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Gängiges Vorurteil

Vermissen Katzen ihre Besitzer? Das besagen Studien

Einsame graue Katze
Vermissen Katzen ihre Besitzer – oder schreiben wir ihnen dies nur zu? Foto: Getty Images
Louisa Stoeffler
Redakteurin

10. April 2025, 17:38 Uhr | Lesezeit: 9 Minuten

Hartnäckig hält sich der Irrglaube, dass nur Hunde ihre Besitzer vermissen. Katzen dagegen soll es völlig schnuppe sein, ob der „Dosenöffner“ gerade da ist, oder sie den ganzen Tag allein sind. PETBOOK-Redakteurin und Katzenbesitzerin Louisa Stoeffler denkt das aber nicht. Welche Erfahrungen sie gemacht hat und was die Studienlage besagt.

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Hunde hängen sehr an ihren Haltern. Das habe ich bereits häufiger persönlich erlebt. In einer WG, in der ich lebte, ließ sich der Hund meiner Mitbewohnerin von meiner Anwesenheit so gar nicht beeindrucken. Er lag ununterbrochen auf dem Bett und zeigte nur eine Regung, wenn ich ihn zum Gassi ausführen durfte, falls es bei seiner Besitzerin mal später wurde. Katzen dagegen sollen ihre Besitzer nicht so sehr vermissen wie Hunde – ja es heißt sogar, es wäre ihnen egal, ob ihre „Dosenöffner“ da sind oder nicht.

Gelebte Erfahrung ist eine ganz andere

Allerdings kann ich dies überhaupt nicht bestätigen. Meine Katzen wussten immer genau, wann ich nach Hause komme. Katze Minka hat vor der Haustür auf mich gewartet, wenn ich nachmittags von der Schule kam (sie war Freigängerin). Egal, ob nach der sechsten, siebten oder sogar zehnten Stunde – meine Katze kannte meinen Stundenplan besser als ich selbst. Ihre Motivation fürs Wiederkommen war nicht, dass sie direkt gefüttert wurde. Nein, sie wollte Zeit mit mir verbringen – und wenn ich nicht zugegen war, wollte sie in dem Haus, wo wir lebten, auch nicht sein.

Auch Kater Remo weiß, wenn ich abwesend bin und legt ein ganz anderes Verhalten an den Tag, wenn ich zu Hause arbeite. An Tagen, an denen ich ins Büro fahre, legt er sich ins Bett und schläft quasi ununterbrochen. Ein paar Minuten, bevor ich normalerweise nach Hause komme, legt er sich auf den Läufer im Flur und wartet auf mich. Manchmal bringt er auch Spielzeuge dorthin, als ob er hoffen würde, durch sein lautes Miau wäre ich schneller da.

Was meine persönliche Erfahrung betrifft, kann ich also definitiv sagen: Ja, meine Katzen vermissen ihren Besitzer, – oder zumindest wissen sie, wann ich gehe und wann ich wiederkomme. Sie verbringen auch gern Zeit mit mir, egal, ob dann geschmust oder gespielt wird. Wie ist das aber bei anderen Katzen? Das wollte ich herausfinden und habe mir die aktuelle Forschungslage zu dem Thema einmal näher angeschaut.

Bilden Katzen überhaupt eine Beziehung zu Menschen?

Zunächst einmal musste man sich in der Forschung darüber klar werden, dass man für Katzen nicht dieselben Maßstäbe ansetzen kann wie für Hunde oder Kleinkinder. Denn die Katzenforschung war lange Zeit eher nebensächlich. Man kann die Tiere weniger leicht trainieren als Hunde und außerdem hatte die Katze noch länger den Stellenwert eines Tiers, das mehr nebenher lebt, aber stets seine Unabhängigkeit wahrt. Im ersten Schritt musste sich also erst zeigen, ob die Beziehung von Mensch zu Katze vergleichbar mit denen zu Hund oder Kleinkind ist.

