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Vor- und Nachteile

Ist das Barfen der Katze artgerecht – oder birgt es auch Risiken?

Katze barfen
Barfen ist prinzipiell auch bei Katzen möglich – doch Halter sollten sich der Vor- und Nachteile bewusst sein Foto: iStock/humonia
Beke Enderstein
Freie Autorin

17. September 2022, 4:23 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten

In der Ernährung von Hunden liegt Barfen schon längst im Trend. Aber ist es auch artgerecht und sinnvoll, Katzen mit roher Fleischkost zu füttern? Oder birgt diese Art der Ernährung auch Risiken? PETBOOK erklärt, welche Vor- und Nachteile das Barfen von Katzen hat.

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Trocken- oder Nassfutter, püriert, frisch gekocht oder roh verabreicht – die Ernährung unserer Katzen ist eine Wissenschaft für sich. Und fast schon eine Religion. Denn schließlich will jeder nur das Beste für sein Tier. Ein Trend: die Katze barfen. Was steckt dahinter? Und worauf kommt es bei der Zubereitung der Fleischfütterung à la Raw Food an?

BARF steht für „Biologisch artgerechtes rohes Futter“. Dies zielt darauf ab, Tiere möglichst naturnah zu füttern – ganz in Anlehnung an das natürliche Fressverhalten von Wölfen bzw. Wildkatzen. Im Mittelpunkt der angesagten Ernährung steht die Gabe von naturbelassenem Fleisch, Fisch, Innereien und Knochen.

Während konventionelles Katzenfutter wie beispielsweise Trockenfutter, gekochtes Fleisch und Dosenfutter wie Paté oder Fleischbröckchen in Gelee beim Barfen tabu sind, wird der Futterplan je nach Variante mit rohem Gemüse, Obst, Nüssen und Pflanzenölen komplettiert.

Welche Nährstoffe brauchen Katzen?

Katzen haben wie alle Tierarten ganz individuelle Bedürfnisse an Mikronährstoffe wie Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente. Zusätzlich müssen die Makronährstoffe Protein, Kohlenhydrate und Fett in einem richtigen Verhältnis zueinander gefüttert werden.

Ein Blick auf das natürliche Ernährungsverhalten von Katzen zeigt, dass es sich um eine proteinreiche Low-Carb-Ernährung handelt.

Für Katzen empfohlenes Nährstoff-Verhältnis (erwachsene, gesunde Tiere):

  1. Protein: 60 bis 70 Prozent
  2. Fett: 10 bis 20 Prozent
  3. Ballaststoffe Rohfasern: 5 bis 10 Prozent
  4. Kohlenhydrate: 5 Prozent


Eine besondere Aufmerksamkeit liegt zudem auf einer ausreichenden Versorgung mit essenziellen Aminosäuren (Eiweißbausteine) wie Taurin, Vitamin A, Kalzium, Vitamin D und mehrfach ungesättigten Fettsäuren wie Omega-3-Fettsäuren und Omega-6-Fettsäuren.

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Ist Barfen für meine Katze gesund?

Das hängt davon ab, wie gut sich Besitzer mit der Raw-Food-Ernährung auskennen. Fehlt das nötige Fachwissen, drohen gesundheitliche Risiken. Befürworter betonen, dass Barfen für Katzen nicht nur artgerecht ist, sondern auch der Gesundheitsprophylaxe dient. Allerdings profitieren die Tiere nur dann gesundheitlich von der rohen Fleischkost, wenn verschiedene Punkte beachtet werden:

  • Damit Barfen gesund und nicht riskant wird, müssen sich Katzenliebhaber vorab detailliert über die Thematik Katzenernährung, Nährstoffbedarf und Futtermittel informieren.
  • Wie bei anderen Ernährungsformen auch, entscheidet die Qualität der Zutaten darüber, ob Barfen wirklich gesund ist. Dabei sollte man Fleisch und Fisch in biologischer Qualität bevorzugen. Somit werden Rückstände von Schadstoffen wie Antibiotika aus der konventionellen Tierhaltung vermieden.
  • Der jeweilige Nährstoffbedarf einer Katze ist von Alter, Gewicht und Rasse abhängig. Zusätzlich bestimmen Aktivitätslevel (Wohnungskatze und Freigänger), Gesundheitszustand, Geschlecht und eine mögliche Kastration die Futtermenge.

