Direkt zum Inhalt wechseln
logo Das Magazin für alle Tierbesitzer und -liebhaber
Hundeküsse

Ist es gefährlich, wenn der Hund mein Gesicht ableckt? Das sagt eine Expertin

Junge Frau, deren Welpe ihr das Gesicht ableckt
Viele Halter sehen es als Liebesbeweis, wenn ihr Hund ihnen das Gesicht ableckt. Leider kann das auch gefährlich sein, denn im Hundespeichel lauern viele Krankheitserreger. Foto: Getty Images
Porträt Saskia Schneider auf dem PETBOOK Relaunch
Redaktionsleiterin

14. Februar 2024, 13:50 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten

Viele Halter genießen die Liebkosungen ihrer Hunde. Tatsächlich befinden sich im Speichel der Tiere aber viele Bakterien. Welche das sind und wann es gefährlich wird, wenn der Hund einem über das Gesicht leckt, erklärt Tierärztin Dr. Vanessa Herder.

Artikel teilen

Hunde zeigen einander ihre Zuneigung durch Ablecken. Das machen sie auch bei ihren Lieblingsmenschen und mancher Hund leckt einfach gerne jeden Menschen ab, der nicht schnell genug Hände und Gesicht in Sicherheit bringt. Viele halten es für sogar niedlich, wenn ihr Hund ihnen ein „Küsschen“ gibt. Aber ist das eigentlich so gesund? Immerhin putzen sich Hunde mit ihrer Zunge auch den Intimbereich und nehmen dabei Urin und Fäkalien auf. PETBOOK fragte bei Tierärztin Dr. Vanessa Herder nach. Die Veterinärin ist auf Zoonosen spezialisiert – also Krankheiten, die von Tieren auf Menschen übertragen werden.

Diese Erreger sind im Hundespeichel

In der Maulflora eines Hundes finden sich laut einer Harvard-Studie über 600 verschiedene Bakterien. Ein typischer Vertreter ist das Stäbchenbakterium Capnocytophaga canimorsus. „Diese Keime sind in der Regel harmlos“, erklärt Dr. Vanessa Herder. „Sollte allerdings eine Person eine Hautwunde haben, in die diese Keime des Tier-Speichels eingetragen werden, kann es zu schweren Infektionen oder Blutvergiftungen kommen.“ Bei Patienten mit Grunderkrankungen, wie etwa Personen, die keine Milz haben, könne dies sogar zu einem lebensbedrohlichen Zustand führen. 

Dabei überträgt sich der Erreger nicht nur durch Bisse, oder wenn der Speichel des Hundes in offene Wunden gelangt. So gab es 2018 einen Fall, bei dem ein Mann in Bremen nach dem Schmusen mit seinem Hund an einer Infektion mit Capnocytophaga canimorsus erkrankte. Trotz Behandlung mit Antibiotika verstarb er rund zwei Wochen später an multiplem Organversagen, wie unter anderem die „Stuttgarter Zeitung“ berichtete.

Allerdings handelt es sich hier um sehr seltene Fälle und tatsächlich gibt es im Hundespeichel noch viele anderen Erreger, bei denen die Wahrscheinlichkeit höher ist, zu erkranken, wenn der Hund uns das Gesicht oder die Hände leckt.

Auch interessant: Warum lecken Hunde den Halter ab?

Nicht nur Bakterien sind das Problem

„Neben den harmlosen Keimen der Mundhöhle gibt es auch die Möglichkeit, dass Infektionserreger übertragen werden, die beim Menschen Krankheiten auslösen können“, sagt Herder. Dazu gehöre etwa der Durchfallerreger Cryptosporidium oder Würmer. Denn Hunde nutzen ihre Zunge, um sich im Anal- und Genitalbereich zu reinigen und nehmen so Bakterien oder auch Wurmeier auf.

Zu den häufigsten Parasiten, die über den Speichel von Hunden auf Menschen übertragen werden zählen unter anderem:

  • Giardien
  • Hakenwürmer
  • Rundwürmer
  • Bandwürmer

Vor allem bei direktem Kontakt mit Hundespeichel ist das Risiko, sich mit solchen Erregern zu infizieren, hoch. Also etwa, wenn der Hund einem direkt über den Mund leckt. Das bedeutet jedoch nicht, dass man gleich davon krank wird, denn glücklicherweise hält unser Immunsystem die meisten Erreger sofort in Schach.