Alice Potter und Prof. Daniel Simon Mills von der University of Lincoln verglichen 2015 daher das Verhalten von Katzen und Hunden. Ziel war es, mithilfe eines Versuchsdesigns zu prüfen, ob Hauskatzen – ähnlich wie Hunde oder Kinder – eine sogenannte „sichere Bindung“ zu ihren Besitzern aufbauen. Dies kann man anhand des Strange Situation Test (SST) bei Kleinkindern und Hunden nachvollziehen. Aber geht das auch bei Katzen?

Diese sichere Bindung äußert sich unter anderem in der Suche nach Nähe in stressigen Situationen, dem Bedürfnis nach Kontakt, sichtbarer Freude bei Wiedervereinigung sowie erhöhter Aktivität, wenn die Bezugsperson anwesend ist. Für Hunde konnte dieses Bindungsverhalten vielfach nachgewiesen werden. Einzelne Studien hatten Ähnliches auch bei Katzen entdeckt – allerdings kamen Potter und Mills zu einem anderen Ergebnis.

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Die von ihnen getesteten Katzen zeigten kein konsistentes Verhalten, das eine sichere Bindung an den Menschen belegen würde. Zwar rief die Trennung vom Halter bei den Katzen mehr Lautäußerungen hervor als die Trennung vom Fremden, doch in anderen Bereichen zeigten sich keine signifikanten Unterschiede. Es gab weder eine klare Präferenz für den Halter als „sicheren Hafen“ in unbekannter Umgebung noch ein gesteigertes Explorations- oder Spielverhalten in dessen Anwesenheit.

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Sind wir unseren Katzen wirklich „schnuppe“ – oder verstehen wir sie bisher nicht?

Zwar scheinen Katzen also durchaus soziale Präferenzen zu entwickeln und sich ihrem Halter gegenüber anders zu verhalten als gegenüber Fremden. Doch dies deutet laut Potter und Mills eher auf eine gewohnheitsbasierte soziale Beziehung als auf eine tiefergehende psychologische Bindung hin, die mit einem Gefühl von Sicherheit verbunden ist. Es ist also ein differenzierteres Testverfahren nötig, um die psychologische Tiefe der Mensch-Katze-Beziehung wirklich erfassen zu können.

Dennoch bestehen gewisse Einschränkungen. Es lässt sich nicht ausschließen, dass einzelne Katzen sehr wohl eine sichere Bindung aufbauen können – nur eben nicht die Mehrheit. Die Studie zeigt vor allem, dass bestehende Verfahren nicht ohne Weiteres auf andere Spezies übertragbar sind – und Katzenbeziehungen komplexer und weniger vergleichbar sind als oft angenommen. 1

Mehr Gewohnheit als Liebe?

Auch das Verhalten bei Wiedervereinigung mit dem Halter war nicht anders als bei der Rückkehr des Fremden. Körperkontakt, Näheverhalten und Reiben erwiesen sich als inkonsistente, zeitlich nicht stabile Messgrößen. Insgesamt waren viele Verhaltensparameter zu variabel, um Rückschlüsse auf stabile Bindungsmuster zuzulassen. Die Ergebnisse sprechen klar gegen eine Bindung zum Halter im klassischen Sinne – zumindest nicht einem Abhängigkeitsverhältnis wie es bei Kindern oder Hunden dokumentiert wurde.

2019 setzte sich Prof. Mills mit seinen Kollegen erneut mit dem Thema auseinander und fand diesmal klare Parallelen in Eltern-Kind und Mensch-Katze-Beziehung. In einer Online-Studie wurden 3331 Katzenhalter untersucht, inwiefern die Persönlichkeit von Haltern das Leben ihrer Katzen beeinflusst.

Mithilfe der international anerkannten Big-Five-Persönlichkeitsdimensionen (u. a. Neurotizismus, Extraversion, Gewissenhaftigkeit) wurden Zusammenhänge zwischen menschlicher Persönlichkeit, Katzenverhalten und -gesundheit analysiert – mit teils überraschenden Ergebnissen.