Deckt Barfen den Bedarf aller Nährstoffe?

Eine rein rohe Fleischfütterung ist für Katzen nicht geeignet. Warum? Die Versorgung mit allen essenziellen Nährstoffen wird damit nicht sichergestellt. Biologisch artgerechtes rohes Futter muss mit speziellen Ergänzungsmitteln wie etwa Taurin angereichert werden. Ansonsten droht ein Nährstoffmangel. Aber auch zu viele Mikronährstoffe im Futter sind schädlich. Dadurch kann es zu einer Überversorgung kommen.

Wer seine Katze barfen möchte, sollte an eine Futteranreicherung denken: Beim Tierarzt und im Fachhandel sind entsprechende Fertigpräparate wie Kalzium-Mischungen (zusätzlich zur Gabe von kalziumreichem Knochenmehl), Taurin und Vitamin-Mischungen erhältlich. Für eine Extraportion essenzieller Omega-3-Fettsäuren sollte man das Futter zusätzlich mit Lachsöl anreichern. Auch eignet sich Leinöl für die Versorgung mit mehrfach ungesättigten Fettsäuren.

Um Katzen mit allen wichtigen Nährstoffen und zellschützenden Antioxidantien zu versorgen, ist die Zugabe von geraspeltem oder püriertem Obst und Gemüse wie etwa Möhren oder Blaubeeren wichtig. Die enthaltenen sekundären Pflanzenstoffe (z. B. Farbstoffe) bieten einen wertvollen Gesundheitsschutz und geschmackliche Abwechslung. Durch die Ballaststoffe wird zudem das Risiko von Verstopfungen reduziert.

Was sagen Tierärzte zum Barfen von Katzen?

In Ernährungsfragen scheiden sich die Geister – egal, ob es sich um gesundes Essen für Menschen oder um eine artgerechte Fütterung dreht. Entsprechend wird Barfen für Katzen kontrovers diskutiert. Während einige Tierärzte von Barfen abraten, begrüßen andere Veterinäre die Rohfütterung von Katzen als natürliche Kostform.

Allerdings sind sich Tierärzte in einem Punkt einig: Fällt die Wahl auf biologisch artgerechtes rohes Futter, muss vor Beginn eine ernährungsphysiologische Fachberatung für den Vierbeiner stattfinden. Ansonsten ist das Risiko hoch, dass Katzen unter der Rohfütterung leiden.

Es muss ein Bewusstsein dafür geschaffen werden, wie sich die einzelnen Nährstoffe auf den Stoffwechsel und die Gesundheit aller Organe auswirken. Ebenfalls unverzichtbar aus tiermedizinischer Sicht, um sein Tier nicht zu schädigen: Katzenbesitzer müssen wissen, welche Lebensmittel in roher Form zu Unverträglichkeiten bis hin zu lebensbedrohlichen Vergiftungen führen können. Beispielsweise dürfen grüne Bohnen oder Kartoffeln niemals roh verfüttert werden. Gleiches gilt für rohes Schweinefleisch, welches zur tödlichen Krankheit Aujeszky-Virus (Pseudowut) führen kann.

Während sich Befürworter als Hauptargument hauptsächlich für die artgerechte Ernährung in Anlehnung an die Natur aussprechen, kritisieren Gegner, dass rohes Futter hygienisch problematisch werden kann. Vor allem bei unsachgemäßer Lagerung oder Missachtung von Hygienevorschriften besteht das Risiko von pathogenen Bakterien und Parasiten. Auch die Übertragung von krankheitsauslösenden Erregern ist nicht auszuschließen. Beispielsweise können sich Katzen über rohes Geflügelfleisch mit Salmonellen und Campylobacter-Bakterien infizieren.

Eine weitere Kritik: Proteinreiche Lebensmittel wie Fleisch und Fisch sind teilweise schwer verdaulich, können zu Verdauungsstörungen führen und sind weniger gut verwertbar.

Achtung: Noch fehlen aussagekräftige Studien, wie sich Barfen langfristig auf den Gesundheitszustand von Katzen auswirkt!