Auch Tollwut könne über den Speichel übertragen werden, ergänzt Herder. Deswegen sei besondere Vorsicht geboten bei Tieren, deren Impfschutz nicht geklärt ist. Insbesondere deshalb, weil die meisten Haustierhalter keine Tollwutimpfung haben.

Sollte ich es zulassen, dass der Hund mir über Gesicht und Hände leckt?

Viele Menschen halten es für niedlich, wenn der Hund ihnen einen „Kuss“ gibt. Manche fühlen sich sogar regelrecht geehrt. Dr. Vanessa Herder findet: „Wie eng die Beziehung zwischen Tier und Mensch ist, entscheidet jeder Halter und jede Halterin selbst. Einige erlauben ihren Hunden oder Katzen, sie zu küssen. Das ist eine Frage des Geschmacks.“

Für einen gesunden Erwachsenen mit einem intakten Immunsystem sei das Risiko von Infektionen, die vom Hunde- oder Katzen-Kuss ausgehen, relativ gering, sagt Herder. Vorausgesetzt, das Haustier werde gut gepflegt – also regelmäßig gesäubert, geimpft und entwurmt.

Für wen sind Hundeküsse gefährlich?

Anders sieht es bei Menschen aus, deren Immunsystem nicht stark sei, gibt Herder zu Bedenken. Dazu gehörten Personen mit schweren Grunderkrankungen wie Diabetes, Krebs, AIDS, oder solche, die immunsuppressive Medikamente (z. B. Kortison) einnehmen müssen. Auch Schwangere und Kleinkinder können einer Risikogruppe angehören.

Auf Social Media finden sich immer wieder Videos, in denen Hunde das Gesicht oder die Hände von Kleinkindern ablecken. Darunter stehen dann Kommentare wie: „Wie niedlich, er gibt dem Kind einen Kuss.“

Tatsächlich kann das jedoch schwerwiegende Folgen haben. Denn Kleinkinder nehmen noch sehr häufig die Hände in den Mund und haben kein Hygienebewusstsein. Wenn der Hund diese zuvor abgeschleckt hat, nehmen sie auch viele Erreger auf, die schnell zu starken Durchfällen und Magen-Darm-Infekten frühen können.

Auch für Allergiker ein Problem

Eine weitere Gruppe, für die es gefährlich werden kann, wenn der Hund ihnen über Hände oder Gesicht leckt, sind Allergiker. So finden sich in Hundespeichel laut einer schwedischen Studie mindestens zwölf verschiedene allergieauslösende Proteine.

Ein häufiges Symptom ist ein juckender Ausschlag an den betroffenen Stellen. Aber auch Schleimhäute oder die Lippen können durch Allergene anschwellen. Besonders unangenehm wird es, wenn sich Betroffene unbewusst in die Augen fassen, nachdem der Hund deren Hand abgeleckt hat.

Für Allergiker gilt also, den Kontakt zum Hund möglichst gering zu halten oder sich umgehend danach die Hände zu waschen. Auf Hundeküsse sollte man besser ganz verzichten.

Ist Hundespeichel heilend?

Immer mal wieder liest man, Hundespeichel würde die Wundheilung unterstützen. Tatsächlich lecken sich viele Säugetiere, darunter auch Hunde, ihre Wunden, um diese zu säubern. Dabei entfernt die Zunge Dreck aus der Wunde und vermindert so das Risiko für eine Infektion.

Zudem enthält der Hundespeichel bestimmte Eiweiße, sogenannte Histatine, die das Wachstum von Bakterien hemmen und so Infektionen vorbeugen können. Inwieweit dies aber auch der Fall ist, wenn der Hund Wunden oder die Haut von Menschen ableckt, ist nicht erforscht. Zudem wäre das Risiko einer schweren Infektion durch Fäkalbakterien im Speichel der Tiere vermutlich deutlich höher als dessen „heilender“ Effekt.

Mehr zum Thema

Quellen

Themen Hundeverhalten
Deine Datensicherheit bei der Nutzung der Teilen-Funktion
Um diesen Artikel oder andere Inhalte über Soziale- Netzwerke zu teilen, brauchen wir deine Zustimmung für diesen .
Sie haben erfolgreich Ihre Einwilligung in die Nutzung dieser Webseite mit Tracking und Cookies widerrufen. Sie können sich jetzt erneut zwischen dem Pur-Abo und der Nutzung mit personalisierter Werbung, Cookies und Tracking entscheiden.