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Heterochromie

Wie „Chimärenzeichnungen“ bei Katzen entstehen

Eine „Chimären“-Katze sitzt auf einem Landteil im Teich
Sogenannte „Chimären“-Katzen ziehen mit ihrer außergewöhnlichen Fellzeichnung viele Blicke auf sich Foto: Getty Images / Valeriia Kuznetsova
Louisa Stoeffler
Redakteurin

29. April 2024, 18:20 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

Sogenannte „Chimären“-Katzen sorgen regelmäßig in den Medien für Aufsehen. Ihr außergewöhnliches, zweigeteiltes Aussehen lässt sie interessant und besonders erscheinen. Aber was ist eine Chimäre eigentlich und wodurch wird das besondere Aussehen der Tiere ausgelöst?

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In den sozialen Medien sieht man häufig Katzen, die etwas Besonderes können, oder anders aussehen, als man es gewohnt ist. Darunter sind auch häufig seltene Phänomene, wie ein zusätzliches Paar Ohren (PETBOOK berichtete). Diese eigentlich seltenen Erscheinungen werden aufgrund ihrer Einzigartigkeit schnell populär. So auch bei den sogenannten „Chimären-Katzen“, bei denen es so aussieht, als ob beide Hälften der Tiere nicht ganz zusammenpassen würden. Doch was könnte hinter dem Aussehen dieser besonderen Tiere stecken? PETBOOK gibt einen Überblick über Chimären und Fellzeichnungen bei Katzen.

Was sind „Chimären-Katzen“?

Katzen, bei denen es so aussieht, als wären zwei verschiedene Gesichter miteinander verschmolzen, werden häufig als Chimären bezeichnet. Ein berühmtes Beispiel dafür ist Venus, die zweigesichtige Katze, die auf Instagram seit dem Jahr 2012 ihr Publikum begeistert. Ihre rechte Gesichtshälfte ist schwarz und hat ein grünes Auge. Auf der linken Seite zeigt sich dagegen oranges Fell und ein blaues Auge.

Ganz ähnlich sieht Katze Domiino aus, über die BILD (gehört ebenfalls zu Axel Springer) berichtete. Allerdings zeigt sich bei Domiino ein Schachbrettmuster, sprich auch ihre Beine haben unterschiedliche Färbungen, die sie wie in Quadrate eingeteilt aussehen lassen. Aber sind diese Tiere tatsächlich, das, was man als Chimäre versteht?

In der Biologie bezeichnet das Wort nämlich Wesen, die aus genetischem Material von zwei Tieren bestehen. Praktisch gesehen verschmelzen also Zellen einer orangen Katze mit der einer schwarzen im Mutterleib der Elternkatze. Auch in der ägyptischen und griechischen Mythologie gibt es häufig Wesen, die aus zwei unterschiedlichen Tieren zusammengesetzt sind, wie zum Beispiel Löwe und Schlange oder Mensch und Schakal. Solche Fabelwesen werden ebenfalls als Chimäre bezeichnet. Unter Laborbedingungen gibt es seit den 1970er-Jahren ebenfalls Bestrebungen zum Beispiel Maus-Ratte- und Schaf-Ziege-Chimären zu erzeugen.

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Warum die „Chimären-Katzen“ wahrscheinlich keine sind

Die Begeisterung in den sozialen Medien ruft jedoch nicht nur Medienvertreter auf den Plan, sich die besonderen Katzen einmal näher anzuschauen. So gab die Genetikerin Professor Virginia Papaioannou der liberalen US-amerikanischen Zeitung „The New Republic“ bereits 2014 ein Interview zu dem Thema. Für Chimären hält die Expertin die berühmten Tiere jedoch nicht.

Sie bezeichnete die zweigesichtige Katze Venus als ganz besondere Calico-Katze. Sprich, eine Katze, die drei Farben hat. Das seltene Fellmuster ist laut der Beschreibung der Genetikerin ein inaktives Mosaik-X-Chromosom, im Zusammenspiel mit einem Gen für weiße Flecken.

Denn bei jeder Katze befindet sich auf dem X-Chromosom jeweils nur eine Fellfarbe, in der Regel rot oder schwarz. Dieses kann mutieren und durch Scheckungen auch Muster oder Varianten beider Farben ausbilden. Kompliziert wird es meist bei Kätzinnen. Ihre zwei X-Chromosome aktivieren oder deaktivieren in vielen Fällen Farben – wie ein Mosaik. Noch komplizierter wird es, wenn noch weiß dazukommt – was an sich keine Fellfarbe ist, sondern immer eine Art der Scheckung, die farbloses Fell hervorbringt.