Bindung zur Katze kommt auch auf den Halter an

Denn viele Halter umsorgen ihre Katzen mittlerweile ähnlich wie Kinder – inklusive Fürsorge, Kontrolle und Bindung. Daher vermuteten die Forscher, dass auch hier die Persönlichkeit des Halters eine zentrale Rolle spielen könnte. Eine stabile, empathische und strukturierte Persönlichkeit kann das Wohlbefinden und die Bindung zum Haustier positiv beeinflussen​. Aber der Neurotizismus – in der Psychologie mit emotionaler Instabilität verbunden – scheint negative Effekte auf das Katzenwohl zu haben, vergleichbar mit Überbehütung oder instabiler Erziehung bei Kindern.

Also spielt die Bindung zum Tiere eine Rolle dabei, wie sehr Katzen ihre Besitzer vermissen? Die von den Forschern entdeckte Parallele zur Eltern-Kind-Forschung scheint dies nahezulegen. Insgesamt liefert die Studie robuste Hinweise auf psychologische Parallelen zwischen der Katzenhaltung und menschlicher Elternschaft. 2

Katzen kommen gut allein klar

Auch Matilda Eriksson, Linda J. Keeling und Therese Rehn haben sich an der Schwedischen Universität für Agrarwissenschaften dem Thema gewidmet. Diese erste größere Untersuchung darüber, ob Katzen ihre Besitzer vermissen, wurde 2017 veröffentlicht.

Ziel der Forscherinnen war es, das Verhalten von Hauskatzen während und nach Phasen der Trennung vom Besitzer zu analysieren. Untersucht wurden 14 Wohnungskatzen aus Privathaushalten in Schweden (9 weibliche, 5 männliche Tiere). Jede Katze nahm an zwei Versuchsdurchgängen teil: Einmal wurde sie für 30 Minuten allein gelassen, einmal für vier Stunden. Die Experimente fanden im gewohnten Zuhause statt.

Kameras zeichneten das Verhalten der Katzen fünf Minuten vor und nach der Trennung sowie während der Alleinzeit auf. Zusätzlich wurde das Verhalten der Besitzer bei Rückkehr dokumentiert. Die Katzen wurden nicht gefüttert oder belohnt, um externe Einflüsse zu minimieren. In beiden Versuchen zeigten die Katzen während der Trennung keine unterschiedlichen Verhaltensweisen. Sie lagen bei längerer Trennung etwas mehr, es traten aber keine Anzeichen von Stress oder Unwohlsein auf.

Nach langer Trennung wird mehr geschnurrt

Auffällig wurde das Verhalten erst bei der Wiedervereinigung: Nach vier Stunden Trennung schnurrten die Katzen signifikant häufiger und streckten sich mehr als nach nur 30 Minuten. Auch die Besitzer zeigten eine Veränderung: Sie sprachen mehr mit ihren Katzen nach längerer Trennung. Eine wichtige Erkenntnis war, dass die Katzen das Verhalten zuerst zeigten, denn die Teilnehmer wurden ja angewiesen, keine Reaktion zu zeigen, wenn sie durch die Tür kamen.

Die Daten deuten also darauf hin, dass Katzen nach längerer Trennung ein erhöhtes Bedürfnis nach Kontakt haben. Katzen kommen also recht gut mit dem Alleinsein zurecht, reagieren aber dennoch sensibel auf Abwesenheit der Bezugspersonen. Das verstärkte Schnurren und Strecken könnte als Versuch gewertet werden, die soziale Bindung zu erneuern oder Aufmerksamkeit zu erlangen. 3

Katzen kennen sogar Trennungsangst

Eine weitere Studie, die 2020 veröffentlicht wurde, belegt, dass jede achte Katze sogar Trennungsangst und damit verbundene Verhaltensauffälligkeiten zeigt. Dies zeigte ein brasilianisches Forschungsteam um Daiana de Souza Machado von der Universidade Federal de Juiz de Fora in einer systematischen Untersuchung zu trennungsbedingten Verhaltensproblemen (SRP, „Separation-Related Problems“) bei Hauskatzen.

