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Muskulös und stark

Wie gefährlich ist der Hybridhund American Bully wirklich?

American Bully
Diese American Bully Hündin hat sehr ausgeprägte Muskeln, einen breiten Körperbau und kupierte Ohren – das Abschneiden der Ohren ist in Deutschland verboten Foto: Georgiy Datsenko
Ninja Sinke Autorin

1. März 2023, 6:04 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten

Er beeindruckt mit seinem massigen, kräftigen Körperbau und dem kantigen, breiten Kopf. Der American Bully ist ein Hybridhund, dessen Bekanntheit zunimmt – leider verschlechtert sich das Image des Hundes zunehmend. PETBOOK ist der Frage nachgegangen, wie gefährlich der American Bully wirklich ist.

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Der American Bully sieht der Amerikanischen Bulldogge zum Verwechseln ähnlich, sein Körperbau ist jedoch um einiges massiger und breiter. Das besondere Aussehen des Hybridhundes scheint bei vielen Hundehaltern beliebt zu sein. Dass mit dem Tier selbst nicht jeder Halter umzugehen weiß, spiegelt die Berichterstattung über teils tödliche Angriffe der Hunde auf Menschen wider – in Berlin wurden die Tiere nun sogar als gefährlich eingestuft. Doch ist der American Bully wirklich gefährlich? Ein genauer Blick auf den Rassestandard und die Zucht der Tiere lohnt sich. PETBOOK sprach zudem mit zwei Hundetrainern über die kräftigen Hunde aus den USA.

Entstehungsgeschichte des American Bully

Den American Bully gibt es noch nicht allzu lange. Der Hybridhund mit dem massigen Körperbau entwickelte sich in seinem Herkunftsland, den USA, in den 1980er-Jahren aus der Zucht des American Pitbull Terriers. Das Aussehen der American Bullys wird durch einen vielfältigen Genpool beeinflusst: eingekreuzt wurden unter anderem die Amerikanische Bulldogge, die Englische Bulldogge und die Olde Englische Bulldogge. Im Standard des „United Kennel Clubs“, international aktiver Dachverband für Hundezucht und Hundesport in den USA, wurde der Hybridhund 2013 offiziell als Rasse anerkannt.

In Deutschland ist die Rasse dagegen nicht anerkannt und dazu wird es in naher Zukunft wohl auch nicht kommen. Auf Anfrage von PETBOOK erklärt Jennifer Berk vom Verband für das Deutsche Hundewesen (VDH): „Derzeit gibt es keine Bestrebungen, im VDH und der FCI, die Rasse anzuerkennen. Diese Hunde sind nach unseren Regularien keine Rassehunde und können daher nicht anerkannt werden.“ Der „German Bully Kennel Club“, eigenen Angaben nach offizielle Registrierungsstelle in Deutschland, wird diese Einschätzung vermutlich anders sehen. Online besteht außerdem auch hierzulande eine Auswahl an Züchtern, die American Bullys zum Kauf anbieten, wie eine kurze Recherche ergibt.

Muskulöser Hybridhund in verschiedenen Varianten

Der erste Blick auf den American Bully, auch als Standard American Bully bezeichnet, offenbart einen kompakten, mittelgroßen bis großen Hund mit muskulösem Körper und kantiger Kopfform. Die Schulterblätter und die Brust sind breit und lang, die Hinterbeine kräftig. Für Rüden liegt die vorgegebene Schulterhöhe bei 43 bis 50 Zentimetern, Hündinnen messen laut eigenem Rassestandards der Züchter 40 bis 48 Zentimeter. Dazu scheint auch die Zucht verschiedener Varianten der American Bullys sehr beliebt zu sein. Dem Rassestandard des „American Bully Kennel Clubs“ nach, gibt es verschiedene Hunde mit unterschiedlicher Schulterhöhe. Neben dem Standard American Bully wird die kleinere Variante als Pocket American Bully bezeichnet. Den Hybridhund gibt es dazu auch als XL American Bully im Großformat und als etwas weniger massigen Classic American Bully.

Zucht mit American Bullys nimmt extreme Ausmaße an

Die Popularität extremer Merkmale bei American Bullys scheint zuzunehmen. Liebhaber der Hybridhunde züchten auch den sogenannten Exotic Bully. Dieser ist kleiner als der Pocket American Bully, hat dabei allerdings noch mehr Muskelmasse. Auf der Website des Vereins „German Bully Kennel Club“ heißt es, Ziel dieser Zucht sei, ein „relativ kleiner, extrem muskulöser Bully mit skurrilem und individuellem Erscheinungsbild.“ Die Zucht dieser Variation hat jedoch wenig mit dem Rassestandard des „United Kennel Clubs“ gemein. Dort heißt es etwa, American Bullys sollten zwar muskulös, aber dennoch aktiv und agil sein. Athletik sei zudem wichtig und die Hunde sollten in der Lage sein, bei Leistungswettbewerben gut abzuschneiden. Dafür dürfe die Brust der Hunde nicht zu weit und ihre Beine nicht zu kurz sein. Außerdem würden American Bullys aufgrund von Inzucht bereits unter Taubheit, Hüftgelenksdysplasie, Ellenbogendysplasie, Herzkrankheiten und weiteren Gesundheitsproblemen leiden, erklärt die spanische Tierklinik „Hospital Veterinari Glories“ in einem Artikel.

