28. Juli 2023, 11:16 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Zwischen Pippi-Tagebuch, Beziehungskrise und Welpen-Nachtschicht-Plänen – PETBOOK-Autorin Manuela Lieflaender schreibt über das wahre Leben mit dem Australien Shepherd-Junghund Elvis und ihrem Lebensgefährten Volker. Für das hundeerfahrene Paar ist es der erste gemeinsame Vierbeiner – und wahrscheinlich der Letzte. Denn das schlaue Hundekind sorgt regelmäßig für Zündstoff zwischen den beiden. In der ersten Folge erzählt sie, wie alles begann und warum ihr neuer Welpe Elvis das Leben der beiden komplett auf den Kopf stellt.
„Sie hat mir den Welpen zurückgebracht, weil sie jahrelang einen alten Hund hatte und nicht mehr wusste, wie anstrengend ein Welpe ist“, erzählt uns die Züchterin von ihren Erlebnissen mit Welpenkäufern. „Echt jetzt? Aber man weiß doch, dass ein Welpe anstrengend ist“, entgegne ich. Gemeinsam sitzen wir in ihrer Küche und erledigen die letzten Formalitäten, bevor wir mit unserem Australian Shepherd Welpen Elvis in ein neues Leben starten.
Sechs Wochen später denke ich an dieses Gespräch zurück. Gerade ist die Situation zu Hause eskaliert. „Das war der größte Fehler, sich wieder einen Hund anzuschaffen“, sagt mein Lebensgefährte Volker genervt. „Ich war zu leichtsinnig und zu naiv. Ich hätte ‚nein‘ sagen sollen, als du wieder einen Hund haben wolltest.“
Am Ende kommt es komplett anders als man denkt …
Das hat gesessen. Seine Worte schockieren mich und machen mich traurig. Nach dem Verlust meiner Australian Shepherd Hündin Hailey, die ich vor sechs Jahren mit in die Beziehung gebracht hatte, entschieden wir uns gemeinsam, wieder einen Hund in unser Leben zu holen. Viele Gespräche über die Vor- und Nachteile gab es. Volker, ebenfalls hundeerfahren, sollte derjenige sein, der die meiste Zeit mit dem Hund verbringt. Er arbeitet im Homeoffice und kann den Vierbeiner auch zu Außenterminen mitnehmen. Alles war geregelt. Alles war klar.
Als wir Elvis von seiner Züchterin abgeholt haben, wussten wir noch nicht, dass Volker kurze Zeit später eine neue Arbeitsstelle haben wird. Jetzt steht er mächtig unter Druck. Er arbeitet zwar weiterhin im Homeoffice. Aber mit der Konzentration ist es schwierig, wenn ein Welpe da ist, der weder sich noch seine Blase kontrollieren kann und man nachts wenig Schlaf bekommt.
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Momentan haben wir tatsächlich kein eigenes Leben mehr
Innerlich weiß ich, dass es grade alles schwierig ist. Momentan haben wir tatsächlich kein eigenes Leben mehr. Die ewigen „Nachtschichten“ auf dem Sofa sind anstrengend. Inzwischen streiten wir uns manchmal schon darum, wer im Bett schlafen darf. Und nicht nur die Nachtschichten: Seit Elvis eine Blasenentzündung hatte, muss der Welpe tagsüber manchmal alle zehn Minuten raus. Sämtliche Untersuchungen beim Tierarzt blieben nach Abklingen der Entzündung ohne Befund.
Schwäche darf man sich gerade nicht erlauben. Abwesenheit auch nicht. Erst kürzlich klemmte sich das Hundebaby den Kopf zwischen den Gitterstäben der Wendeltreppe ein. Der kleine Mann geriet in Panik, schrie in Todesangst. Volker, der die Schreie hörte und die Treppe runterrannte, stockte der Atem bei dem Anblick. Er hatte Mühe und Not, das plüschige Hundekind aus seiner misslichen Lage zu befreien. Wer konnte ahnen, dass ein Treppengitter nicht ausreicht?
Seit dem Vorfall sind die Gitterstäbe zigfach mit Klebeband umwickelt. Die Steckdosen übrigens auch, nachdem Elvis wissen wollte, wie die schmecken. Immerhin konnten wir die Fliegengittertür wieder ankleben, die draußen im Garten lag, nachdem dieser durchgeknallte Aussie sich im Galopp dagegen geworfen und sie (und sich selbst) auf dem Rasen befördert hat. Ein Wunder, dass ihm nichts passiert ist.