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Vorteile der Rohfütterung

  • keine Zusatzstoffe
  • niedriger Verarbeitungsgrad
  • von der Natur inspiriert
  • geringeres Risiko für Katzen, Allergene aufzunehmen
  • Besitzer wissen genau, was im Futter enthalten ist
  • Barfen kann sich positiv auf das Immunsystem auswirken
  • Risiko einer Dehydration wird reduziert (Nierengesundheit)
  • rohes Futter wird von einigen Katzen besser vertragen
  • Kot riecht weniger unangenehm
  • geringeres Risiko, an Diabetes und Übergewicht zu erkranken
  • bessere Zahngesundheit
  • Möglichkeit, hochwertiges Fleisch und Fisch aus hoch-zertifizierter artgerechter Bio-Haltung zu beziehen
  • geringere Kotmenge

Nachteile der Rohfütterung

  • gesundheitliche Risiken bei falscher Durchführung
  • hoher Aufwand, um sich umfassend und detailliert mit Tier- bzw. Katzenernährung und Futtermittelkunde auseinanderzusetzen
  • Gefahr eines Nährstoffmangels
  • bei Verzicht auf Gemüse fehlen zellschützende Antioxidantien
  • Risiko einer Infektion durch Salmonellen
  • Gefahr durch splitternde Knochen für Maul, Rachen, Speiseröhre, Magen und Zähne (nur Knochenmehl anbieten!)
  • Risiko von Verdauungsbeschwerden bzw. Verstopfung (u. a. Knochenkot)*
  • Wachstumsstörungen bei Katzenbabys und jungen Katzen
  • Gefahr einer Überdosierung bei unsachgemäßer Anreicherung mit Mineralien
  • Risiko von Infektionen durch Viren
  • zeitlicher Aufwand der Zubereitung
  • zu viel Protein ist für leber- und nierenkranke Katzen ungeeignet
  • Risiko einer Infektion durch Campylobacter-Bakterien
  • Gefahr von Vergiftungen

*Aus tierärztlicher Sicht ist es ratsam, gemahlene Knochen regelmäßig durch gemahlene Eierschalen zu ersetzen, um das Risiko von Verstopfungen zu minimieren. Beide Zutaten versorgen die Tiere mit Kalzium.

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Wer berät Katzenbesitzer zum richtigen Barfen?

In Zeiten, in denen Ernährung längst mehr als reine Energie- und Nährstoffzufuhr ist, interessiert sich auch die Veterinärmedizin zunehmend für gesundes Futter. Denn eine artgerechte, nährstoffreiche und bedarfsgerechte Ernährung beeinflusst die Tiergesundheit positiv – und zwar präventiv und therapeutisch.

Entsprechend gibt es immer mehr spezialisierte Tierärzte, die der Ansprechpartner Nummer eins sind, wenn man seine Katze barfen möchte. Im Idealfall handelt es sich um eine vertraute Tierarztpraxis, da eine mögliche Krankheitsgeschichte des Tiers grundlegend für die Erstellung des Futterplans ist.

Teilweise bieten auch verschiedene Fakultäten, Institute und wissenschaftliche Einrichtungen eine tiermedizinische Ernährungsberatung an. Berliner Katzenliebhaber können sich zum Beispiel an das Institut für Tiermedizin der Freien Universität wenden und beraten lassen.

Fazit

Grundsätzlich ist eine rohe Fleischfütterung artgerecht, da Katzen im Gegensatz zu Hunden nicht Allesfresser, sondern Fleischfresser sind. Aber sie darf nur dann gebarft werden, wenn nach einem umfassenden Check aus tiermedizinischer Sicht nichts dagegen spricht. Besitzer müssen sich vorab von einem auf Tierernährung spezialisierten Tierarzt beraten lassen – auch aus Sicht der Bundestierärztekammer. Bei der Ernährungsberatung für Katzen wird ein individueller Futterplan erstellt, der regelmäßig auf Aktualität überprüft werden sollte.

Finaler Tipp: Wer seine Katze barfen möchte, sollte die Futterumstellung nicht überstürzen. Die Tiere brauchen ausreichend Zeit, um sich an die neue Kost zu gewöhnen – und zwar sowohl auf Ebene des Stoffwechsels als auch bezüglich der Akzeptanz. Entsprechend ist es sinnvoll, den naturbelassenen Fleischanteil Schritt für Schritt zugunsten eines reduzierten Fertigfutteranteils zu erhöhen.

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Quellen

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