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Ob die Gesundheit bei der Zucht extremer Merkmale noch eine Rolle spielt, ist zu bezweifeln. Denn extreme Hundezucht scheint vor allem eines zu sein, ein äußerst lukrativer Markt. Deutlich wird das in einem im Januar 2023 veröffentlichen Artikel der britischen Rundfunkanstalt „BBC“. Dieser beschreibt die Zucht der American Bullys mit stark übertriebenen Merkmalen in Großbritannien. Besonders begehrt sei der extrem muskulöse, breite Körperbau bei geringer Schulterhöhe, ähnlich dem des Exotic Bully. Die Preise, zu denen Hunde des international agierenden Zuchtbetriebs „Muscletone Bullys“ verkauft werden, verdeutlichen die Ausmaße des Geschäfts. Welpen kosten bereits mehrere zehntausende US-Dollar, ein männlicher, ausgewachsener American Bully steht für unglaubliche 60.000 US-Dollar zum Verkauf (Stand 27. Februar 2023). Auffällig bei den angebotenen Hunden sind außerdem ihre kupierten Ohren – ein Verbot dieser schmerzhaften Verstümmelung besteht sowohl in Großbritannien als auch hierzulande seit mehreren Jahrzehnten.

Ist der American Bully gefährlich?

Der American Bully kommt in der deutschen und internationalen Medienberichterstattung nicht gut weg. Berichte von Attacken auf Menschen verstärken das Unbehagen in der Bevölkerung. Da der Hybridhund hierzulande nicht als Rasse anerkannt ist, gibt es bislang keine Auflagen zur Haltung. Regularien, wie sie etwa für Listenhunde bestehen, könnten jedoch in Zukunft vermehrt auf Hundehalter zukommen. Bereits geschehen ist das im Land Berlin. Im Januar 2023 verkündete das Berliner Verwaltungsgericht in einer Pressemitteilung, der American Bully sei künftig als gefährlicher Hund einzustufen. Als Begründung führte das Gericht an, „dass wesentliche Merkmale des Hundes mit dem Rassestandard eines im Gesetz aufgeführten Hundes übereinstimmen“. Bei der Hunderasse handele es sich um den American Staffordshire Terrier – in Berlin ein als gefährlich gelisteter Hund. Diese Entscheidung knüpft an bestehende Unstimmigkeiten darüber an, ob Hunden aufgrund ihrer Rassezugehörigkeit Aggression zugeschrieben werden kann, oder nicht.

Wie Hundetrainer sich zum American Bully äußern

Der American Bully ist laut Rassestandard ein Hund, der aufgrund seiner Masse für seine Körpergröße sehr stark ist. Diese Eigenschaft kann jedoch bei jeglicher Hunderasse problematisch werden. Hundetrainer Sven Sandau äußert sich dazu auf Anfrage von PETBOOK. Er erklärt, Hunde, wie der American Bully, seien sich oft ihrer Kraft und ihrem drangvollen Vorwärtsgang nicht bewusst. „Diese Hunde unterscheiden sich nicht von der Haltung oder Erziehung eines Rottweilers.“ Halter sollten sich daher den Ansprüchen dieses Hundes bewusst sein – der American Bully sei kein Anfängerhund.

Hundetrainerin Ariane Ullrich erklärte PETBOOK, kräftig gebaute Hunde würden oft pauschal als gefährlich abgestempelt. Es sei wichtig, für sie eine geeignete Auslastung zu finden. Denn könnten kräftige Hunde, die gerne mal körperbetont spielen, sich nicht ordentlich austoben, entstünde als Folge mitunter Frustaggressionen. Klare Worte findet Sven Sandau außerdem auf die Frage, wen er als nicht geeignet für die Haltung dieser Hunde einschätzt. „Jeder, der diese Rasse nur aus Statusgründen hält, sollte dies nicht tun. Das ist allerdings auf jegliche Tierart übertragbar.“

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Rassestandard wirft Fragen auf

Aufgrund dokumentierter Zwischenfälle und in Kombination mit seinem potenziell gefährlichen Aussehen eilt dem American Bully ein schlechter Ruf voraus. Dennoch scheint die Popularität dieser Hybridhunde nicht abzunehmen. Dass der American Bully anderen Hunderassen, die in Deutschland und auch international zum Teil verboten sind, ähnlich sieht, bisher jedoch nicht als diese klassifiziert wurde, könnte ein Grund dafür sein. Vorurteilen gegenüber diesen Hunden widerspricht ihr als selbstbewusst, aber sanft und freundlich beschriebenes Wesen. Festgestellte Bösartigkeit sei laut Rassestandard des „United Kennel Clubs“ gar Ausschlusskriterium der Zucht. Denn der American Bully sei als Begleithund gezüchtet und darüber hinaus ein geeigneter Familienhund.

Ungereimtheiten im Hinblick auf den gewünschten Charakter sind im Rassestandard dennoch nicht zu übersehen. Aggressives Verhalten Menschen gegenüber sei für diese Rasse „untypisch und höchst unerwünscht“. Gleichzeitig sei ein gewisses Maß an Aggression für diese Rasse charakteristisch. Wie passen diese zwei unterschiedlichen, gar gegensätzlichen Beschreibungen zusammen? Und werden nicht gerade so womöglich Hundehalter angezogen, die mit diesen Tieren auch Macht demonstrieren wollen? Demnach gilt für den American Bully wie auch für jede andere Hunderasse – ob Listenhund oder nicht –, dass die Gefahr nicht per se von den Hunden selbst, sondern auch von den Haltern ausgehen kann, die die Bedürfnisse der Tiere nicht erfüllen und ihr Verhalten falsch einordnen.

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