19. Oktober 2022, 19:48 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Manche Katzen schleppen die komischsten Dinge durch die Gegend. Doch was könnte dahinterstecken, wenn ein Tier immer wieder Spielzeug bringt. Eine PETBOOK-Redakteurin wundert sich.
Allabendlich bringt mir mein Kater Remo sein Spielzeug und miaut dabei laut in den verschiedensten Tonlagen. Es ist egal, in welchem Raum ich mich aufhalte. Er bringt es ins Wohnzimmer, ins Schlafzimmer, sogar zur Toilettentür. Er bringt es mir sogar, wenn ich in einer Konferenz sitze und gerade etwas sage. Hat er das Spielzeug gebracht, schaut er hoch, lässt es los und will, dass ich es nehme. Aber weshalb? Möchte er spielen oder etwas ganz anderes? Ich habe bei einer Expertin nachgefragt, woran es liegen kann, wenn eine Katze ihrem Halter Spielzeug bringt.
Remo bringt Spielzeug, aber spielen will er nicht
In den meisten Fällen bringt mir Remo seine Spielzeugangel. Es kommt aber auch vor, dass es dicke, graue Plüschmaus, Schnürsenkel oder seine Flummis sind. Wenn ich dann das jeweilige Spielzeug aufnehme und mit ihm spielen will, hat er kein Interesse mehr. Stattdessen legt er sich befriedigt auf den Boden, seufzt leise und schaut mich blinzelnd an. Manchmal verlässt er sogar den Raum, als hätte er gerade etwas sehr Wichtiges erledigt.
Remos Geschichte
Als ich Remo zu mir holte, war er noch nicht ganz ausgewachsen, hatte aber schon ein bewegtes Leben hinter sich. Remo wurde in Spanien geboren und lebte dort einige Zeit im Großraum Granada. Er führte das typische Leben einer Straßenkatze. Nach ein paar Monaten landete er im Tierheim Albolote, welches von der Asociación Amigos de las Animales Granada betrieben wird. Dort zeigte sich Remo als verhaltensauffällig und hatte ständig Streit mit anderen Katern. Daher musste er von den anderen separiert werden und verbrachte viel Zeit im Käfig.
Später kam er auf eine Pflegestelle. Dort stellte sich heraus, dass Remo gern mit Schnürsenkeln Jagdspiele spielt. Zu diesem Zeitpunkt war ich bereits im Kontakt mit dem Tierheim, da er nicht dauerhaft dort auf Pflegestelle bleiben konnte und sonst wieder in den Käfig gemusst hätte. Da beschloss ich, ihn zu mir zu holen. Ich wusste auch: Zur Grundausstattung für meine Katze gehört seine erste, eigene Spielzeugangel.
Verhalten wurde zum täglichen Ritual
Dieses mittlerweile zerkaute und ausgiebig besabberte Spielzeug haben wir heute noch. Das Spielzeug wurde von ihm sofort als seins angenommen und er trug es in den ersten Tagen nach seiner Ankunft häufig mit sich herum. Er legte die Angel neben seinen Napf, wenn er fraß oder trank. Er sprang mit ihr im Maul aufs Sofa und legte sie neben mich. Und Remo brachte das Spielzeug abends vor dem Schlafengehen mit ins Bett.
Er gewöhnte es sich auch an, mir die Angel mit Gemaunz und Miauen zu bringen. Schon lange habe ich mich gefragt, was dahinterstecken könnte, denn nach einer Weile wollte er nicht mehr, dass wir damit spielten, sondern er schien die Sache für abgeschlossen zu halten, wenn ich die Angel in die Hand nahm. Mittlerweile ist es für ihn und mich zu einem allabendlichen Ritual geworden.
Laut der Katzenexpertin und Verhaltensbiologin Birgit Rödder, die ich zu diesem Thema befragte, benutzen Katzen ihr Miauen als gezielte Kommunikation mit dem Menschen. In diesem Fall nutze Remo es, um anzukündigen, wenn er gleich etwas bringt. Katzen täten dies auch, wenn sie ihren Kitten Mäuse brächten.
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Katzenexpertin über Katze, die Spielzeug bringt: „Er will Ihnen etwas Gutes tun“
Ich sprach mit Frau Rödder auch über Remos Geschichte. Sie konnte mir zwar vieles erklären, aber das erlernte Verhalten meiner Katze auch nicht komplett einordnen. „Er will Ihnen etwas Gutes tun und sieht sie als Kitten. Er versorgt Sie mit guten Sachen, wie eine Katzenmutter ihre Kitten versorgt“, meinte die Expertin zu mir im Gespräch. Für Remo sei es zudem eine Zeit des Zusammenseins, nicht des Spielens, wenn er mir nach einem langen Tag im Büro seine Lieblingspielzeuge bringt.
Ich habe Frau Rödder auch gefragt, ob ich es richtig mache, wenn ich dieses Verhalten positiv verstärke und ihm sage, dass er es gut gemacht hat. „Nehmen Sie das Spielzeug“, ermunterte sie mich daraufhin. „Blinzeln Sie ihn langsam an. Katzen finden es großartig, gelobt zu werden.“ So erwirke man positive Verstärkung, die einer Belohnung mit Futter entspräche.
Aber warum geht Remo manchmal einfach aus dem Raum, wenn ich sein Spielzeug genommen habe? Frau Rödder vermutet, dass er seine Aufgabe mit diesem Verhalten als abgehakt betrachten möchte und danach eine neue Verhaltensweise an den Tag legt.
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Bringt die Katze Spielzeug, weil sie apportieren will?
Auch habe ich mich gefragt, ob Remo vielleicht apportieren möchte? Katzenexpertin Rödder verneinte dies, denn „Katzen apportieren nicht angeborenerweise“. Darauf ließ ich es aber nicht beruhen und startete den Selbstversuch. Als Remo mir an einem Abend wieder seine Angel brachte, nahm ich sie und warf sie. Normalerweise hört er mit seinem sehr lauten, variierten Miauen auf, wenn ich das Spielzeug nehme. Diesmal jedoch lief er hinter der Angel her, schaute sie an und miaute weiter, fast klagend laut vor sich hin. Anscheinend habe ich hier etwas falsch gemacht.
Mittlerweile wundere ich mich nicht mehr, wenn meine Katze mir Spielzeug bringt. Ich nehme es und danke ihm dafür, dass er ein für ihn anscheinend wichtiges Objekt mit mir geteilt hat. Aber ganz verstehe ich sein Verhalten bis heute nicht.
Haben Sie bei Ihrer Katze auch Verhalten beobachtet, das Sie nicht deuten können? Dann schreiben Sie uns an redaktion@petbook.de.