11. Oktober 2024, 13:26 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Schwarze Tiere haben es schwerer als ihre Artgenossen mit helleren Fellfarben. Sie werden weniger häufig adoptiert und bleiben deshalb länger im Tierheim. Doch was sind die Gründe dafür, dass Hund, Katze und Co. mit dunklem Fell bei Menschen weniger beliebt sind? Nicht immer hat es mit Aberglauben zu tun …
Die Farbe Schwarz steht in unserer Kultur vor allem für Tod und Trauer. Auch bei Tieren wird eine schwarze Fellfarbe oft mit negativen Eigenschaften assoziiert. So sollen schwarze Katzen mit bösen Hexen im Bunde seien und auch der böse Wolf aus den Märchen ist in der Regel schwarz und struppig. Doch nicht nur in der Literatur werden Tiere mit schwarzem Fell oft als böse dargestellt, auch in der Realität waren sie nicht immer gern gesehen. Bis heute haben es vor allem Katzen und Hunde mit dunklem Haarkleid schwer. Meist bleiben sie deutlich länger in Tierheimen zurück als ihre helleren Artgenossen. PETBOOK hat nachgefragt, woran das liegt.
Übersicht
Bleiben schwarze Tiere wirklich länger in Tierheimen?
Ja, teilt Hester Pommerening vom Deutschen Tierschutzbund mit: „Obwohl die Fellfarbe absolut nichts über den Charakter des Tieres aussagt, hat diese tatsächlich Auswirkungen auf die Vermittlungschancen in Tierheimen.“ Das habe eine Umfrage des Tierschutzbunds unter 313 seiner ihm angeschlossenen Heime ergeben. Dabei bestätigten 55 Prozent der Befragten, dass schwarze Hunde schwerer vermittelt würden, als solche mit hellem Fell. Bei Katzen seien es 48 Prozent. Vor allem große Hunde mit schwarzem Fell hätten es besonders schwer, ein neues Zuhause zu finden, hieß es weiter.
Auch Zahlen aus den USA belegen dieses Phänomen, für das es dort sogar einen eigenen Begriff gibt: das Black Dog Syndrome. So wertete die amerikanische Datenanalystin Julia Stanina 2020 die Ein- und Ausgänge von Tierheimen in Austin, Texas aus. Dabei kam sie zu dem Schluss, dass Menschen eher dazu tendierten, Katzen und Hunde mit hellerem Fell zu adoptieren. 1
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Warum sind Tiere mit schwarzem Fell schwerer vermittelbar?
Die Gründe dafür sind laut Hester Pommerening vom Tierschutzbund vielfältig. Der Aberglaube spiele dabei auch heute noch eine Rolle. Das gelte vor allem für schwarze Katzen. Schon in Märchen werden sie mit Hexen und dem Teufel in Verbindung gebracht. Seit dem christlichen Mittelalter galten Katzen als Symbol des Heidentums, schwarze Katzen als teuflisch.
Ein weiterer, besonders trauriger Grund dafür, dass schwarze Tiere heutzutage schlechter vermittelbar sind, soll im Onlineverhalten einiger Menschen liegen: Dunkles Fell, so teilt der Tierschutzbund mit, sei weniger fotogen, das hätten Umfragen ergeben – Selfies mit schwarzen Tieren kämen laut internationalen Medienberichten auf Instagram und Co. einfach nicht so gut an.2 Dies ist wahrscheinlich auch der Grund, warum schwarze Tiere selten in Werbung zu sehen sind. Auch diese Industrie hat einen nicht zu unterschätzendes Einfluss auf das Konsumverhalten der Menschen, unter das auch die Anschaffung von Tieren fällt.
Gelten die Tiere als Glücks- oder Unglücksbringer?
Noch heute ist hierzulande die – vermutlich – aus dem Mittelalter stammende Sage bekannt, dass eine schwarze Katze Unglück bringe, wenn sie einem Menschen von links nach rechts über den Weg laufe. Der Grund: Im Christentum gilt die linke Seite als böse und unchristlich. Beim Jüngsten Gericht etwa stellen sich laut Bibel die guten Menschen an der rechten, die schlechten an der linken Seite auf.