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Wie Heterochromie zweifarbige „Chimärenzeichnungen“ bei Katzen entstehen lässt

Professor Virginia Papaioannou sieht auch bei der Chimärenzeichnung das Scheckungs-Gen mit Weiß beteiligt. Denn hinter der Erscheinung vieler „Chimären-Katzen“ verbirgt sich eigentlich ein Phänomen, das Heterochromie genannt wird. Bei einigen Rassen, die einen hohen Weißanteil im Fell haben, zeigt sich dies vor allem anhand der unterschiedlichen Augenfarbe. Häufig davon betroffen sind die Khao Manee, die Türkisch Van, die Orientalisch Kurzhaar sowie die Foreign White.

Bei diesen Katzenrassen führt das Scheckungs-Gen zur Unterdrückung des Farbstoffes Melanin und löst somit unterschiedliche Augenfarben aus. Denn blaue Augen bei Katzen weisen auf das Fehlen dieses Farbstoffes hin. Nun sind Rassen, bei denen man von häufiger Heterochromie weiß, in der Regel aber einfarbig. Eventuell vorhandene andere Fellzeichnungen sind somit nicht sichtbar.

Schaut man bei den „Chimärenzeichnungen“ bei Venus oder Domiino aber einmal genau hin, sieht man, dass auch diese berühmten Tiere eigentlich dreifarbig sind. Denn bei beiden Tieren vereinen sich ihre Fellfarben am Körper zu einem typischen Schildpatt-Muster, was bedeutet, dass beide X-Chromosomen ihre Mosaike erzeugen konnten. Zusätzlich haben sie ebenfalls weiße Zeichnungen und eben auch Scheckungen.

Am Kopf der Tiere ist dies jedoch anders. Dort hat das Scheckungs-Gen, welches die unterschiedliche Augenfarbe ausgelöst hat, auch die Ausprägung der zweiten Fellfarbe unterdrückt. So konnte sich dort nur jeweils eine Farbe durchsetzen. Allerdings gibt es auch Katzen, die zwar die Chimären-Fellzeichnung haben, sich die Heterochromie jedoch nicht auf die Augen auswirkt. Dies bedeutet, dass es sich bei dem Phänomen tatsächlich um ein besonders seltenes Fellmuster handelt.1

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Gibt es Chimären bei Katzen?

Bei den beiden berühmten Katzen zeigen sich außerdem noch weitere Fellzeichnungen, die sie als ganz besondere dreifarbige Katzen kennzeichnen. Venus zum Beispiel hat an einem Ohr schwarzes Fell und Haut – auch verläuft ihre Zeichnung nicht gerade, sondern leicht versetzt. Auch das Schachbrettmuster von Domiino spricht nicht dafür, dass hier zwei unterschiedliche Tiere eins geworden sind.

Wahre Chimären dagegen sind in der Natur äußerst selten. Diese können auch nur durch Gentests nachgewiesen werden. Denn bei ihnen zeigt sich eine deutliche Abweichung vom doppelten Chromosomensatz, wie es die Regel ist. Ein Beispiel dafür wurde 1967 in einer Untersuchung einer männlichen Katze beschrieben. Das Tier hatte vier Chromosomen mit dem Muster XX/XY. Ein weiterer Kater mit drei Chromosomen, der unter dem Klinefelter-Syndrom litt, wurde 2014 wissenschaftlich beschrieben. Im Falle des Katers mit den vier Chromosomen zeigten sich 43 Prozent genetisches Material einer befruchteten Eizelle und 57 Prozent einer anderen.2,3

Quellen

  1. AnadoluKedisi.com, „Is this two-faced cat a chimera? The case of Venus, Quimera and Narnia“ (aufgerufen am 29.04.2024) ↩︎
  2. Malouf, N., Benirschke, K., & Hoefnagel, D. (1967). XX/XY chimerism in a tricolored male cat. Cytogenetic and Genome Research, 6(3-4), 228-241. ↩︎
  3. Pedersen, A. S., Berg, L. C., Almstrup, K., & Thomsen, P. D. (2014). A tortoiseshell male cat: chromosome analysis and histologic examination of the testis. Cytogenetic and genome research, 142(2), 107-111. ↩︎
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