichtig interpretiert werden
Da es sich um die erste Untersuchung dieser Art handelt, sollte man in der Interpretation der Ergebnisse noch vorsichtig sein. Zum einen ist die Anzahl der getesteten Hunde sehr gering. Zum anderen waren die Ergebnisse nicht in allen Testdurchläufen statistisch eindeutig, wie die Autoren in der Diskussion der Ergebnisse anmerken.
Dementsprechend vorsichtig formulieren die Forscher auch ihre Schlussfolgerungen: „Dies ist die erste Studie, die zeigt, dass olfaktorische Signale von menschlichem Stress ohne visuelle oder auditive Signale die Wahrnehmung und das Lernen von Hunden beeinträchtigen können, was, wenn es wahr ist, wichtige Folgen für das Wohlbefinden und die Arbeitsleistung von Hunden haben könnte.“