
11. Januar 2025, 15:50 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Hunde lieben es, uns mit ihrer feuchten Nase nahe zu kommen – oft begleitet von einem schlabberigen Kuss. Doch wenn sie gezielt an unserem Atem schnüffeln, steckt mehr dahinter als bloß der Geruch des letzten Frühstücks. Biologin und PETBOOK-Redakteurin Saskia Schneider verrät die spannenden Details.
Kommen Hunde unserem Gesicht nahe, haben sie meist feuchte Absichten wie einen schlabberigen Kuss auf die Nase. Manchmal schnüffeln die Vierbeiner aber auch gezielt an unserem Atem. Die meisten Hundebesitzer vermuten dann, der Hund könnte vielleicht noch den Schinkentoast riechen, den es zum Frühstück gab. Das kann durchaus so sein. Aber es gibt noch andere Gründe, warum Hunde an unserem Atem riechen. Denn die Vierbeiner sind in der Lage, so unseren Gemütsstand festzustellen und können dabei sogar Krankheiten erkennen.
Darum riechen Hunde an unserem Atem
Wenn wir jemanden einschätzen, tun wir dies meist nach optischen Kriterien. Unsere Hunde dagegen sind „Nasentiere“. Im Vergleich zum Menschen besitzen sie 60-mal mehr Riechrezeptoren. Daher kommunizieren Hunde viel über Gerüche – etwa, indem sie bestimmte Duftstoffe ausscheiden, die Artgenossen signalisieren: „Ich bin paarungsbereit“ oder auch „Ich bin krank“.
Auch im Zusammenleben mit uns Menschen verlassen sich Hunde ganz auf ihre Nase. So erkennen sie uns nicht nur am Geruch – sie können auch geringste Veränderungen darin feststellen.
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Hunde riechen, ob wir gestresst sind
Hunde können mit ihrer feinen Nase nicht nur Drogen, sondern auch Krankheiten wie Krebs, Diabetes und selbst COVID-19 feststellen. In einer Studie aus dem vergangenen Jahr konnten Forscher erstmals nachweisen, dass die Vierbeiner auch erkennen können, wenn eine Person gestresst ist – und zwar anhand ihres Atems (PETBOOK berichtete).
Dafür präsentierten Wissenschaftler der Queen’s University in Belfast vier Hunden Proben von Körperflüssigkeiten von Personen, die entweder gestresst oder entspannt waren. Mit einer Genauigkeit von über 93 Prozent konnten die Vierbeiner die Gerüche unterscheiden. Das traf sowohl für die Schweißproben als auch für die Proben ausgeatmeter Luft zu.1
Das lässt vermuten, dass sich die chemischen Komponenten unseres Schweißes und Atems verändern, wenn wir gestresst sind. Unsere Hunde können diesen Unterschied deutlich wahrnehmen. 2
Hunde können am Atem posttraumatisches Stresssyndrom erschnuppern
Eine recht neue Untersuchung aus 2024 zeigt, dass Hunde anhand des Atems von Menschen sogar riechen können, ob dieser ein traumatisches Stresserlebnis hatte. Allerdings muss man diese Ergebnisse unter Vorbehalt betrachten, denn im Experiment kamen gerade mal zwei Hunde zum Einsatz, die speziell dafür ausgebildete waren, bestimmte Gerüche zu detektieren.
Die Forscher vermuten, dass Hunde im Atem von Menschen bestimmte organische Komponenten detektieren können, die diese ausscheiden, wenn sie unter extremer Anspannung stehen, etwa, weil sie ein Trauma erlebt haben, das in diesem Moment in Erinnerung gerufen wird. Sollte sich diese Fähigkeit durch weitere Studien bestätigen, könnte dies gezielt bei der Ausbildung von Assistenz- oder Therapiehunden trainiert werden.
Hunde können sogar Diabetes im Atem riechen
Bei Krankheiten wie Krebs oder Diabetes werden Hunde meist auf die Geruchskomponenten trainiert. Das gelingt vor allem durch das Sammeln von Schweißproben. Eine Studie aus dem Jahr 2016 an der University of Cambridge in Großbritannien bewies, dass Hunde die Krankheit auch im Atem erkennen können – zumindest Typ 1 Diabetes. 3
Dabei nehmen sie eine chemische Verbindung namens Isopren im Atem der Patienten wahr, wenn diese drohen, zu unterzuckern. Der Anteil von Isopren ist dann nämlich doppelt so hoch, was für unsere Vierbeiner leicht zu erkennen ist.

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Wahrscheinlich riechen Hunde noch weitere Informationen in unserem Atem
Hunde können nicht nur Stress oder Krankheiten bei Menschen anzeigen, sie merken auch, wenn es uns psychisch schlecht geht. So werden die Vierbeiner seit Jahrzehnten als sogenannte „Emotional Support Dogs“ (zu Deutsch: Hunde zur emotionalen Unterstützung) eingesetzt. Sie können das Befinden ihrer Besitzer nachweislich verbessern, indem sie sie trösten oder beruhigen.
Bisher nahm man an, dass die Hunde die Stimmungsschwankungen der Menschen dabei vor allem durch deren Verhalten oder Körpersprache wahrnehmen. Es ist aber durchaus denkbar, dass auch Körpergerüche dabei eine Rolle spielen. Hierzu gibt es allerdings kaum wissenschaftlich belastbare Daten oder Untersuchungen.
Auch müsste in Studien die Frage geklärt werden, inwiefern Hunde die Gerüche bzw. deren veränderte Zusammensetzung richtig deuten. Weiß mein Vierbeiner, dass ich krank bin, weil ich einen bestimmten Geruch ausstrahle? Riechen Hunde vielleicht sogar bewusst an unserem Atem, um unseren Gesundheitszustand zu überprüfen? Diese Frage bleibt bisher unbeantwortet. Doch stellen Sie sich vor, Sie könnten Ihren Hund in Zukunft fragen, ob Sie demnächst lieber zu Hause bleiben und schon mal einen Arzttermin buchen sollten.
Zur Autorin: Dr. Saskia Schneider ist promovierte Biologin. In ihrem Studium an der Freien Universität Berlin widmete sie sich vor allem der Zoologie und dem Verhalten von Tieren.