Zudem war Schwarz die Farbe des Teufels. Daher glaubten die Menschen im Mittelalter, eine schwarze Katze von links bringe Pech. Im alten Ägypten dagegen wurden Katzen als Gottheiten verehrt. In Japan gelten Figuren schwarzer Katzen mit erhobener Pfote als Glücksbringer, weil sie vor Unheil und Krankheiten schützen sollen.3
Besonders in der Region Mittelengland, unter anderem rund um Birmingham, stehen schwarze Katzen als Symbole für Glück und ewige Liebe. Einem Brautpaar, dem eine schwarze Katze vorausläuft, wird daher eine glückliche Ehe vorausgesagt. Und auch englische Seefahrer waren schon immer davon überzeugt, dass eine schwarze Katze an Bord eine sichere Reise garantiert. Wie schwarze Katzen gesehen werde, hängt also vor allem davon ab, in welcher Region der Welt sie leben. Der französische Schriftsteller Max O’Rell fasste es daher so zusammen: „Ob eine schwarze Katze Glück oder Unglück bringt, hängt davon ab, ob man eine Maus oder ein Mensch ist.“
Warum gelten Tiere mit schwarzem Fell als aggressiver?
Selbst Menschen, die sich nicht als abergläubisch bezeichnen würden, halten sich mitunter vor allem von Hunden mit schwarzem Fell fern. „Sie vermuten irrtümlich, dass dunkle Hunde gefährlicher oder aggressiver seien“, heißt es seitens des Tierschutzbundes. Doch abgesehen davon, dass Fellfarbe und Verhalten eines Tieres grundsätzlich nicht in Zusammenhang stehen, geht auch diese Vermutung auf Aberglauben zurück – in Filmen und Büchern werden aggressive oder gefährliche Tiere meist mit dunklem Haarkleid dargestellt.
„Hinzu kommt, dass Laien die Mimik von schwarzen Tieren aus der Entfernung eventuell schlechter erkennen oder deuten können, da in dem schwarzen Fellknäuel oft nur die Augen zu sehen sind“, sagt Hester Pommerening vom Deutschen Tierschutzbund. Das verunsichere vor allem Menschen, die sich mit der Körpersprache von Tieren nicht auskennen – daher blieben sie dem in ihren Augen vielleicht unfreundlich dreinblickenden Hund lieber fern, obgleich dieser sie nicht anders anschaut wie ein helles Tier.
Hoffnung durch Aufklärung
Aber es gibt auch Hoffnung für schwarze Tiere. Denn die Datenanalyse aus den USA zeigte auch, dass Hunde oder Katzen mit schwarzer Fellfarbe in den letzten Jahren eine Vermittlungschance von über 40 Prozent hatten. Zu verdanken ist dies wahrscheinlich den „Black Cat and Black Dog Appreciation Days“, die im Jahr 2013 in den USA ins Leben gerufen wurden. An diesen Tagen sollen schwarzen Katzen und schwarze Hunden in den Tierheimen besonders viel Anerkennung zukommen. Zudem preisen viele Mitarbeiter bewusst schwarze Tiere an, um ihre Vermittlungschancen zu verbessern.
Auch in Deutschland steigt das Bewusstsein, sich für schwarze Tiere starkzumachen. So gibt es Tiervermittlungen wie „Schwarze-Hunde“, die sich auf Vierbeiner mit dunklem Fell spezialisiert haben. In Berlin gab es 2020 und 2021 sogar eine Aktion, bei der Schornsteinfeger, die als Boten des Glücks gelten, mit schwarzen Hunden und Katzen für einen Kalender posierten. 4
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Fazit
Die Fellfarbe eines Tieres hat absolut nichts mit dessen Charakter zu tun. Dass schwarze Hunde, Katzen oder Kaninchen dennoch länger als ihre helleren Artgenossen in Tierheimen bleiben, ist vor allem deshalb traurig, weil Aberglaube und falsche Vorstellungen der Menschen Gründe dafür sind.
Meine Erfahrung im Berliner Tierheim
„Als ich im Tierheim Berlin auf der Suche nach einer Katze war, habe ich dort auch einige schwarze Katzen gesehen. Im Gespräch mit einer Tierheimmitarbeiterin wurde mir erzählt, dass mittlerweile mehr Menschen auch schwarze Tiere adoptieren: Aus dem Grund, dass viele wissen, dass die Tiere sonst nur erschwert ein Zuhause finden. Einige der schwarzen Katzen vor Ort waren sogar schon reserviert. Über diese Entwicklung freue ich mich sehr.“