Den Welpen abzugeben, ist keine Option!
Wenn das Plüschmonster grade nichts Besseres zu tun hat, knabbert es wahlweise den Wohnzimmertisch, die Tapete, den Esszimmertisch oder was-auch-immer an. Herrchen bleibt also keine andere Wahl, als sein Büro an den Esszimmertisch zu verlegen. Steht eine Teams-Sitzung mit dem neuen Chef an, ist es wie Russisch Roulette. Denn wenn Welpe Elvis währenddessen Pippi muss und anschließend aufdreht, mit seinem Spielzeug wild durchs Haus läuft und ohrenbetäubend bellt, dann wirds kritisch.
Aber, hey, der Kleine muss erst mal lernen dürfen, damit zurechtzukommen, dass Herrchen und Frauchen nach zwei Wochen „Hunde-Elternzeit“ wieder arbeiten müssen. Das braucht Zeit, aber das wird, versuche ich zu beruhigen. Er ist schließlich noch ein Baby. „Das nutzt mir gerade gar nichts“, entgegnet mein Lebensgefährte, der auf dem Sofa liegt und die Arme vor der Brust verschränkt hat.
Ich blicke zu Boden. Für mich steht fest, den Welpen abzugeben, ist keine Option! Mal ganz davon abgesehen, dass das auch das sichere Aus unserer Beziehung wäre. Doch je länger ich nachdenke, desto mehr wird mir bewusst: Mir sind die Hände gebunden.
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Ein Kaliber wie Elvis ist meiner 81-jährigen Mutter nicht zuzumuten
Die Realität sieht so aus, dass ich mir erst mal einen neuen Job suchen müsste, um Elvis integrieren zu können. In meinem jetzigen sitze ich zwar in einem Einzelbüro, trotzdem sind Hunde tabu.
Eine stundenweise Betreuung könnte eine kurzfristige Lösung sein, um den Mann zwischendurch mal zu entlasten. Meine alte Hündin und unser fast 19-jähriger Kleinspitz Rüde sind von meiner Mutter betüddelt und ausgeführt worden, als ich noch Single war und von der Selbstständigkeit in die Festanstellung gewechselt bin. Den Kleinspitz nimmt sie heute noch. Aber ein Kaliber wie Elvis ist einer 81-Jährigen nicht zuzumuten.
Ich frage unsere Hundetrainerin per WhatsApp, ob sie jemanden kennt, der jemanden kennt. Sie antwortet schnell. Kennt aber keinen. Für den Moment kann ich nur hoffen, dass Volker ein wenig Geduld aufbringt und Elvis die Chance gibt, buchstäblich in die Homeoffice-Situation hineinzuwachsen.
Ich schreibe einen Trainingsplan, der beiden dabei helfen soll, eine gemeinsame Routine zu entwickeln:
- 3 x am Tag eine kleine Runde Gassigehen und die Strecken variieren.
- Deckentraining haben wir zuvor bereits regelmäßig geübt. Das kommt Volker nun zugute. Neben dem Esszimmertisch platziert er eine Decke und bestätigt Elvis mit einem gelegentlichen Leckerli für ruhiges Verhalten.
- Zwischendurch gibt’s zum Knabbern mal ein Hasenohr oder mit Leckerlis befülltes Spielzeug.
- Kurze Spieleinheiten in den Wachphasen bringen Abwechslung.
- Doch Frust auszuhalten, steht genauso auf dem Plan. Elvis muss als Welpe lernen, dass er nicht permanent bespaßt wird, sondern sich auch mal selbst beschäftigen muss. So kann er lernen, sich in unserem Alltag zurechtzufinden
Zwar bin ich mir sicher, dass Elvis mit diesem Plan schnell lernen wird, im Homeoffice zurechtzukommen. Einige Hürden haben wir trotzdem vor uns, die wir überwinden müssen. Denn im Moment stehen wir als Paar und als Arbeitnehmer vor einer Zerreißprobe. Wird es uns gelingen, das zu ändern? Ab jetzt wird es vor allem meine Aufgabe sein, unsere Probleme zu lösen …