Ziel war es, mittels eines eigens entwickelten Fragebogens typische Verhaltensweisen zu erfassen, die auf SRP hindeuten könnten. Dies sind bei Katzen Urinieren außerhalb der Katzentoilette, Zerstörung und übermäßige Lautäußerungen. Auch emotionale Zustände wie emotionale Zustände Apathie, Aggression und Unruhe gelten als Anzeichen, dass eine Katze Stress entwickelt.

Dabei wurden auch mögliche Zusammenhänge mit der häuslichen Umgebung und Haltungsbedingungen untersucht. Insgesamt nahmen 130 Halter mit 223 Katzen an der Untersuchung teil. Insgesamt zeigten 13,45 Prozent der untersuchten Katzen (30 von 223) mindestens ein trennungsbedingtes Verhalten gemäß den definierten Kriterien. Die häufigsten Auffälligkeiten in dieser Gruppe waren:

  • Zerstörerisches Verhalten: 66,67 Prozent
  • Übermäßiges Miauen: 63,33 Prozent
  • Urinieren außerhalb der Katzentoilette: 60 Prozent
  • Apathie/Depression: 53,33 Prozent
  • Aggressivität und Unruhe: je 36,67 Prozent
  • Unpassende Defäkation: 23,33 Prozent
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Katzen haben (unterschätzte) soziale Bedürfnisse

Diese Verhaltensweisen traten ausschließlich oder verstärkt während der Abwesenheit der Bezugsperson auf. Als mögliche Einflussfaktoren zeigten sich signifikante Zusammenhänge mit:

  • dem Fehlen von Spielzeug
  • dem Alleinleben ohne andere Tiere im Haushalt
  • der Anzahl weiblicher Haushaltsmitglieder

Darüber hinaus wurden Zusammenhänge mit dem Alter der Halter (18–35 Jahre) und der Häufigkeit des Alleinseins (mehr als 6 Stunden täglich, 5–7 Mal pro Woche) festgestellt​. Die Ergebnisse belegen, dass Katzen nicht nur soziale Wesen sind, sondern in der längeren Abwesenheit ihrer Bezugsperson unter Stress leiden können – mit teils problematischen Verhaltensfolgen.

Gleichzeitig weist die Studie auf risikofördernde Faktoren wie mangelnde Umweltanreicherung oder fehlende soziale Interaktionen hin. Trennungsbedingte Verhaltensauffälligkeiten gaben also einen klaren Hinweis auf das soziale Bedürfnis von Katzen. 4

Die Forschung belegt also, dass Katzen, besonders wenn sie häufig und lange allein sind, ihre Besitzer vermissen. Ja, sie leiden sogar unter Stress und Bindungsängsten. Mehr Aufmerksamkeit und Spielmöglichkeiten, soziale Kontakte und die Einschränkung der Dauer des Alleinseins können helfen, dies zu vermeiden. Sie vermissen ihre Besitzer also, zeigen es aber auf andere Weise als ein Hund es tut.

Themen Katzenverhalten

Quellen

  1. Potter, A., & Mills, D. S. (2015). Domestic cats (Felis silvestris catus) do not show signs of secure attachment to their owners. PLoS One, 10(9), e0135109. ↩︎
  2. Finka, L. R., Ward, J., Farnworth, M. J., & Mills, D. S. (2019). Owner personality and the wellbeing of their cats share parallels with the parent-child relationship. PloS one, 14(2), e0211862. ↩︎
  3. Eriksson, M., Keeling, L. J., & Rehn, T. (2017). Cats and owners interact more with each other after a longer duration of separation. PLoS One, 12(10), e0185599. ↩︎
  4. de Souza Machado, D., Oliveira, P. M. B., Machado, J. C., Ceballos, M. C., & Sant’Anna, A. C. (2020). Identification of separation-related problems in domestic cats: A questionnaire survey. PLoS One, 15(4), e0230999. ↩︎

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